Eigentlich haben sich die deutschen Unternehmen dazu bekannt, per Selbstverpflichtung mehr Frauen einen Vorstandsposten anzubieten. Dass zwischen Anspruch und Wirklichkeit eine große Lücke klafft, zeigt eine aktuelle Auswertung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin. Nur 5,5 Prozent der Vorstände in Dax-30-Unternehmen sind demnach weiblichen Geschlechts. Und der Trend geht sogar dahin, dass der Frauenanteil in Vorständen weiter sinkt: Ende vergangenen Jahres waren noch 6,3 Prozent der Führungskräfte Frauen.

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Lediglich zehn Frauen in Dax-Vorständen

„Erneut bestätigt sich, dass eine nachhaltige Veränderung hin zu mehr Frauen in Vorständen der großen börsennotierten Unternehmen kein Selbstläufer ist“, sagt Elke Holst, Forschungsdirektorin Gender Studies am DIW Berlin. So seien derzeit lediglich zehn der insgesamt 183 Vorstandsmitglieder in den untersuchten Dax-Firmen weiblichen Geschlechts. Als Vorstände ausgeschieden ist in der ersten Hälfte 2014 Elke Strathmann bei Continental, Marion Schick bei der Deutschen Telekom und Angela Titzrath bei der Deutschen Post. Neu hinzugekommen ist hingegen Dr. Doris Höpke beim Versicherungsgiganten Munich Re.

Weitaus besser sieht die Situation in den Aufsichtsräten der Dax-Unternehmen aus. Hier konnten die Ökonomen einen Anstieg des Frauenanteils beobachten – um 2,8 Prozentpunkte auf nun 24,7 Prozent. Insgesamt lässt sich in den Kontrollgremien ein positiver Trend beobachten, wächst doch der Frauenanteil um durchschnittlich knapp 3 Prozentpunkte pro Jahr. „Diese positive Entwicklung zeigt, dass verstärkte Bemühungen um mehr Frauen in Aufsichtsräten durchaus erfolgreich sein können“, so Holst.

Allianz und Munich Re erfüllen Frauenquote in Aufsichtsräten von 30 Prozent

Die seitens der Politik geplante Geschlechterquote, die einen Frauenanteil in Aufsichtsräten in Höhe von mindestens 30 Prozent vorsieht, haben unterdessen bereits zehn der DAX-30-Unternehmen erreicht: Commerzbank, Adidas, Allianz, Deutsche Bank, Deutsche Post, Deutsche Telekom, Deutsche Lufthansa, Merck, Munich Re und Henkel. Zwei Unternehmen haben keine einzige Frau im Aufsichtsrat: Fresenius Medical Care und Fresenius.

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Die Frauenanteile sind auf der Arbeitnehmerseite der Kontrollgremien derweil noch immer höher als auf der Kapitalseite. In sieben der DAX-30-Unternehmen (Deutsche Börse, Deutsche Lufthansa, Deutsche Post, Deutsche Telekom, Henkel, Merck, Munich Re) besteht die Arbeitnehmervertretung mittlerweile zur Hälfte aus Frauen. Die Kapitalseite holt aber auf: Mittlerweile entsendet sie mit 48 von insgesamt 109 fast die Hälfte aller Aufsichtsrätinnen der DAX-30-Unternehmen.

“Männliche Monokulturen überwinden“

Doch wie geht es weiter für Frauen in Vorständen? „Ich bin zwar zuversichtlich, dass es sich bei dem Rückgang des Frauenanteils in den Vorständen um ein vorübergehendes Tief und nicht um einen generellen Rückwärtstrend handelt“, sagt Elke Holst. In zwei Dax-Unternehmen dürften demnächst wieder zwei Vorstandsposten an Frauen vergeben werden. „Dennoch bedarf es großer Schritte, um die männlichen Monokulturen in den Vorständen in absehbarer Zeit zu überwinden.“ Den zunehmend mit Frauen besetzten Aufsichtsräten kämen hierbei eine wichtige Rolle zu.
DIW Berlin