Wer in Deutschland als gesetzlich Versicherter einen Facharzt braucht, der muss sich oft gedulden. Nach einer nicht repräsentativen Umfrage der AOK Rheinland/Hamburg dauert es im Schnitt 93,7 Tage, bis ein Kassenpatient einen Termin beim Psychotherapeuten bekommt. Beim Kardiologen sind es immerhin noch rund 71 Tage Wartezeit, beim Radiologen 46 Tage (Zahlen für 2011). Privatpatienten erhalten zwar schneller einen Facharzttermin – aber abhängig von der Region können auch hier die Wartezeiten mehrere Wochen betragen.

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Ein Zustand, an dem die große Koalition schnell etwas ändern will. Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hat die langen Wartezeiten von Kassenpatienten kritisiert und Abhilfe versprochen. „Monatelange Wartezeiten sind nicht akzeptabel“, sagte Gröhe dem Nachrichtenmagazin Focus (Sonntag). „Es muss möglich sein, dass gesetzlich versicherte Patienten zeitnah einen Facharzttermin bekommen. Wir verbessern die Versorgung und den Service für gesetzlich Versicherte.“ Der Minister wird am Donnerstag erstmals auf dem Neujahrsempfang der Ärzteschaft in Berlin sprechen.

Servicestellen sollen Patienten „unbürokratisch“ vermitteln

Wie aber sollen die Verbesserungen in Zeiten überfüllter Arztpraxen organisiert werden? Hier ist im Koalitionsvertrag vorgesehen, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen Servicestellen einrichten, über die Kassenpatienten binnen vier Wochen einen Facharzttermin vermittelt bekommen. Wenn das nicht möglich ist, sollen sich die Patienten zu Kosten der kassenärztlichen Vereinigung in einem Krankenhaus behandeln lassen können.

Das klingt zunächst nach mehr Bürokratie – und auch nach einem Mehraufwand für die Patienten. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach beeilt sich deshalb zu betonen, dass die Einrichtung der Stellen „unbürokratisch“ möglich sei. „Wir brauchen einfache Strukturen“, sagte Lauterbach dem Focus und forderte eine schnelle Umsetzung des Koalitionsvertrages.

Ärzte kritisieren Pläne der Bundesregierung

Widerstand gegen die Pläne der Bundesregierung ist von den einflussreichen Ärzteverbänden zu erwarten. Im Dezember hatte bereits Ärztepräsident Frank Montgomery im Interview mit der Rheinischen Post gesagt, er halte die im Koalitionsvertrag festgeschriebene Idee einer Krankenhausbehandlung für „unsinnig“. Die geplante Termingarantie würde letztlich dazu führen, dass die weniger schweren Fälle ins Krankenhaus gingen, so Montgomery. Darauf aber seien die Kliniken nicht eingestellt, da sie jetzt schon Engpässe beim Personal beklagen.

Als Alternative schlägt Montgomery die Einführung einer „dringlichen Überweisung“ vor. Gemäß diesem Modell sollen Hausärzte bei der Vermittlung eines Facharztes helfen, wenn sie bei einem Patienten besonderen Handlungsbedarf sehen. "Wichtig ist, dass Termine beim Facharzt weiterhin aus medizinischen Gründen vergeben werden", sagte der Ärztepräsident.

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Kaum eine Arztpraxis ohne gesetzlich Versicherte überlebensfähig

Kritik an den Ärzten übte hingegen der Vize-Chef des Spitzenverbandes der Krankenkassen, Johann-Magnus von Stackelberg. Er sagte dem Focus: „Kaum eine Arztpraxis ist ohne die gesetzlich Versicherten überlebensfähig, und trotzdem scheinen einige Ärzte diese Tatsache bei der Terminvergabe zu vergessen. Wir sind gespannt, wie die Ärzteschaft die Terminvergabe gerechter organisieren will.“

Focus Online