Social Media in der Versicherungsbranche - die 18 Monate-Analyse
Als ich mich mit „As im Ärmel“ selbstständig machte um Versicherungen beim Thema „Social Media“ zu unterstützen, hörte ich immer wieder Fragen wie: „Ist Social Media nicht einfach nur ein neuer Hype?“ oder „Wollen Menschen auf Facebook wirklich Fans von Versicherungen sein?“
Da ich noch nicht die Reputation besaß, dass man meinen Worten vertraute, benötigte ich Zahlen, Daten, Fakten die das untermauern was ich sagte. Nur leider gab es keine aussagekräftigen Zahlen für die deutschsprachige Versicherungsbranche im Social Web.
Anzeige
Somit hab ich aus der Not heraus einfach selbst begonnen die Assekuranz zu analysieren und branchenspezifische Kennzahlen zu erheben. Mittlerweile verfolgt „As im Ärmel“ die Social Media Aktivitäten von über 200 Versicherungen und kann auf der Basis von fast 800 Social Media Profilen argumentieren. Obwohl man unserer Beratung inzwischen auch ohne Zahlen vertraut, erheben wir unsere Zahlen weiterhin kontinuierlich.
Denn zum einen sind die Monatsanalysen zu einem Standbein von „As im Ärmel“ geworden, da immer mehr Versicherungen, Krankenkassen, Verbände und Fachmedien auf unsere Zahlen vertrauen und unserer Hilfe einen Überblick über die Entwicklungen der Assekuranz 2.0 behalten. Zum anderen können wir mit unserer Datenbasis Langzeitentwicklungen der Versicherungsbranche in den einzelnen Netzwerken, um fundierte Zukunftsprognosen abzuleiten. Und genau dies werden wir im Folgenden für Facebook, Google+, YouTube, Twitter und Xing tun.
Schauen wir uns zuerst jeweils die Reichweitenentwicklungen innerhalb der Netzwerke, im Zeitraum von Januar 2013 bis Juli 2014, an. Im Anschluss werde ich auf dieser Grundlage zu jeder Plattform eine Einschätzung abgeben, wie relevant sie aus meiner Sicht für die Kundenkommunikation bzw. das Versicherungsmarketing ist.
Den ausführlichen Blogartikel zu dieser Langzeitanalyse, mit noch mehr Daten und eine Beschreibung der Erhebungsmethode, finden Sie auf dem Blog "As im Ärmel".
Facebook: Der blaue Riese
Die Analyse zeigt, dass die Versicherungsbranche mittlerweile nicht nur 2,3 Millionen Fans auf Facebook erreicht, sondern auch, dass sie sich monatlich relativ konstant um durchschnittlich 5,47 % steigert. Natürlich wissen Sie, genauso gut wie wir, dass die Fanzahl nicht die direkte Reichweite angibt, da nach dem Facebook-Algorithmus nicht jeder Fan jede Nachricht erhält. Allerdings müssen wir trotzdem festhalten, dass 2, 3 Millionen Facebooknutzer von sich aus Fan einer Versicherung geworden sind und sich somit einverstanden erklärten die Inhalte zu erhalten. Somit kann die Frage „Wollen Menschen auf Facebook wirklich Fans von Versicherungen sein?“ eindeutig mit „Ja.“ Beantwortet werden.
Einschätzung: Facebook hat sich nicht nur im Allgemeinen als DAS Soziales Netzwerk etabliert, sondern ist aktuell auch der Kanal, in dem Versicherer die mit Abstand größte Reichweite erzielen. Auch wenn aller paar Monate ein Ende der Dominanz prognostiziert wird und neue Plattformen wie „WhatsApp“ oder „Snapchat“ als potentielle Thronfolger gehandelt werden, deutet aktuell nichts darauf hin, dass Facebook an Relevanz verliert. Ganz im Gegenteil zeigt sich, dass sich das Netzwerk immer stärker im Internet verwurzelt und beständig an Einfluss gewinnt. Dass dies auch für die Versicherungsbranche gilt, zeigt nicht zuletzt die strategische Kooperation der AXA mit dem blauen Riesen. Versicherungen sollten somit genug Ressourcen für die Kommunikation und den Ausbau der Kommunikation auf Facebook bereitstellen und mittelfristig CRM-Strategien entwickeln, um für Kunden auch in dem Medienkanal erreichbar zu sein, in dem sie sich am meisten aufhalten.
