GroKo unterschreibt Koalitionsvertrag und gibt Besetzung des Kabinetts bekannt
Koalitionsvertrag - 85 Tage nach der Wahl ist es endlich geschafft. Das Kabinett ist seit gestern beschlossen, der Koalitionsvertrag seit heute unterzeichnet, morgen soll die neue Bundesregierung vereidigt und Angela Merkel zur Kanzlerin wiedergewählt werden. Dabei ist die Ämtervergabe nicht immer nachvollziehbar und gar die Frage erlaubt, ob bei der Ämtervergabe tatsächlich die Kompetenz im Vordergrund stand.
Die CDU übernimmt fünf Ministerien, die CSU besetzt drei, die SPD sechs Ämter. Zudem gibt es neue oder umgelagerte Verantwortungsbereiche in den einzelnen Ressorts. Bedenkt man, dass Koalitionsverhandlungen durchschnittlich 36 Tage andauern, ist es erstaunlich, dass die Besetzung einzelner Ministerämter trotz der verstrichenen Zeit zum Teil fragwürdig ist.
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Von der Leyen - Studierte Medizinerin wird Verteidigungsministerin
Den wohl überaschendsten Posten erhält Ursula von der Leyen. Als vormals niedersächsische Gesundheitsministerin unter Christian Wullf, als studierte Medizinerin, mit einem Masterabschluss in „Public Health“ und als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Gesundheitssystemforschung kann man sich von der Leyen in fachlicher Hinsicht sehr gut für das Amt einer Gesundheitsministerin vorstellen. Stattdessen übernimmt sie jedoch als erste Frau in der Bundesrepublik Deutschland das Amt der Verteidigungsministerin.
Von der Leyen hat damit zum dritten Mal einen Ministerposten unter Angela Merkel inne, mittlerweile auch im dritten Ressort. Sie war bis 2009 bereits als Familienministerin tätig. In der aktuellen Regierung übernimmt Manuela Schwesig (SPD) diesen Posten. Als Arbeitsministerin wird von der Leyen von Andrea Nahles (SPD) abgelöst.
Den Posten des Gesundheitsministers dagegen bekommt Hermann Gröhe (CDU). Dieses Ressort dürfte für ihn völliges Neuland sein. Gröhe ist studierter Jurist und seit Jahren Parteipolitiker. Als Fachfremder muss er die Umsetzung von Pflege- und Krankenhausreform vorantreiben und zudem das System der gesetzlichen und privaten Versicherungen zu erneuern. Etwas Hilfe erhält er durch einen neu geschaffenen Posten im Gesundheitsministerium: Karl-Josef Laumann (CDU) erhält hier das Amt für Pflege, Patienten und Demografie.
Verkehr und Internet - Wirtschaft und Energie?
Die neue Regierung hat auch einen völlig neuen Aufgabenbereich zu bieten. Alexander Dobrindt (CSU) wird Minister für Verkehr und: digitale Infrastruktur. Dobrindt muss nicht nur die PKW-Maut umsetzen, sondern sich zudem dem Thema Datensicherheit widmen. Man kommt nicht umhin zu fragen, was genau die Zuordnung des Ressorts Internet im Bereich Verkehr für Folgen hat. Dass Stopschilder im Netz nicht die Lösung sind, musste „Zensurala“ von der Leyen bereits erfahren. Unter seiner Leitung wird sich auch zeigen, inwieweit die im Koalitionsvertrag verankerten Pläne zur Wiedereinführung einer verdachts- und anlasslosen Vorratsdatenspeicherung mit EU-Grundrechten vereinbar sind. Ronald Pofalla wird sich dagegen auf der politischen Bühne nicht mehr zu Datensicherheit äußern. Der bisherige Kanzleramtsminister zieht sich von der politischen Bühne zurück.
Auch der Wirtschafsminister hat ein neus Ressort erhalten: Energie. So muss sich der neue Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) in Zukunft mit dem Thema Energiewende auseinandersetzen. Passenderweise liegt das Ministeramt für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit ebenso in SPD-Hand und wird von SPD-Schatzmeisterin Barbara Hendricks übernommen. Diese war bereits als Staatssekretärin für die Finanzminister Oskar Lafontaine und Hans Eichel sowie für Peer Steinbrück tätig und bringt vor allem politisches Hintergrundwissen mit. Erst kürzlich hatte sich Hendriks auf dem SPD-Parteitag in Leipzig öffentlich darüber geärgert, dass Generalsekretärin Andrea Nahles mit einem miserablen Ergebnis bestätigt worden war. Im neuen Kabinett müssen beide in jedem Fall miteinander auskommen. Nahles leitet in den nächsten vier Jahren das Ministerium Arbeit und Soziales.
Schäuble bleibt, Verbraucherschutz wird Justizsache
Es bleiben durchaus bekannte Gesichter in der Bundesregierung. So hat sich die CDU den wichtigen Posten des Finanzministers nicht nehmen lassen. Der inzwischen 71-jährige CDU-Politiker Wolfgang Schäuble behält das Amt. Johanna Wanka bleibt Bildungsministerin. Der ehemalige Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) bleibt zumindest im Kabinett, übernimmt aber künftig die Aufgaben von Hans-Peter Friedrich als Innenminister.
Friedrich (CSU) bleibt ebenfalls, er erhält das Amt des Agrarministers. Allerdings wurde das Aufgabenfeld des Verbraucherschutzes vom Agrarministerium entkoppelt. Dies ist künftig im Justizministerium angesiedelt und steht damit unter der Verantwortung von Heiko Maas (SPD).
Außenminister wird SPD-Franktionschef Walter Steinmeier. Entwicklungsminister wird der weitgehend unbekannte CSU-Staatssekretär Gerd Müller. Im Kanzleramt wird Aydan Özoguz (SPD) Staatsministerin für Integration, Migration und Flüchtlinge. Sie ist die erste türkischstämmige Staatsministerin. Staatsministerin für Kultur und Medien wird Monika Grütters (CDU). Als Staatsminister bei der Bundeskanzlerin löst Helge Braun (CDU) Pofalla ab.
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Bisher waren dies die längsten Koaltionsverhandlungen in der bundesdeutschen Geschichte. Zuletzt war der Mitgliederentscheid SPD ausschlaggebender Faktor zur Regierungsbildung. Wie tatkräftig die neue Bundesregierung ihren heute in feierlicher Zeromonie unterzeichneten Koalitionsvertrag umsetzt, wird sich dann vermutlich erst nach Weihnachten offenbaren.