Der für das Versicherungsdossier verantwortliche Berichterstatter Burkhard Balz (CDU) sieht im Ergebnis wesentliche Forderungen des EU-Parlaments erfüllt: "Solvency II wird die risikogerechte Kapitalunterlegung bei Versicherungen leisten. Mit den nun getroffenen Verbesserungen kann Solvency II endlich starten. Versicherungen spielen mit ihrer langfristigen Anlagepolitik eine wesentliche Rolle beim Erhalt der Finanzmarktstabilität und sollen dies auch künftig tun." Omnibus II war ursprünglich als rein technische Anpassung an die Kompetenzen der Europäischen Versicherungsaufsicht EIOPA und an die neuen rechtlichen Vorgaben für Durchführungsbestimmungen gedacht. Bedeutende politische Elemente wie insbesondere die Handhabung langfristiger Versicherungsverpflichtungen kamen hinzu, so Balz.

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„Die Industrie hat drastisch niedrigere Eigenkapitalanforderungen und damit höhere ausschüttungsfähige Gewinne für langfristige Versicherungsprodukte durchgesetzt“ wertet Giegold das Ergebnis im Parlament. So ignoriere das Verhandlungsergebnis von Rat und Europaparlament die Ratschläge des Europäischen Rats für Systemrisiken (ESRB), die Meinung der vom Parlament angehörten Experten und diverse Empfehlungen der Versicherungsaufseher von EIOPA. „Sowohl in der Position des Rates als auch des Parlaments, ist aus Solvency II eine Wundertüte geworden, die für jeden nationalen Versicherungsmarkt passende Geschenke bereit hält. Viele Regeln des angenommenen Solvency-II-Regelwerkes wurden auf die Versicherungsmärkte der großen Mitgliedsstaaten zugeschnitten. Das ist ein ungeheuerliche Verletzung der Prinzipien des Europäischen Binnenmarktes“ kritisiert Sven Giegold scharf die Entscheidungsentwicklung.

Solvency II entlastet Versicherungswirtschaft um 267 Milliarden Euro

„Ein wirksames Maßnahmenpaket wird dafür sorgen, dass Versicherungen unter schwierigen Marktbedingungen und in dem aktuellen Niedrigzinsumfeld weiterhin langfristige Produkte zugunsten der Versicherten anbieten. Ihre Rolle als Langfristinvestoren werden sie weiterhin wahrnehmen können", erklärte Balz.

Dieses Paket entlaste die Versicherungswirtschaft insgesamt künftig um insgesamt um 267 Milliarden Euro, allein für die Anbieter von Lebensversicherungen liege die Entlastung bei 264 Milliarden Euro, erklärte der Grünen-Abgeordnete Giegold. Versicherungsunternehmen dürften nun Verluste ignorieren, die aus Finanzkrise oder dem niedrigen Zinsumfeld resultieren. Unternehmen könnten höhere Dividenden ausschütten, selbst wenn die Marktwerte nahelegen, dass sie ihre Verpflichtungen gegenüber den Versicherten nicht erfüllen werden können, heißt es in seinem Bolg.

Übergangsfrist für Lebensversicherer

Eine Übergangsregelung soll laufende Lebensversicherungsverträge schonen. Innerhalb einer Übergangsfrist von 16 Jahren sollen die Kapitalanforderungen für Altverträge nach und nach an den Solvency II-Standard angeglichen werden. Das Maßnahmenpaket sieht auch vor, dass Versicherungen kurzfristige Marktvolatilitäten nicht unmittelbar in den Bilanzen abbilden müssen. Lebensversicherern werde unter Solvency II zudem erlaubt, nur 4,5 Prozent ihrer Anlagen als Eigenkapital vorzuhalten, ergänzt Giegold.

Aus seiner Sichtbedeutet dies, dass - gegen den Ratschlag des Europäischen Rates für Systemrisiken - Versicherungsunternehmen in guten Zeiten keine Rücklagen bilden müssen, um stabiler durch schlechte Zeichen zu kommen. Wer dieses Privileg künftig nutzt, dem will Giegold besonders auf die Finger schauen: „Ich persönlich werde dafür sorgen, dass alle Unternehmen, die die vereinbarten Privilegien nutzen, auf einer Website an den Pranger gestellt werden. Auf der Website werden auch die betreffenden Marken und die fehlenden Milliarden veröffentlicht. Damit können und müssen nun die Kundinnen und Kunden entscheiden.“

GDV begrüßt Entscheidung des Europa-Parlaments

Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) begrüßt die Verabschiedung der Umsetzungsrichtlinie Omnibus II durch das Europäische Parlament. Damit ist die Europäische Kommission nun der Lage, die in Regelungen aus Omnibus II zu konkretisieren, damit Solvency II wie geplant am 1. Januar 2016. Ihre Vorschläge wird sie voraussichtlich im Sommer veröffentlichen.

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Die Detailanforderungen, welche die Kommission nun ausformuliert, sollten sich vollständig in den politischen Kompromiss vom November einfügen und insbesondere die Regeln zur Bewertung langfristiger Garantien bestätigen, fordert der Verband. Der GDV dringt zudem bei allen Maßnahmen auf die Einhaltung des Proportionalitätsprinzips, wie es im Omnibus II-Kompromiss verankert ist. Die Anforderungen aus Solvency II müssen sich demnach an der Größe der Unternehmen sowie an Art, Umfang und Komplexität der von ihnen eingegangenen Risiken orientieren. Dieses Prinzip solle in den delegierten Rechtsakten konsequent umgesetzt werden.

Giegold / Balz / Europaparlament / GDV