Google+: Die SEO-Geisterstadt
Die Versicherungsbranche erreicht mittlerweile mehr als 57.000 Follower auf Google+. Betrachtet man die Entwicklung über die vergangenen 18 Monate, so scheint es auf den ersten Blick, als würde die Reichweite rasant wachsen und Versicherungen auf Google+ immer mehr angenommen werden. Auf den zweiten Blick muss man allerdings erkennen, dass dies ein Irrtum ist. Denn die Gesamtreichweite der Versicherungsbranche hat sich zwar um fast 500% gesteigert, aber hierfür sind zum größten Teil die Techniker Krankenkasse und R+V verantwortlich. Beide Versicherungen vereinigen zusammen 68% aller Follower auf sich.
Einschätzung: Auch 3 Jahre nach seinem Launch ist Google+ (noch) kein relevantes Netzwerk zur Kundenkommunikation und es zeichnet sich derzeit auch kein Grund ab, warum sich das ändern sollte. Allerdings bedeutet dies nicht, dass Google+ für das Marketing irrelevant ist. Denn das Googlenetzwerk ist logischer Weise sehr stark im Googleversum und damit auch in der Google-Suche verankert. Aus SEO-strategischen Gründen darf eine Google+Präsenz somit nicht fehlen und unseren Erfahrungen nach, ist es außerdem förderlich, wenn diese Google+Präsenz auch ab und an Inhalte veröffentlicht. Mehr, als einen SEO-Boost kann man jedoch aktuell nicht erwarten und sollte auch dementsprechend agieren.
YouTube: Der unterschätzte und schlafende Riese
Blickt man auf die Reichweite der Versicherungsbranche auf YouTube, so muss man feststellen, dass alle Kanäle zusammen bis zum Juli 2014 nur 20.275 Abonnenten erzielt haben. Die monatlichen Abonnenten steigen zwar kontinuierlich, aber in Anbetracht der geringen Zahlen ist die Steigerungsrate von 6 – 7 % auch nicht besonders bemerkenswert. So gesehen scheint YouTube zu Recht von der Versicherungsbranche stiefmütterlich behandelt zu werden.
Im Gegensatz zu den anderen Social Media Plattformen ist die Reichweite, in Form von Abonnenten, bei YouTube allerdings weniger entscheidend für die Einschätzung der Relevanz. Denn YouTube ist nicht nur das zweitgrößte Social Network der Welt, sondern auch die zweitgrößte Suchmaschine und die mit Abstand größte Videoplattform der Welt. YouTube bietet die perfekte Infrastruktur, damit Videoinhalte auch außerhalb der Plattform zirkulieren und eingebunden werden können. Die tatsächliche Reichweite der Versicherungsbranche zeigt sich somit weniger anhand der Abonnenten, sondern vielmehr an der Anzahl der Videoaufrufe. Und diese liegt monatlich für die Versicherungs-Kanäle insgesamt bei mehreren Millionen (zuletzt bei 5,3).
Einschätzung: YouTube ist schon heute ein integraler Bestandteil des Internet und wird in Zukunft (im Jahr 2018 soll der Anteil an Videoinhalten 80% des gesamten Internet-Traffics umfassen) in seiner Bedeutung noch zunehmen. Obwohl Versicherungen sowohl YouTube an sich, als auch Videoinhalte sträflich vernachlässigen, werden ihre Videos schon heute millionenfach aufgerufen. Da Internetnutzer lesefaul sind und wenn sie die Wahl haben, dann dem Bewegtbildinhalt stets den Vorzug gegenüber einem Textinhalt geben, stellt sich nicht mehr die Frage, ob, sondern nur noch wann Versicherungen verstärkt auf Videos setzen. Denn gerade für erklärungsbedürftige Themen wie Versicherungsprodukte bieten sich das Medium förmlich an.
