Taifun Haiyan und Wetterkatastrophen in Europa prägen Naturkatastrophen-Bilanz
Die Naturkatastrophen-Bilanz 2013 ist vom Taifun Haiyan und ungewöhnlich hohen Schäden aus Wetterkatastrophen in Europa geprägt. Das zeigen Auswertungen von Munich Re.
- Taifun Haiyan und Wetterkatastrophen in Europa prägen Naturkatastrophen-Bilanz
- Hagelstürme in Deutschland brachten höchste versicherte Schäden
Auf den Philippinen löste mit Haiyan einer der stärksten Wirbelstürme der Geschichte eine humanitäre Katastrophe mit mehr als 6.000 Toten aus. Torsten Jeworrek, im Vorstand von Munich Re für das weltweite Rückversicherungsgeschäft zuständig, meint, dass gerade in Entwicklungs- und Schwellenländern bessere Schutzmaßnahmen nötig sind. Dazu würden stabilere Bauten und Schutzeinrichtungen gehören. Aber auch Versicherungsprogramme, damit Betroffenen nach einer Katastrophe finanziell verlässlich geholfen werden kann.
„Bei einigen Ereignissen des Jahres 2013 hat sich gezeigt, wie gut Warnungen und schadenmindernde Maßnahmen die Auswirkungen von Naturkatastrophen begrenzen können. Bei den jüngsten Winterstürmen in Europa etwa blieben die Schäden vergleichsweise gering“, sagte Torsten Jeworrek.
Weltweit fiel die Bilanz der Schäden aus Naturkatastrophen 2013 gemäßigter aus: Die direkten Gesamtschäden blieben mit rund 125 Mrd. US$ ebenso wie die versicherten Schäden mit rund 31 Mrd. US$ unter den Durchschnittswerten der vergangenen 10 Jahre (184 Mrd. US$ und 56 Mrd. US$). Bei insgesamt 880 Naturkatastrophen (Durchschnitt der vergangenen 10 Jahre: 790) kamen bedauerlicherweise mehr als 20.000 Menschen ums Leben. Damit lag die Zahl der Todesopfer zwar über der von 2012, aber erfreulicherweise deutlich unter dem Durchschnitt der vergangenen 10 Jahre (106.000).
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Europa: Juni-Hochwasser war die teuerste Katastrophe des Jahres
Die teuerste Naturkatastrophe des Jahres gemessen an den gesamtwirtschaftlichen Schäden war das Hochwasser in Südost- und Ostdeutschland sowie angrenzenden Staaten Anfang Juni. Die Gesamtschäden lagen bei 15,2 Mrd. US$ (11,7 Mrd. €), die versicherten Schäden bei 3 Mrd. US$ (2,3 Mrd. €).
Ausgelöst wurde das Hochwasser durch eine sogenannte Trogwetterlage, bei der ein starkes Tiefdruckgebiet feuchtwarme Luft vom Mittelmeer über das Schwarze Meer in weitem Bogen um die Alpen bis nach Deutschland führte. Das Zusammentreffen mit kalten Luftmassen führte zu tagelangen starken Regenfällen auf bereits durchnässte Böden. Stellenweise betrugen die Niederschläge 400 Liter pro Quadratmeter innerhalb weniger Tage. An zahlreichen Flüssen erreichte das anschließende Hochwasser Rekordwerte, so etwa in Passau am Zusammenfluss von Donau, Ilz und Inn, wo das Hochwasser den höchsten Stand seit 1501 erreichte. In anderen Bereichen des Landes, so an der Donau bei Deggendorf in Bayern und an der Elbe bei Stendal in Sachsen-Anhalt, brachen Deiche, so dass sich Fluten kilometerweit ins Flachland ergossen.
Die historische Altstadt von Dresden blieb anders als bei der Elbe-Flut von 2002 vom Hochwasser weitgehend verschont, da die Schutzvorkehrungen verstärkt worden waren. Der vielerorts bessere Schutz verschärfte indes flussabwärts die Lage, wo das Wasser vielfach noch höher stieg als beim Jahrhunderthochwasser 2002. Damals hatte der Gesamtschaden europaweit 16,5 Mrd. US$ (16,8 Mrd. €) betragen, davon waren 3,4 Mrd. US$ (3,4 Mrd. €) versichert.
