Für die Rente mit 63 muss ein Arbeitnehmer 45 Beitragsjahre nachweisen. In Fällen ohne Arbeitslosigkeit dürfte es mit der Auszahlung laut dem Präsidenten der Deutschen Rentenversicherung, Axel Reimann, ohne Verzögerungen klappen. Dies betrifft etwa zwei Drittel aller Rentenanträge. Bei dem restlichen Drittel wird es etwas komplizierter, da die 45 Beitragsjahre Arbeitslosigkeit beinhalten. Hierzu liegen laut Reimann der Rentenversicherung nicht alle Informationen vor, was zum Teil sehr aufwändige Recherchen nach sich zieht. Daher könnte sich in diesen Fällen die Auszahlung verzögern.

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Bei diesen Recherchen muss die Rentenversicherung die Zeiten der Arbeitslosigkeit in Erfahrung bringen. Problem: Die für die Prüfung notwendigen Daten liegen der Rentenversicherung nicht vor. Daher ist die Behörde auf die Mithilfe der Versicherten und der Krankenkassen angewiesen. Und das kann dauern, nicht zuletzt da bislang bereits 6.000 Rentenanträge für die Rente ab 63 bei der Rentenversicherung eingingen. Nach der Klärung werden die Renten dann rückwirkend ausbezahlt.

200.000 Rentenanträge für die Rente ab 63 erwartet

Im Einführungsjahr der Rente ab 63 rechnet die Bundesregierung mit 200.000 Rentenanträgen von Pflichtversicherten. Hierzu könnten noch 40.000 freiwillig Versicherte hinzukommen. Laut Aussage des Rentenpräsidenten könnten diese Zahlen aber auch übertroffen werden.

Eine zusätzliche Welle von Frühverrentungen mit 61 oder 62 Jahren will die Bundesregierung mit einem Kompromiss verhindern. Dieser sieht vor, dass im Regelfall in den letzten zwei Jahren vor Renteneintritt in den vorgezogenen Ruhestand Zeiten der Arbeitslosigkeit nicht berücksichtigt werden. Die Neuregelung der Rente wird durch Rentenbeiträge finanziert, was die Rentenversicherung für problematisch hält.

Finanzierung der Mütterrente in der Kritik des Rentenpräsidenten

Scharfe Kritik erhält die Mütterrente von Rentenpräsident Reimann. Laut seiner Aussage gibt es neben einer erheblichen Umverteilung von den Jüngeren zu den Älteren auch eine Umverteilung innerhalb der Generation. Dabei seien sich viele nicht darüber im Klaren, dass sowohl die Verbesserung der Mütterrente, als auch die Rente ab 63 neben den Beitragszahlern auch die Rentner belastet. Bis zum Jahr 2030 haben Rentner eine um 1,6 Prozent geringere Standardrente als ohne die Reform. Umgerechnet nach heutigen Werten entspricht dies etwa 20 Euro, die ein „Standardrentner“ im Monat weniger zur Verfügung haben wird. Darüber hinaus werden die Beiträge schneller als ursprünglich kalkuliert steigen.

Kann der Mindestlohn eine Verbesserung bringen?

Vor einer steigenden Altersarmut warnt der Präsident der Deutschen Rentenversicherung. Gerade Arbeitnehmer im Niedriglohnbereich erwerben mit ihren Rentenbeiträgen zwangsläufig nur einen geringen Rentenanspruch. Bei dauerhaft niedrigem Einkommen ist diese Arbeitnehmergruppe stark von der Altersarmut bedroht.

Zum Teil kann der Mindestlohn hier eine Verbesserung bringen. Ein Arbeitnehmer, der aber dauerhaft auf dem Mindestlohnniveau Beiträge bezahlt, wird im Alter kaum über die Grundsicherung kommen. Dies betrifft auch viele Selbstständige und Freiberufler mit einem geringen Einkommen. Diese Berufsgruppe sorgt oftmals nicht ausreichend fürs Alter vor, weshalb sich viele für eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung aussprechen, sollte jemand nicht anderweitig abgesichert sein.

Die geplante solidarische Lebensleistungsrente sieht Reimann skeptisch. Diese sollen, seiner Meinung nach, langjährig Versicherte in einer Höhe von 850 Euro erhalten, wenn sie diesen wirklich benötigen und nicht zusätzlich von einem Einkommen des Ehepartners oder Lebensgefährten in einer eheähnlichen Gemeinschaft profitieren. Ob Menschen zusammenleben, wolle die Rentenversicherung aber nicht untersuchen, da dies laut Reimann die Akzeptanz der Deutschen Rentenversicherung nicht verbessern würde. Darüber hinaus wäre der Gang zum Sozialamt in vielen Fällen ohnehin unumgänglich, da die Grundsicherung vielerorts über 850 Euro liegt.

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Bürokratische Doppelstrukturen sind laut Reimann unbedingt zu vermeiden, ebenso das Vermischen von Rentenversicherung und Grundsicherung. Er macht sich darüber hinaus für eine weitere Zusammenfassung von Renten in West- und Ostdeutschland stark, die nach 25 Jahren Einheit immer noch sehr unterschiedlich sind.

Süddeutsche Zeitung