LV 1871 zahlt Extraprovision für männliche Neukunden
Der Versicherer LV 1871 macht auf dicke Hose: Wenn Makler einen männlichen Neukunden werben, gibt es in bestimmten Sparten eine erhöhte Abschlussprovision. Diese „Vergütungsinnovation“ der LV 1871 ist nicht nur ethisch bedenklich, sondern nach dem Unisex-Urteil wohl sogar rechtswidrig.
Wenn es um die Werbung von Neukunden geht, verliert die Versicherungsbranche gerne Maß und Auge. Seien es Bordellbesuche, Provisionsexzesse oder andere fragwürdige Anreize: So manche „Vertriebsinnovation“ hat die Assekuranz schon in die Lästerspalten der Boulevardmedien gebracht. Auch der neuste Einfall des Versicherers LV 1871 könnte so manchem ehrbaren Kaufmann die Schamröte ins Gesicht treiben: Wenn Makler einen männlichen Neukunden werben, gibt es eine erhöhte Abschlussprovision.
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Nur für Männer gibt es einen Aufschlag
Für den Fall, „dass die versicherte Person männlich ist“, sollen Makler bei der LV 1871 eine um zwei Promille erhöhte Provision erhalten. Dies berichtet das Versicherungsmagazin (Dienstag) und beruft sich dabei auf ein Schreiben des Unternehmens vom 5. November 2013, das der Redaktion vorliegt. Sofern der „Antrag noch bis zum 23. Dezember 2013“ bei dem Versicherer eingehe, werde der Bonus ausgezahlt. Das gelte für bestimmte Produkte aus den Bereichen Berufsunfähigkeitsversicherung sowie fondsgebundene und nicht fondsgebundene Rentenversicherung.
Doch ist diese „Vergütungsinnovation“ überhaupt mit dem Recht vereinbar? Seit dem 21.12.2012 dürfen Versicherer im Neugeschäft nur noch einheitliche Tarife für Männer und Frauen anbieten. Dies hatte der Europäische Gerichtshof (EuGh) entschieden, da geschlechtsspezifische Prämien diskriminierend und damit unzulässig seien. Auch könnte in diesem Fall ein Verstoß gegen die Compliance-Richtlinien des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) vorliegen. Laut Informationen des Versicherungsmagazins ist die deutsche Finanzaufsicht BaFin seit dem 08. November über den Vorfall informiert.
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5,7 Prozent weibliche Führungskräfte in Versicherungsbranche
Sympathiepunkte dürfte die LV 1871 mit ihren Machismo-Vertriebsmethoden jedenfalls nicht ernten. Bereits die Bordell-Exzesse bei Ergo und Wüstenrot haben dem Ruf der Branche geschadet. Auch sonst zeigt die Assekuranz in Sachen Gleichstellung noch Nachholbedarf. Lediglich 5,7 Prozent aller Führungskräfte in Versicherungsvorständen sind laut einer Erhebung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) weiblich. Dabei stellen Frauen fast die Hälfte aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Branche, wie die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di betont. Das Versicherungswesen – It's a Man's Man's Man's World! Nicht nur das Nachwuchsproblem im Vertrieb wird hier ein Umdenken erforderlich machen.