Kindersicherheit - Welche Gefahren falsch eingeschätzt werden
Der gestern in Berlin vorgestellte AXA Kindersicherheitsreport beleuchtet Kindersicherheit sowohl unter physischen als auch unter psychischen Aspekten. Die Studie wurde gemeinsam mit der Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Mehr Sicherheit für Kinder e.V. und dem Meinungsforschungsinstitut forsa durchgeführt.
Untersucht wurde beispielsweise, wo Kindern aus Sicht von Eltern und Pädagogen die größten Gefahren drohen und welche die Ursachen für Unfälle besonders häufig sind.
Etwa 200.000 Kinder werden jährlich wegen einer Verletzung stationär im Krankenhaus behandelt. Allein im Jahr 2011 starben 244 Kinder unter 15 Jahren an den Folgen eines Unfalls. "Der AXA Kindersicherheitsreport gibt uns wertvolle Einblicke in die Einschätzungen von Eltern und Pädagogen. Er zeigt uns, dass Unfallgefahren häufig unterschätzt werden", sagt Dr. Stefanie Märzheuser, Präsidentin der BAG. "Gerade Unfälle sind eine sehr nachvollziehbare Gefahr, die wir mit konkreten Präventionsmaßnahmen bekämpfen können", ergänzt Dr. Märzheuser.
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Eltern unterschätzen Unfallgefahren im Haushalt
Mit 79 Prozent sehen Eltern im Straßenverkehr den gefährlichsten Ort für ihre Kinder. Aber nur 10 Prozent sehen eine starke Gefährdung durch Unfälle zu Hause. Unfallstatistiken belegen, dass sie mit dieser Einschätzung falsch liegen. Gerade bei Kleinkindern spielen Unfälle im Haushalt eine große Rolle. Die Zahl der Unfälle in der eigenen Wohnung ist in den ersten Lebensjahren zehnmal so hoch wie im Straßenverkehr. Hier besteht also eine deutliche Diskrepanz zwischen subjektiv gefühlter Sicherheit zu Hause und objektiver Unfallgefahr. Erzieher und Lehrer schätzen die Unfallgefahr auf der Straße ähnlich hoch ein, für 43 Prozent der Pädagogen steht allerdings das Zuhause der Kinder nach Internet und Medien (56 Prozent) bereits an dritter Stelle der gefährlichen Orte.
Pädagogen sehen übermäßigen Medienkonsum und ungesunde Ernährung als wahrscheinlichste Gefährdungen an
Werden Eltern gefragt, für wie wahrscheinlich sie das Eintreten einzelner Risiken halten, liegen Schnittwunden und Quetschungen (61 Prozent) sowie Stürze (51 Prozent) vorne. Das entspricht durchaus den Tatsachen: Stürze stellen nach offiziellen Statistiken mehr als die Hälfte aller behandlungsbedürftigen Unfälle dar. Im Unterschied zu den Eltern sehen Erzieher und Lehrer allerdings eine ganze Reihe weiterer Gefährdungen als sehr wahrscheinlich an. Dazu gehören vor allem übermäßiger Medienkonsum (71 Prozent), ungesunde Ernährung (65 Prozent) sowie Gewaltdarstellungen in Internet und Fernsehen (59 Prozent). Auch Ausgrenzung, Beleidigungen und Demütigungen halten die Pädagogen für deutlich wahrscheinlicher als die Eltern (57 gegenüber 31 Prozent).
Erzieher und Lehrer legen mehr Wert auf eine kindersichere Umgebung als Eltern
Drei von vier Pädagogen (74 Prozent) versuchen, die Umgebung der von ihnen betreuten Kinder so sicher zu machen, dass Unfälle gar nicht erst passieren. Unter den Eltern gibt dies nur knapp die Hälfte aller Befragten (48 Prozent) an. Dieses Ergebnis überrascht, denn im Vergleich zu den Erziehern und Lehrern haben etwa dreimal mehr Eltern Bedenken, dass ihrem Kind etwas zustoßen könnte (12 gegenüber 34 Prozent).
Schikane unter Kindern ist bereits an der Grundschule weit verbreitet
Der AXA Kindersicherheitsreport 2013 zeigt auch, dass Ausgrenzung, Beleidigungen und Demütigungen unter Kindern heute leider zum Alltag gehören. Schon im Grundschulalter ist nach Aussage der Eltern fast jedes dritte Kind von Schikane durch andere Kinder betroffen. Zudem hat fast jeder Lehrer (94 Prozent) mit den Themen Ausgrenzung, Beleidigungen und Demütigungen bereits zu tun gehabt. Für etwa jeden dritten Lehrer (30 Prozent) ist es sogar eine alltägliche Erfahrung. Zugleich fühlt sich aber nur gut ein Drittel der Lehrer (36 Prozent) gut oder sehr gut dazu informiert oder ausgebildet. Zwei von drei Lehrern (65 Prozent) sind der Meinung, dass Schulen Hilfe von außen benötigen, um entsprechende Konflikte unter Schülern zu bewältigen.
Pädagogen beurteilen Erziehung der Eltern in vielen Punkten kritisch
In vielen Punkten äußern sich Erzieher und Lehrer kritisch über die Erziehung der Eltern: So stimmen 79 Prozent von ihnen der Aussage "voll und ganz" oder "eher" zu, dass Eltern ihren Kindern heutzutage oft zu viel durchgehen lassen und nicht mehr so stark auf die Umgangsformen ihrer Kinder achten wie früher. Knapp drei Viertel (72 Prozent) der Pädagogen beklagen zudem, dass es vielen Eltern schwerfällt, Kritik von Pädagogen in Bezug auf ihre Kinder anzunehmen. Etwa die Hälfte der befragten Erzieher und Lehrer (48 Prozent) gehen davon aus, dass der Großteil der von ihnen betreuten Kinder eine beschützte Kindheit mit guter Erziehung und Förderung erlebt.
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Methodik
Für den AXA Kindersicherheitsreport hat das Meinungsforschungsinstitut forsa zwischen Ende August und Anfang September 2013 rund 1.100 Eltern von Kindern unter 18 Jahren sowie 341 Erzieher und Lehrer befragt. Dieser quantitativen Befragung ging eine qualitative Phase mit Gruppendiskussionen und Interviews voraus. Hier nahmen neben Eltern, Erziehern und Lehrern auch Kinder teil.