Der Makler darf selbst entscheiden, welche Vergütung er wählt
Die Beratung gegen Honorar wird von immer mehr Maklern in der täglichen Arbeit genutzt. Viele Makler schreiben Rechnungen selbst, ohne den administrativen Aufwand zu berücksichtigen. Aber: in welchem Umfang dürfen Makler überhaupt gegen Honorar beraten? Ist hierfür die Gewerbeordnung nach 34d GewO ausreichend? Sven Stopka hat Michael Hillenbrand, Vorstand der Deutschen Verrechnungsstelle für Versicherungs- & Finanzdienstleistungen AG (dvvf) in Würzburg interviewt. Das Unternehmen unterstützt Versicherungsvermittler und Versicherer bei der Umsetzung von alternativen Vergütungsmodellen.
Versicherungsbote: Sehr geehrter Herr Hillenbrand, dürfen Versicherungsmakler mit einer Zulassung nach 34d GewO den Endverbraucher gegen Honorar beraten und unter welchen Bedingungen dürfen sie es? Es gibt immerhin die Behauptung, dass Makler mit einer derartigen Erlaubnis nicht gegen Honorar beraten dürfen.
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Michael Hillenbrand: Diese Behauptung ist so isoliert blanker Unsinn! Das Problem liegt darin, dass gewisse Verkehrskreise den Makler von der Courtage abhängig halten wollen. Deshalb wird immer wieder erläutert: Beratung gegen Honorar ist nicht zulässig. Ausnahmen bei Gewerbekunden sind im Paragraph 34 d der Gewerbeordnung festgeschrieben.
Fest steht aber: Der Makler darf im Rahmen der Gewerbefreiheit selbst entscheiden, welche Art der Vergütung er wählt. Wenn der Makler sein Gewerbe „Tätigkeit als Versicherungsmakler“ (= idR Versicherungsvermittlung) ausübt, muss er zwangsläufig beraten. Das sieht §§ 61 ff des Versicherungsvertragsgesetzes vor. Wenn er dabei auch rechtlich berät, weil der Kunde diese Informationen zur Entscheidungsfindung braucht, dann darf er auch dies. Die Frage, ob sich der Makler vom Versicherungsunternehmen via Courtage, oder vom Versicherungsnehmer via Honorar bezahlen lässt, ändert nichts daran. Nötige Rechtsberatungen sind als Nebenleistung von § 5 RDG legitimiert – auch wenn dafür ein Honorar genommen wird.
Handelt es sich nicht um einen Verbraucher, kann die Rechtsberatung sogar als Hauptleistung erfolgen. Das heißt, der Makler liefert nur eine isolierte Rechtsberatung. Eine Vermittlung (das ist die Hauptleistung im Normalfall) ist hier nicht beabsichtigt und vom Kunden nicht gewünscht. Hier kann der Versicherungsvermittler also Verträge prüfen, Versorgungsordnungen erstellen (obwohl auch das immer wieder bestritten wird – weil einige Rechtsberater diesen Markt gerne für sich hätten) usw.
Versicherungsbote: Gibt es Grenzfälle, in denen einem Makler mit einer Zulassung nach 34d GewO keine Beratung gegen Honorar erlaubt ist?
Michael Hillenbrand: Der Grenzfall ist dort zu finden, wo der Makler seine übliche Tätigkeit verlässt:
- a) Er hilft einem Kunden beim Durchsetzen von Schadenersatzansprüchen
- b) Er berät den Kunden zum Thema Gewerbesteuer
- c) Immer wenn sich aus dem Sachzusammenhang ergibt, dass der Kunde Verbraucher ist und nur eine Rechtsberatung erbracht werden soll, ohne dass die übliche Tätigkeit des Maklers (Vermittlung, Betreuung, Hilfe im Schadenfall) zumindest in Aussicht steht.
Wir wiederholen das Beispiel und lassen das Angebot der Vermittlung weg: „…ich zeig Ihnen jetzt einmal, wie schlecht Ihr Bedingungswerk ist, damit Sie sich besser und idR preiswerter versichern können. Dazu erstelle ich eine Synopse…das kostet 500,- €. Wenn Sie dann eine Vermittlung haben wollen, gehen Sie am besten zum Kollegen…“ Hier ist die Hauptleistung die Beratung. Eine Vermittlung wird nicht angeboten. Das geht dann nur bei Nichtverbrauchern.
Versicherungsbote: Der Makler gilt als Sachverwalter seines Kunden. Verpflichtet ihn das nicht geradezu, Beratungsleistungen gegen Honorar anzubieten? Schließlich soll sich die Beratungsleistungen an den Bedürfnissen des Kunden orientieren, nicht an der gezahlten Courtage für ein vermitteltes Produkt.
Michael Hillenbrand: Jeder der lange genug in der Branche ist, war schon einmal in der Situation, dass er dem Kunden mehrere Alternativen bieten konnte und die für den Kunden beste Alternative „verflixt weh getan hat“, weil die Courtage marginal im Verhältnis zu den weniger passenden Alternativen war. Nicht jeder Kollege wählt dann die Variante mit dem größten Kundennutzen!