Damit die Videoinhalte die größtmögliche Reichweite erzielen steht es dann außer Frage, dass YouTube in den Fokus des Versicherungsmarketings rücken wird.
Twitter: #nötig?
Auf Twitter erreicht die Versicherungsbranche mittlerweile 105.310 Follower. Nach Facebook ist es unbestritten das Netzwerk in dem die Versicherungsbranche die größte Reichweite erzielt. Allerdings müssen wir auch feststellen, dass sich die Anzahl der Follower in den vergangenen 18 Monaten nur um durchschnittlich 2,9 % pro Monat gesteigert hat. Es stellt sich damit die Frage: Ist für die Assekuranz der Zenit im Kurznachrichtendienst schon erreicht, oder ist Twitter vielleicht überhaupt nicht der richtige Kanal zur Kundenkommunikation?
Einschätzung: Die Antwort auf beide Fragen lauten meiner Meinung nach: „Ja.“ Denn zum einen ist Twitter in Deutschland immer noch nicht angekommen. Neben Facebook wird der Kurznachrichtendienst zwar stets reflexartig genannt, wenn über „Social Media“ gesprochen wird, aber ganz besonders in Deutschland hat er nicht annähernd die Nutzerzahlen wie der blaue Riese. Zum anderen sind Versicherungsthemen, wie jeder weiß, sehr beratungsintensive Themen und somit auch von ihrer Natur aus nicht für 140 Zeichen geeignet. Twitter macht für Versicherungen zweifellos Sinn, um mit Fachjournalisten und -medien der Versicherungsbranche in Kontakt zu bleiben. Aber einen Versicherungs-Account zur Kundenkommunikation zu betreiben, sollte auch in Zukunft keine allzu hohe Priorität besitzen.
Xing: Der Inhalt ist irrelevant
Auf Xing erzielen alle Unternehmens-Seiten im Juli 2014 zusammen 68.278. Betrachtet man die Entwicklung der Reichweite im Vergleich zu den anderen 4 Plattformen, so zeigt sich, dass das Business-Netzwerk nicht nur das geringste Wachstum verzeichnet, sondern mit durchschnittlich 1,9% Wachstum pro Monat fast schon stagniert.
Einschätzung: Im März hat das Business-Netzwerk neue Unternehmensprofile eingeführt und gleichzeitig dafür gesorgt, dass nur noch Unternehmen abonniert werden können, die auch Unternehmensnachrichten veröffentlichen. Eigentlich hätte das durchschnittliche Wachstum von da an stärker als zuvor sein müssen, da alle Versicherungen, die keine Inhalte veröffentlichen nicht mehr in die Analyse einfließen und somit den Durchschnitt drücken können. Denn man sollte annehmen, dass Profile, welche Inhalte veröffentlichen mehr Zuspruch erhalten, als solche die das nicht tun.
Anzeige
Das Gegenteil ist eingetreten. Ganz offensichtlich werden Versicherungen auf Xing nicht wegen ihrer Inhalte abonniert. Und eigentlich überrascht dies auch nicht, denn das Business-Netzwerk ist primär keine Kommunikations- sondern eine Informationsplattform und somit auch weniger zur Kundenkommunikation geeignet. Xing wird zwar auch in näherer Zukunft noch DAS Adressbuch für Geschäftskontakte im D-A-CH-Raum bleiben, aber auch nicht mehr werden. Es übernimmt schlicht und einfach die Funktion, die früher eine Visitenkartenbox hatte und sollte mit ähnlich viel Aufwand bedacht werden.