Flexibel in Rente gehen - brauchen wir das schwedische Rentenmodell?
Rente - Nach skandinavischem Vorbild sind auch in Deutschland immer mehr Politiker für eine Flexi-Rente, die einen flexiblen Rentenbeginn zulässt. In Skandinavien ist dies längst Usus. So haben die Schweden bereits vor 15 Jahren ein Altersvorsorgesystem eingeführt, das ohne eine feste Altersgrenze für den Rentenbeginn auskommt. Es ist zudem bis heute immun gegen Konjunkturrisiken und den demographischen Wandel.
Das schwedische Rentenmodell verbindet ein Umlageverfahren mit kapitaldeckenden Elementen. Der Beitragssatz beläuft sich auf insgesamt 18,5 Prozent für die „Einkommensrente“ und die „Prämienrente“.
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Das Renteneintrittsalter bleibt in Schweden einem jeden selbst überlassen und liegt zwischen 61 und 67 Jahren. Im Schnitt gehen die Schweden zwei Jahre später in Rente als die Deutschen. Die Norweger haben seit 2011 sogar eine noch größere Zeitspanne und gehen zwischen 62 und 75 Jahren in den Ruhestand.
Auch in Deutschland wünschen sich, einer Untersuchung des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA) zufolge, mehr als zwei Drittel aller Bürger ein flexibles Renteneintrittsalter. Somit gewinnt die Flexi-Rente auch in Deutschland stetig an Befürwortern.
Nach dem Beschluss der „Rente mit 67“ nimmt diese Diskussion wieder mehr und mehr Fahrt auf. Nicht zuletzt, da einige Beschäftigte ihren Beruf nicht bis in dieses hohe Alter ausüben können, so zum Beispiel der Dachdecker. Darüber hinaus gehen die Meinungen der Beschäftigten auseinander, wann sie in Rente gehen möchten. Manch einer möchte bereits ab 60 einen geruhsamen Lebensabend verbringen, ein anderer lieber bis 70 arbeiten.
Deutsches Rentensystem bietet nur wenig Flexibilität
In Deutschland liegt die gesetzlich festgelegte Altersgrenze für den Renteneintritt aktuell bei 65 Jahren und drei Monaten. Beschlossen wurde nun ein schrittweiser Anstieg auf 67 bis zum Jahr 2029. Ist man bereit, dauerhafte Rentenabschläge zu akzeptieren, so ist ein früherer Rentenbeginn möglich. 0,3 Prozent der Rente werden je Monat abgezogen, den man früher geht. So werden beispielsweise 14,4 Prozent von der Rente abgezogen, wenn man mit 63 in den Ruhestand geht.
Ein Luxus für diejenigen, die es sich leisten können und möchten. Ein Muss für diejenigen, die vorher arbeitslos waren und daher zu diesem frühestmöglichen Termin in Rente gehen müssen. Beschäftigte mit nachweisbar 45 Versicherungsjahren in der Rentenversicherung können weiterhin mit 65 Jahren ohne Abschlag in den Ruhestand gehen.
Wenn es nach der Koalition geht, sollen von Juli an Arbeitnehmer mit 45 Beitragsjahren bereits mit 63 Jahren in Rente gehen können. Arbeitslosigkeit und Zeiten für die Kindererziehung werden hierbei berücksichtigt. Einigkeit herrscht bei den Koalitionspartnern darüber, dass eine Frühverrentungswelle zu vermeiden ist. Dadurch würden wertvolle Fachkräfte verloren gehen.
Einen Vorstoß hierzu macht Carsten Linnemann, Vorsitzender der CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung. Er möchte die Beschäftigung von Menschen ab dem Erreichen der Regelaltersgrenze für Arbeitgeber attraktiver machen. Er schlägt vor, die Arbeitnehmer bei diesem Personenkreis von Sozialbeiträgen zu befreien und den Abschluss von befristeten Arbeitsverträgen zu ermöglichen.
Die Deutschen haben individuelle Renten-Bedürfnisse
Christian Lindner, Vorsitzender der FDP, sagte kürzlich auf dem Parteitag in Dresden: „Die Debatte über die Rente mit 67, mit 63 oder mit 70 versucht unverändert, Menschen in die Schablone des Wohlfahrtstaats zu drücken, in die sie nicht mehr hineinpassen.“
So setzte sich die FDP bereits 2009 im Wahlkampf für einen flexiblen Rentenbeginn ein. Danach könnte jeder Arbeitnehmer selbst entscheiden, wann er in Rente gehen möchte – ob mit 60 oder erst mit 70 Jahren.
Auf das schwedische Modell verweist die FDP in ihrem Parteitagsbeschluss und sagt: „So wenig, wie wir in Deutschland Einheitsbürger haben, so wenig haben wir Einheitsrentner.“ Wann und wie man in Rente geht, sollte ab dem 60. Lebensjahr jeder Versicherte selbst entscheiden dürfen. Auch ein Festsetzen der Beitragsjahre ist laut FDP nicht sachgerecht: „Es ist nicht einzusehen, warum ausgerechnet mit 45 Beitragsjahren im Büro ein vorzeitiger Renteneintritt winkt, mit 44,5 Jahren harter, körperlicher Arbeit aber nicht.“
Als einzige Voraussetzung sieht die FDP bei einem frühen Renteneintritt die finanzielle Grundsicherung der Rentner. Das Einkommen aus gesetzlicher, betrieblicher und privater Altersvorsorge müsste danach über dem Grundsicherungsniveau liegen. Mit der durchschnittlichen Lebenserwartung soll dann die Ausgangshöhe der Rente berechnet werden. So könne jeder seine Rentenhöhe selbst bestimmen. Ein weitere positiver Aspekt wäre dabei, dass jede Generation ihre Kosten damit selbst trägt und diese nicht der nachfolgenden Generation aufbürdet.
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In die Frührente gehen auch die Schweden mit der Flexi-Rente nicht abschlagsfrei. So bekommt man 28 Prozent weniger Rente, wenn man statt mit 65 schon mit 61 Jahren in Rente geht. Diese hohen Rentenabschläge halten viele Schweden von einer Frührente ab. Schwedische Männer arbeiten einer OECD-Statistik zufolge im Schnitt bis zu einem Alter von 66,1 Jahren. Innerhalb Europas bedeutet dies eine Spitzenposition, die Deutschen liegen mit durchschnittlich 62,1 Jahren deutlich darunter.