Stuttgarter Versicherung: Provisionsmodell ist das Gerechteste
Die Stuttgarter Versicherung hat in Kooperation mit dem Verband Deutscher Versicherungsmakler e.V. (VDVM) neue Tarife in der betrieblichen Altersversorgung auf den Markt gebracht. Eine niedrigere Abschlusscourtage für Makler sichert den Kunden höhere Rückkaufswerte zu. Anlass für Versicherungsbote, bei Ralf Berndt nachzufragen, Vorstandsmitglied der Stuttgarter Versicherungsgruppe. Warum hat sich die Stuttgarter für die Änderung des Courtagemodells entschlossen? Und wie schätzt Berndt die Zukunft der Versicherungsvermittlung gegen Provision ein?
Versicherungsbote: Beim neuen bAV-Produkt, das in Kooperation mit dem VDVM aufgesetzt wurde, haben Sie auch das Vergütungsmodell für Makler geändert. Die einmalige Vermittlungscourtage bei Abschluss des Vertrages fällt künftig niedriger aus. Dafür erhöht sich die laufende Courtage. Ist die Umstellung auf das „alternative Vergütungsmodell“ eine Reaktion auf das Lebensversicherungs-Reformgesetz (LVRG)?
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Ralf Berndt: Nein. Die Gespräche mit dem VDVM zu diesem Thema begannen bereits im Frühjahr 2013. Ausgangspunkt der Überlegungen des VDVM war der Wunsch, die Rückkaufswerte bzw. Übertragungswerte eines Lebensversicherungsvertrages gerade in den ersten Vertragsjahren spürbar zu verbessern.
Versicherungsbote: Der Höchstzillmersatz sinkt von 40 auf 25 Promille. Viele Experten gehen von einer Veränderung der Provisionsstruktur aus. Ist das veränderte Vergütungsmodell für Makler bei diesen bAV-Produkten eine Art Testballon für das zukünftige Provisionsmodell der Stuttgarter im Bereich Leben?
Ralf Berndt: Dies war nicht die Intention bei der Entwicklung der VDVM-Tarife. Wie schon unter 1. ausgeführt, war das Ziel bei der Produktentwicklung, die Kundenwerte, insbesondere in den ersten Vertragsjahren, zu verbessern. Dies gerade in dem Hinblick auf die betriebliche Altersvorsorge, vor dem Hintergrund der Tatsache, dass in der heutigen Zeit Arbeitgeber häufiger gewechselt werden als dies früher der Fall war.
Versicherungsbote: Aufgrund der veränderten Kalkulation fließt bei den neuen bAV-Tarifen ab Vertragsbeginn deutlich mehr Geld in die Bildung des Vertragsguthabens als bei anderen Tarifen. Dadurch ergeben sich höhere Rückkaufswerte in den ersten Vertragsjahren. Dies konnte auch durch die Veränderung des Vergütungsmodells erreicht werden. Wie hoch sind die Veränderungen prozentual?
Ralf Berndt: Durch die veränderte Kalkulation der VDVM-Tarife verbessern sich die Rückkaufs- bzw. Übertragungswerte in den ersten fünf Versicherungsjahren je nach Laufzeit des Vertrages zwischen 20 bis 50 Prozent.
Versicherungsbote: Insbesondere bei Lebensversicherungen sind die niedrigen Rückkaufswerte in den ersten Vertragsjahren immer wieder in der Kritik. Wäre eine ratierliche Provision eine Überlegung wert?
Ralf Berndt: Tendenziell gehen wir davon aus, dass im Markt die Summe der bisher gezahlten Gesamtvergütungen identisch bleibt, dass es allerdings bei der Verteilung dieser Gesamtvergütung Änderungen geben wird. Es ist anzunehmen, dass sich das Niveau der Abschlussprovisionen reduzieren wird und in Höhe der Differenz laufende Provisionen gezahlt werden.
Wir glauben nicht, dass eine komplett ratierliche Provision notwendig und sinnvoll ist. Bei der Beratung zum Thema "Private oder betriebliche Altervorsorge" liegt der zeitliche Hauptaufwand bis zum Abschluss des Vertrages. Deshalb ist es richtig, dass auch in Zukunft ein nennenswerter Anteil der Vergütung als Abschlussprovisionen gezahlt wird.
Versicherungsbote: Verbraucherzentralen und Kritiker der Branche sprechen oft vom provisionsgesteuerten Vertrieb. Dem könnte die Versicherungswirtschaft mit Honorarberatung, ratierlichen Provisionen oder Courtagen entgegentreten. Welche Variante ist Ihr Favorit?
Ralf Berndt: Die Stuttgarter favorisiert weiterhin ein Provisions- bzw. Courtagemodell. Dieses halten wir für das gerechteste Modell. Denn erstens bezahlt der Kunde nur dann, wenn er auch einen Vertrag abschließt. Er hat also die Möglichkeit, sich vorab verschiedene Meinungen und einen Beratungsvergleich einzuholen, ohne dabei jedes Mal ein Honorar zahlen zu müssen. Zweitens verhalten sich Provisionen relativ zu den Beiträgen. In der Regel können einkommensschwächere Haushalte weniger Beitrag aufwenden. Entsprechend niedriger fällt ihr Provisionsanteil aus. Durch das Provisionsmodell ist somit eine flächendeckende Beratung auch von einkommensschwächeren Bevölkerungsgruppen gewährleistet.
Eine stärkere Entwicklung bei der Honorarberatung wird es nach unserer Meinung flächendeckend nicht geben, da auch die Akzeptanz auf der Kundenseite, gerade im Breitengeschäft, nicht gegeben ist.
Versicherungsbote: Sind Veränderungen im Vergütungsmodell bei anderen Vorsorgeprodukten geplant?
Ralf Berndt: Wir befinden uns zurzeit mitten in der Bewertung des Lebensversicherungsreformgesetzes und den Auswirkungen hieraus in Bezug auf die Vergütung der Vermittler und auf die Produkte. Weitergehende Aussagen sind uns zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht möglich.
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Versicherungsbote: Vielen Dank für das Interview! (Die Fragen stellte Björn Bergfeld)
Steckbrief Ralf Berndt: Ralf Berndt ist seit 2002 Vorstandsmitglied der Stuttgarter Versicherungsgruppe. Vorstandsmitglied der Stuttgarter Lebensversicherung a.G., Stuttgarter Versicherung Holding AG, Stuttgarter Versicherung AG und PLUS Lebensversicherungs AG. Er ist zudem Mitglied im Vertriebsausschuss sowie im Gemeinschaftsausschuss des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V.