Man kann der Landesregierung Schleswig-Holsteins gute Absichten unterstellen, als die Denkmalbehörde entschied, bald 16.000 Gebäude per Gesetz neu in die Denkmalliste aufzunehmen. So soll wertvolle Bausubstanz erhalten und so manches identitätsstiftende Schmuckstück einer Stadt vor dem Abriss bewahrt werden. Wenig Applaus hat hingegen die Art und Weise verdient, wie das Kabinett von Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) die Interessen der Hausbesitzer ignoriert. Das bisher übliche Anhörungsverfahren mit der Möglichkeit eines Widerspruchs soll nämlich zukünftig entfallen, wenn Eigentümer ihre wirtschaftlichen Interessen bedroht sehen.

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Dass aber ein Eintrag in die Denkmalliste ernste Probleme mit sich bringen kann, müssen aktuell Hausbesitzer in der 600-Seelen-Gemeinde Neuenbrook erfahren, südlich von Itzehoe gelegen. Seitdem die Entscheidung des Denkmalamtes bekannt wurde, neun Landhöfe unter Schutz zu stellen, bangen die Immobilienbesitzer um Kredite und Versicherungen. Der Grund: durch den Denkmalschutz ändert sich der Wert der Immobilie, weil die Hauseigentümer das Gebäude unter strengen Auflagen instand halten müssen.

Denkmalschutz bedroht Existenz der Hausbesitzer

Einer der Betroffenen ist der Neuenbrooker Landwirt Henning Hoffmann, wie die Norddeutsche Rundschau berichtet. Dieser wählte den Gang an die Öffentlichkeit, nachdem er von den Plänen der Denkmalbehörde erfuhr, seinen Bauernhof unter Denkmalschutz zu stellen. Doch sein Entschluss hatte drastische Folgen. Zunächst kündigte ihm die Neuendorfer Brand-Bau-Gilde die Feuerversicherung mit der Begründung: „Denkmalgeschützte Gebäude sind bei uns ein nicht zu versicherndes Risiko“. Rein rechnerisch würde seine Prämie von 1.150 auf 4.150 Euro im Jahr steigen.

Auch die Sparkasse verweigert zukünftig ihre Unterstützung. Die Immobilie erfahre durch den Denkmalschutz eine Wertveränderung, schrieb das Finanzinstitut. „Bitten haben Sie deshalb Verständnis dafür, dass wir Ihnen zur Zeit mit weiteren Kreditmitteln nicht zur Verfügung stehen können.“ Zudem verlangt die Bank eine "umfassende Übersicht über die wirtschaftlichen Verhältnisse". Die anderen Hausbesitzer befürchten nun ebenfalls, dass ihnen unliebsame Post von Bank und Versicherung zugestellt wird. Für viele könnte die finanzielle Existenz auf dem Spiel stehen.

Schleswig-Holstein „größtes Freilichtmuseum der Welt“?

Die Opposition will nun gegen die Pläne der Landesregierung vorgehen. Nachdem die CDU-Landtagsabgeordneten Hans-Jörn Arp und Heiner Rickers von den Neuenbrookern zu einem Krisengespräch geladen worden waren, reagierten sie entsetzt. „Was hier geschieht, kommt fast schon einer Enteignung gleich. Dieses Verfahren bestraft Eigentümer, deren Häuser seit Generationen in eigener Verantwortung erhalten worden sind“, sagte Arp der Norddeutschen Rundschau. Er plädierte an die Landesregierung, es mit dem Denkmalschutz nicht zu übertreiben: Schleswig-Holstein werde „zum größten Freilichtmuseum der Welt“.

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Heiner Rickers sieht als agrarpolitischer Sprecher die Landwirte gleich doppelt betroffen. Nicht nur müssten die Häuser teuer unterhalten werden – es sei wegen der baulichen Auflagen auch kaum möglich, die Höfe an die Erfordernisse moderner Landwirtschaft anzupassen. Die Politiker wollen auf Landesebene nun eine weitere Verschärfung des Gesetzes verhindern und Politik, Betroffene sowie Verbände an einen Tisch bringen.

Norddeutsche Rundschau