Mit Honorarmodellen lässt sich dieser Interessenkonflikt auflösen. Ich kann dem Kunden eröffnen, dass es eine bessere Variante gibt und zusätzlich zur Mini-Courtage ein Honorar vereinbaren. Wer sich dabei etwas geschickt anstellt, gewinnt überdurchschnittlich treue Kunden und verdient deutlich mehr! Dazu muss ich aber den Mut haben frei und offen mit dem Kunden zu sprechen. Statt Ihn mit dem Unrat voll zu müllen, den Versicherungsunternehmen in ihren Produktschulungen verbreiten, sollte Gespräch von Unternehmer zu Unternehmer, von Verbraucher zu Verbraucher, von „echtem Sachwalter zu seinem Kunden“ stattfinden. Wie man das macht, erfährt man z.B. auf den Seminaren der Deutschen Verrechnungsstelle.
Versicherungsbote: Warum sollte sich jeder Makler heute schon mit dem Thema Honoraren beschäftigen und wie sehen Sie die nächsten 3 Jahre in der Branche?
Michael Hillenbrand: Es wird über kurz oder lang keine Courtagen mehr im Markt geben. Es hängt stark davon ab, wann die Versicherer den Ballon platzen lassen. Es kommt Druck in den Markt der Lebensversicherungen. Ich kenne keinen Versicherer der sich nicht mit Honorarmodellen beschäftigt. Egal was die Versicherer sagen, die Branche bereitet sich auf einen Wechsel vor. Man sieht immer mehr Versicherer, die sich dem Thema Honorartarifen öffnen.
Ich gehe davon aus, dass in den nächsten 18-24 Monaten ein großer Versicherer Honorartarife einführen wird. Dass viele Versicherer dann nachziehen werden, erklärt sich von selbst. Schon heute könnten viele Versicherer Honorartarife (Rahmenverträge, Belegschaftstarife, Sondertarife, etc.)problemlos zur Verfügung stellen, da diese vorhanden sind. Oft wird das Argument gebracht, man hätte keine EDV dafür. Das sind oft nur Scheinbegründungen, damit auf Zeit gespielt werden kann. Keiner möchte den Vorreiter spielen.
Die Zeiten stehen durch IMD2 und MiFid2 auf Sturm. Es wird in Zukunft keinerlei hohen Courtagen mehr geben wie heute. Sollte es noch Courtagen geben, wird die Haftungszeit zum Nachteil des Vermittlers verlängert werden.
Auf der KVK Messe in Köln hatte Michael Heinz vom BVK ein Paradigmenwechsel in der Branche gefordert. Nach mehreren Berichten in den letzten Wochen werden viele Vermittler den Markt in den nächsten Jahren verlassen (müssen). Die Branche hat ein Nachwuchsproblem und hinzu kommt immer mehr Transparenz. Es wird insgesamt spannend werden.
Ich kann nur jedem Makler empfehlen sich frühzeitig mit der Umstellung und Umsetzung zu beschäftigen. Ich denke, sobald die ersten großen Unternehmen mit Honorartarifen an den Markt gehen werden innerhalb von 1 bis 2 Jahren flächendeckend Honorartarife vorhanden sein.
Versicherungsbote: Warum sollte der Makler die Rechnungen und das Controlling nicht selbst machen sondern einen externen Dienstleister wie die Deutsche Verrechnungsstelle (dvvf) nutzen?
Michael Hillenbrand: Es lohnt sich, ab der ersten Rechnung einen professionellen Dienstleister ins Boot zu holen. Gerade am Anfang werden viele Fehler gemacht. Nach vielen Jahren kann im Fall einer Betriebsprüfung die ein oder andere Rechnung kassiert werden, wenn bestimme Parameter nicht erfüllt sind. Dies kann bei der Deutschen Verrechnungsstelle nicht passieren. Denn alle relevanten Parameter werden bei der Eingabe abgefragt. 97% aller Kunden bezahlen die Rechnung der Makler sofort. Es geht bei der Zusammenarbeit mit der Deutschen Verrechnungsstelle darum, Zeit zu sparen. Wenn sie als Makler heute 10 Rechnungen verschicken, müssen sie auch verfolgen, ob diese eingegangen sind. Bei einer Vielzahl von Rechnungen wird der Aufwand erheblich. Das alles wird zu einem Preis geliefert, zu dem der Makler die Arbeit nicht selbst machen (lassen) kann.
Versicherungsbote: Was sind die nächsten Planungen der Deutschen Verrechnungsstelle?
Michael Hillenbrand: Die Deutsche Verrechnungsstelle wird sich mit dem Thema Factoring beschäftigen. Wir haben in den letzten Jahren viele Gespräche mit Factoringunternehmen geführt. Bisher ist kein Factor bereit das Risiko in der Branche zu übernehmen. Im Jahr 2015 soll ein eigenes Factoringunternehmen gegründet werden. Näheres dazu wird folgen.
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Versicherungsbote: Vielen Dank für das Interview! (Die Fragen stellte S. Stopka)
Steckbrief Michael Hillenbrand:- 2007 Lehrbeauftragter der BA Heidenheim
- 2004 Zulassung zum Versicherungsberater
- 2001 Lehrauftrag IHK Würzburg
- 1997-99 Versicherungsbetriebswirt (DVA)
- 1991-92 Versicherungsfachwirt
- 1983-85 Versicherungskaufmann
- verheiratet, 1 Kind
- geboren: 05.05.1965
- Über 20 Jahre Erfahrung im Maklerunternehmen