Deutsche Versicherer positionieren sich zur Europawahl
Aufgrund der nahenden Europawahl haben sich die deutschen Versicherer zu europapolitischen Themen positioniert. Dem Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) zufolge spielen die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise, die Augestaltung von Solvency II sowie Regelungen zu Datenschutz, Finanzaufsicht sowie Vertriebs- und Vergütungssystemen dabei eine besondere Rolle.
Am 25. Mai 2014 können die Bürger aller Mitgliedsstaaten ein neues europäisches Parlament wählen. Die deutsche Versicherungswirtschaft hat sich aktuell dazu positioniert, welche Vorhaben das Europäische Parlament aus ihrer Sicht angehen sollte. Dringend notwendig sei der schrittweise Ausstieg aus der Niedrigzinspolitik, denn "die Politik des billigen Geldes der Europäischen Zentralbank" belaste Sparer und treffe vor allem die Altersvorsorge. Auch sprach sich der GDV gegen pauschale Pflichtversicherungen aus.
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Ausgestaltung von Solvency II sollte zügig umgesetzt werden
Ein wesentlicher Kernbestandteil der nächsten Legislaturperiode wird der Beschluss der Solvency II-Richtlinie. Da das Rahmenwerk feststeht, geht es nun um dessen konkrete Ausgestaltung. Der GDV mahnt zur Eile, damit die Reforum 2016 umgesetzt werden kann.
Die deutsche Versicherungswirtschaft spricht sich dafür aus, dass die Entscheidungen zu langfristigen Garantien bestätigt werden: Ende des letzten Jahres hatte man sich in Triloggesprächen auf den sogenannten Omnibus II-Kompromis geeinigt, um die Solvency II-Richtlinie mit Instrumenten auszustatten, die auf Finanzkrise und Niedrigzinsumfeld reagieren können. Auch soll die finanzielle Situation sowie Risiken der Versicherer richtig abgebildet und Fehlsteuerungen in der Anlagepolitik vermieden werden. Die EIOPA solle zudem als unabhängige Instanz effektiv und transparent in den Gesetzgebungsprozess eingebunden werden.
Datenschutz - Daten für sinnvolle Prozesse müssen zulässig bleiben
Beim Datenschutz plädieren deutsche Versicherer dafür, dass sinnvolle Prozessabläufe auch im Zuge der neuen EU-Datenschutzverordnung rechtssicher zulässig bleiben. So sollen Lebens-, Kranken- und Unfallversicherer nach wie vor Gesundheitsdaten nutzen können. Auch Gesundheitsdaten nicht am Vertrag beteiligter Personen, d.h. geschädigten Dritten, soll der jeweilige Versicherer bearbeiten dürfen. Eine Datenweitergabe innerhalb der Unternehmesgruppe sei dafür notwendig - andernfalls müsse man teure und ineffiziente Doppel- und Dreifachstrukturen aufbauen, meint der GDV. Weiterhin sollen die Daten auch für die Rückversicherer zugänglich sein.
Um Statistiken zu erstellen und die Tarife kalkulieren zu können, ist Datenverarbeitung aus Sicht der deutschen Versicherungswirtschaft ebenfalls essentiell: „Es sollte zudem darauf geachtet werden, dass die herkömmliche Einstufung von Risiken in Tarifgruppen, die Bemessung der Prämien und die Betrugsbekämpfung nicht durch weit gefasste Bestimmungen zur Profilbildung unmöglich gemacht werden“ heißt es im Positionspapier.
Um die Datenverarbeitung zu gewährleisten, ist in die EU-Verordnung eine rechtsichere Einwilligungsregelung zu integrieren. Ein uneingeschränktes Widerspruchsrecht der Verbraucher billigt der GDV dabei nicht, es würde zu Rechtsunsicherheit führen.
Vielfalt bei den Vertriebs- und Vergütungssystemen
In Europa sollte das Nebeneinander von Provisionsvertrieb und Honorarberatung bestehen bleiben, fordert der Verband. „Radikale Einschnitte in gewachsene Vertriebsstrukturen würden nicht nur die Existenzgrundlage zahlreicher Vermittler bedrohen, sondern verkennen, dass auch die Honorarberatung nicht ausschließlich Vorteile hat“ begründet der GDV diese Position.
Im Zuge der Versicherungsvermittler-Richtlinie (IMD2) genügt die alleinige Offenlegung der konkreten Vergütung nicht, um Produkte tatsächlich vergleichen zu können. Transparent müssten stattdessen die in der Prämie einkalkulierten Abschluss- und Vertriebskosten sein.
Mit Überarbeitung der Finanzmarkt-Richtlinie (MiFID2) ist der Vertrieb von Wertpapieren bei Banken ebenso wie bei Versicherungen zu regulieren. Der Verband warnt vor pauschaler Übertragung.
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In der Diskussion um Basisinformationsblätter für Anlageprodukte (PRIPs) seien vor allem passgenaue Informationspflichten erforderlich. Als sehr heikel wird zudem der Vorschlag des Europäischen Parlaments gesehen, einen Warnhinweis für komplexe Produkte einzuführen. Die Kriterienliste sei so allgemein, dass darunter selbst Altersvorsorgeprodukte mit hohen Garantien fallen würden. Das erklärte europäische Ziel, zusätzliche Altersvorsorge zu fördern, würde durch diesen unberechtigten Warnhinweis konterkariert, so der GDV.