„Das Hochwasser 2013 hat gezeigt, wie Hochwasserschutz funktionieren kann. Schließlich ließen die Rahmenbedingungen wie Dauer und Menge der Niederschläge noch ein gravierenderes Hochwasser als 2002 erwarten“, so Peter Höppe, Leiter der GeoRisikoForschung von Munich Re. „Dennoch wurde auch deutlich, dass Hochwasserschutz den gesamten Flusslauf umfassen muss und nicht nur aus Eindeichen bestehen kann. Gewässer brauchen Platz, damit sie bei Hochwasser ausufern können, so dass es bei Schutzvorkehrungen am Oberlauf nicht die Anwohner am Unterlauf umso härter trifft. Hier sind für das ganze Einzugsgebiet eines Flusses umfassende und daher oftmals international koordinierte Anstrengungen nötig.“
Auch bei einigen anderen Wetterkatastrophen in Mitteleuropa hat sich Vorsorge bewährt: Der Herbststurm „Christian“ verlief ebenso glimpflich wie der Wintersturm „Xaver“, obwohl beide über Großbritannien, die Benelux-Staaten, Norddeutschland und Dänemark hinwegfegten und Windgeschwindigkeiten von teilweise über 150 km/h erreichten. Der Wintersturm „Xaver“ löste zudem eine Sturmflut aus, die in Hamburg das Wasser die Elbe hinauftrieb und mit 6,09 Metern über Normal den zweithöchsten Pegel seit Beginn der Messungen erreichte - deutlich höher als bei der Hochwasserkatastrophe von 1962 mit 347 Toten. Da Hamburg seit damals aber mehr als 2 Mrd. € in Schutzmaßnahmen investiert hatte, richtete die Sturmflut keine größeren Schäden an. Insgesamt hat Hamburg durch den Hochwasserschutz nach einer Analyse von Munich Re seit der Flut von 1962 Schäden in der Größenordnung von 20 Mrd. € vermeiden können. In Folge von „Xaver“ und „Christian“ entstanden europaweit Gesamtschäden in jeweils niedriger einstelliger Milliardenhöhe.
Hagelstürme in Deutschland brachten höchste versicherte Schäden
Das weltweit teuerste Ereignis für die Versicherungswirtschaft waren Hagelstürme einer Unwetterfront, die zwischen 27. und 28. Juli einzelne Regionen in Nord- und Südwestdeutschland trafen. Diese Unwetterfront brachte der Assekuranz zugleich das teuerste Hagelereignis in der Geschichte Deutschlands. In Baden-Württemberg waren Gebiete um Pforzheim und die Region nordöstlich der Landeshauptstadt Stuttgart betroffen, im Norden traf es eine Linie nordöstlich des Ruhrgebietes bis Wolfsburg. Stellenweise waren die Hagelkörner größer als Tennisbälle. Eines der gefundenen Hagelkörner hatte einen Durchmesser von 14 Zentimetern – ein Rekord für Deutschland.
Die Eisklumpen zerstörten zahllose Autos, Häuserfassaden, Dächer und Solaranlagen. Besondere Schäden verursachte der Hagel auch an Häusern mit Wärmedämmung, bei denen der Außenputz teilweise zerstört wurde. Insgesamt betrug der Schaden durch schwere Hagelstürme im Juli und August in Deutschland rund 5,2 Mrd. US$ (3,9 Mrd. €), davon waren 4,1 Mrd. US$ (3,1 Mrd. €) versichert. Allein auf die schwersten Hagelstürme Ende Juli entfielen davon 4,8 Mrd. US$ (3,6 Mrd. €) des Gesamtschadens beziehungsweise 3,7 Mrd. US$ (2,8 Mrd. €) des versicherten Schadens.
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Haiyan vermutlich der stärkste Tropensturm, der jemals auf Land traf
Die schwerwiegendste humanitäre Katastrophe löste der Super-Taifun Haiyan aus, der mit Windgeschwindigkeiten von teilweise weit über 300 km/h am 7. November über den Süden der Philippinen fegte. Über dem Meer wurde kurz vorher die stärkste Böe mit 379 km/h gemessen. Der Radius des Sturmsystems betrug rund 600 Kilometer. Der Durchmesser des Auges, an dessen Rand die höchsten Windgeschwindigkeiten auftreten, betrug ungewöhnliche 20-25 Kilometer. Vermutlich war Haiyan der stärkste gemessene Wirbelsturm, der jemals auf Land traf. Durch die extreme Windstärke von mehr als 300 km/h und die dadurch ausgelöste Flutwelle von bis zu 6 Metern Höhe wurden viele Orte, wie die Küstenstadt Tacloban, nahezu dem Erdboden gleichgemacht.
