Für den Pflegereport 2013 der Barmer GEK untersuchte Prof. Dr. Heinz Rothgang vom Zentrum für Sozialpolitik der Universität Bremen aktuelle Entwicklungen in der Pflege. "Es zeigt sich ein Trend hin zu professioneller Versorgung. Besonders stark sind die ambulanten Pflegedienste gewachsen", so Prof. Dr. Rothgang. Sie haben 2012 fast 23 Prozent der pflegebedürftigen Menschen betreut – so viele wie nie zuvor. Dagegen stagnierte der Anteil der Heimpflege in den letzten Jahren und sank zuletzt leicht auf 28,8 Prozent.
Dementsprechend sind die Personalkapazitäten in der ambulanten Pflege zwischen 1999 und 2011 mit 64 Prozent schneller gewachsen als die Zahl der Betten in Pflegeheimen, die um 36 Prozent zugenommen hat. Rothgang: "Hier scheint der Grundsatz ‚ambulant vor stationär’ reale Wirkung zu zeigen."

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Eigenanteile zur Pflegefinanzierung steigen

Erneut gestiegen sind nach Berechnungen der Bremer Wissenschaftler die Eigenanteile, die privat zur Finanzierung der Pflege aufgebracht werden müssen. So standen im Jahr 2011 Versicherungsleistungen in der stationären Pflege von 1.023 Euro in Pflegestufe I einem Eigenanteil von insgesamt 1.380 Euro gegenüber. 2009 hatte der Eigenanteil bei gleich hohen Versicherungsleistungen durchschnittlich 1.351 Euro betragen. In der Pflegestufe III fallen die gesamten Eigenanteile mit 1.802 Euro noch höher aus (2009: 1.791 Euro). Die Versicherungsleistungen waren hier allerdings von 1.470 Euro im Jahr 2009 auf 1.510 Euro im Jahr 2011 gestiegen. Im Pflegereport 2012 hatte die Barmer GEK erstmals Zahlen zu lebenslangen Pflegekosten präsentiert. Demnach müssen Frauen mit durchschnittlich 45.000 Euro privaten Kosten rechnen, Männer mit 21.000 Euro.

Fakten aus dem BARMER GEK Pflegereport 2013

  1. Die Zahl Pflegebedürftiger ist mit 2,5 Millionen (2013) auf einem neuen Höchststand und wird bis 2050 auf 4,5 Millionen steigen. Wesentliche Ursache ist der demografische Wandel. Es gibt große regionale Unterschiede. So wird die Zahl der Pflegebedürftigen bis 2030 in Brandenburg um 72 Prozent steigen, in Bremen nur um 28 Prozent. Im Bundesdurchschnitt wird ein Plus von 47 Prozent erwartet.
  2. Blickt man auf das gesamte Leben, verbringen Männer im Durchschnitt 16 Monate in Pflege, Frauen 32 Monate. Wenn allein die pflegebedürftigen Menschen berücksichtigt werden, verdoppelt sich die Pflegezeit bei den Männern und liegt bei den Frauen um die Hälfte höher.
  3. Die Eigenanteile bei Pflegeleistungen steigen weiter. Grund dafür ist die bis 2008 fehlende und seither unzureichende Dynamisierung der Leistungen. Dies führt in der stationären Pflege dazu, dass der insgesamt aufzubringende Eigenanteil die Pflegeversicherungsleistungen in allen Pflegestufen deutlich übersteigt. Dies gilt auch bei den rein pflegebedingten Kosten, die ursprünglich vollständig von der Versicherung übernommen werden sollten. Hier betragen die Eigenanteile je nach Pflegestufe zwischen monatlich 346 Euro und 760 Euro.
  4. Die Inanspruchnahme zusätzlicher Betreuungsleistungen – von denen vor allem demente Menschen profitieren – hat erfreulich deutlich zugenommen. Die Zahl der Fälle stieg von 65.000 im 3. Quartal 2008 auf gut 200.000 im 2. Quartal 2012. Auch hier spiegelt sich die zunehmende Bedeutung ambulanter Pflegedienste wider. Wo sie im Spiel sind, werden deutlich mehr zusätzliche Betreuungsleistungen abgerufen (21 vs. 7 %).
  5. Angehörigenpflege ist weiterhin hauptsächlich Sache der Frauen. Gemäß Eigenauskünften pflegen 2,2 Millionen der Frauen einen Angehörigen (6,2 Prozent aller Frauen über 16 Jahren); hingegen entsprechen die 1,3 Millionen pflegenden Männer nur 4 Prozent aller über 16-jährigen Männer.
  6. Die Finanzentwicklung der Sozialen Pflegeversicherung ist seit fünf Jahren positiv. 2012 standen Einnahmen von 23 Milliarden Euro Ausgaben von 22,9 Milliarden Euro gegenüber. Zuletzt hatte es 2007 einen negativen Saldo in der Pflegekasse gegeben. Der Mittelbestand der Pflegeversicherung belief sich Ende 2012 auf 5,55 Milliarden Euro.