Die angestellte Leiterin einer Modeboutique kann nicht auf den Beruf einer Museumsaufseherin oder Helferin in Büro und Verwaltung sowie für Kurier-, Zustell- und Postdienstleistung verwiesen werden. Darauf, dass die Versicherungsnehmerin in ihrer letzten Tätigkeit bei 30 Stunden/ wöchentlich nur 800 € verdiente, kommt es für eine abstrakte Verweisung im Rahmen einer Berufsunfähigkeitsversicherung nicht entscheidungserheblich an. Diese Rechtsauffassung gab das Oberlandesgericht Nürnberg in einem Hinweisbeschluss vom 20.11.2012 Gz.: 8 U 290/12 an den beklagten Berufsunfähigkeitsversicherer zu erkennen und bestätige damit die Rechtsauffassung der Vorinstanz beim Landgericht Nürnberg (Urteil vom 25.01.2012, Gz.: 11 O 2051/09).

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Die Klägerin wurde in dem Rechtsstreit durch die Kanzlei Wirth-Rechtsanwälte vertreten. Sie machte die vertraglich vereinbarte Rente und Beitragsbefreiung gegen einen Berufsunfähigkeitsversicherer geltend. Dieser hatte außergerichtlich die Versicherungsleistung mit der Behauptung abgelehnt, die Klägerin sei nicht zu mindestens 50 % berufsunfähig.

Zuletzt hatte die Klägerin eine Modeboutique geleitet. Ihr war regelmäßig mindestens eine Angestellte unterstellt. Mitarbeiterinnen gegenüber war sie weisungsbefugt. Neben körperlich anstrengenden Tätigkeiten, wie das Einräumen der Ware, Reinigen des Ladens oder Bedienen von Kunden, war die Klägerin aber auch für eine ordentliche Kassen- und Buchführungen, Warenbestellung und Dekoration des Ladens verantwortlich. Wegen eines schlimmen Bandscheibenvorfalls in der Lendenwirbelsäule konnte die Klägerin diese Tätigkeit nicht mehr zu mindestens 50 % ausüben, was im Laufe des Verfahrens auch ein medizinisches Sachverständigengutachten bestätigte.

Nun meinte die Versicherung, dass die Klägerin noch als Museumsaufseherin oder Helferin in Büro und Verwaltung sowie für Kurier-, Zustell- und Postdienstleistung tätig sein könnte. Laut Versicherungsvertrag standen der Klägerin nur dann Leistungsansprüche zu, wenn sie auch nicht in der Lage war eine andere Tätigkeit auszuüben, die sie aufgrund ihr Kenntnisse und Fähigkeiten ausüben konnten und die ihre Lebensstellung entsprach (so genannten abstrakte Verweisung). Die Versicherung schlug aber nur die o.g. Tätigkeiten vor. Für diese Tätigkeiten ist aber keine Ausbildung, sondern allenfalls eine kurze Einweisung erforderlich. Sie sind durch mehr oder weniger gleichförmige Aufpasserdienste oder völlig untergeordnete Helfertätigkeiten im gewerblichen Bereich geprägt. Schließlich werden diese Tätigkeiten typischerweise ohne Eigenverantwortung ausgeführt.

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Daher waren das Landes- und Oberlandesgericht der Rechtsauffassung, dass diese Tätigkeiten nicht der Lebensstellung der Klägerin entsprachen. Auch wenn die Klägerin nur 800 € monatlich verdiente, war ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit durch eigenverantwortliches sowie leitendes Handeln geprägt. Es entspräche daher nicht ihrer Lebensstellung, wenn sie die o.g. recht einfachen Tätigkeiten ausüben würde. Fachanwalt für Versicherungsrecht Tobias Strübing, Wirth-Rechtsanwälte kommentiert: „Eine klare Aussage des Gerichts. Allein die Höhe des Gehaltes sagt erst einmal nichts darüber aus, wie eigenverantwortlich und qualifiziert eine Tätigkeit ist. Nur ein bisher geringes Gehalt kann nicht dazu führen, dass man sich von der Versicherung auf untergeordnete oder gleichförmige Tätigkeiten verweisen lassen muss. “
Er ergänzt: „Der Fall endete mit einem sehr akzeptablen Vergleich für die Versicherungskundin. Er zeigt einmal mehr, dass es unbedingt Sinn macht, nicht jede Entscheidung einer Versicherung zu akzeptieren. Gerade bei solch komplizierten Fragen, wie der Ablehnung einer Berufsunfähigkeitsrente wegen einer angeblichen Verweisbarkeit, ist dringend der Rat eines Fachanwalts für Versicherungsrecht einzuholen.“

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