Mehr als 6.000 Menschen kamen bei dem Sturm ums Leben, Millionen wurden obdachlos. In der stark landwirtschaftlich geprägten Region mit umfangreichem Zuckerrohranbau wurde die Ernte weitgehend zerstört. Der Gesamtschaden betrug etwa 10 Mrd. US$, was rund 5 % der jährlichen Wirtschaftsleistung der Philippinen entspricht. Durch die sehr geringe Versicherungsdichte liegt der versicherte Schaden voraussichtlich nur in mittlerer dreistelliger Millionenhöhe.
„Haiyan zeigt, wie wichtig Maßnahmen der Regierungen bei der Bauplanung sind. Die Philippinen sind das Land, das am häufigsten von tropischen Wirbelstürmen getroffen wird“, so Ludger Arnoldussen, im Vorstand von Munich Re unter anderem für Asien zuständig. „Gleichzeitig können Versicherungsprogramme mit Beteiligung auch der Staaten helfen, den betroffenen Menschen finanziell schneller als bisher zur Seite zu stehen. Von Munich Re geförderte Studien haben gezeigt, dass Versicherungen gegen Naturkatastrophen in Schwellenländern volkswirtschaftlich den größten entlastenden Effekt aufweisen.“
Die Taifunsaison im Pazifik war 2013 mit 31 benannten Stürmen überdurchschnittlich aktiv. „Die zerstörerische Kraft von Taifunen bedroht Küstenregionen, Inseln und auch Regionen auf dem Festland in ganz Südostasien. Unsere Analysen lassen aufgrund eines natürlichen Zyklus für die kommenden Jahre den Beginn einer Phase mit höherer Taifunaktivität erwarten“, so Arnoldussen weiter.
Geringste Zahl von Hurrikanen im Nordatlantik seit 1982
Dagegen verlief die Wirbelsturmsaison im Nordatlantik sehr ruhig. Kein einziger Sturm in Hurrikanstärke erreichte das US-Festland. Insgesamt bildeten sich im Nordatlantik 13 Wirbelstürme. Davon erreichten nur zwei Hurrikanstärke, und das jeweils nur in der schwächsten Kategorie 1 (Ingrid und Humberto). Damit lag die Zahl der Hurrikane deutlich unter dem langfristigen Durchschnitt (6) und noch deutlicher unter dem Durchschnitt der seit Mitte der 90er Jahre anhaltenden Warmphase im Nordatlantik (8), die für das derzeitige Risikomanagement ausschlaggebend ist.
„Im Hauptentstehungsgebiet der Hurrikane war die Atmosphäre über längere Zeit außergewöhnlich trocken bei gleichzeitig hoher Windscherung, was die Entstehung von Wirbelstürmen erschwert“, sagte Höppe. „Das sind aber nicht vorhersagbare kurzfristige Entwicklungen. Die Risikolage bleibt insgesamt allerdings unverändert. Wir gehen für die nächsten Jahre von einem Anhalten der natürlichen Warmphase im tropischen Nordatlantik mit einer dafür typischen höheren Hurrikanaktivität aus.“
Die schwerwiegendste Naturkatastrophe in den USA im vergangenen Jahr brachte eine Unwetterfront mit einer Serie schwerster Tornados im Bundesstaat Oklahoma. Ein Tornado der höchsten Stufe 5 mit Windgeschwindigkeiten über 300 km/h verwüstete am 21. Mai die Kleinstadt Moore, etwa 10.000 Häuser wurden allein hier beschädigt oder zerstört. Der Schaden infolge der gesamten Unwetterfront betrug 3,1 Mrd. US$, davon waren 1,8 Mrd. US$ versichert.
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Von schweren Naturkatastrophen war 2013 auch Kanada betroffen. Ungewöhnlich starke Regenfälle in der Provinz Alberta von bis zu 190 Litern pro Quadratmeter innerhalb eines Tages trafen mit einer späten Schneeschmelze zusammen. Dies führte an den durch die Provinzhauptstadt Calgary fließenden Flüssen Bow River und Elbow River zu Rekordfluten. Der gesamtwirtschaftliche Schaden betrug 5,7 Mrd. US$, davon waren etwa 1,6 Mrd. US$ versichert; damit war es die bisher teuerste Naturkatastrophe in Kanada.
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