Es ist ein erklärtes Ziel des Lebensversicherungs-Reformgesetzes (LVRG), die Versicherungen zu einer Senkung der Vertriebskosten zu bewegen, damit der Kunde von einem höheren Deckungskapital profitiert. Vermittler fürchten nun, sie könnten alleinige Verlierer der Reform sein und zukünftig deutlich niedrigere Vergütungen erhalten. Schließlich wird der Höchstzillmersatz, der bilanziell geltend gemacht werden kann, von 40 auf 25 Promille gesenkt.

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Auf einer Diskussionsveranstaltung hat sich nun Johannes Lörper, Vorstand der Ergo Lebensversicherung AG, dazu bekannt, auch weiterhin hohe Lebensversicherungs-Provisionen zu zahlen. Laut einem Bericht des Versicherungsjournals erklärte Lörper, dass für den Außendienst erst einmal nicht mit deutlichen Provisionseinbußen zu rechnen sei.

„Stellen Sie sich nur einmal vor, man nimmt ihnen plötzlich fast 40 Prozent ihres Gehalts weg. Bei den Versicherern gibt es bereits verschiedene Modelle, um Provisionen für den Außendienst möglichst konstant zu halten“, sagte Lörper am Dienstag beim Nordbayrischen Versicherungstag der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.

Auch Ergo bastelt an neuen Provisionsmodellen

Tatsächlich sind die Versicherungen bereits dazu übergegangen, neue Provisionsmodelle zu entwickeln, in deren Rahmen die Vergütung über einen längeren Zeitraum ausgezahlt wird. Unterm Strich sollen sich keine finanziellen Einbußen für die Vermittler ergeben, argumentieren die Anbieter (Versicherungsbote berichtete).

Bei der Ergo sollen die Abschlussprovisionen nach eigenen Angaben stufenweise angepasst werden. Die zentrale Änderung beinhalte dabei die Verteilung der Abschluss- und Bestandsprovisionen. Ein Unternehmenssprecher sagte auf Anfrage von Fonds professionell: "Wenn ein Lebensversicherungsvertrag bis zum vorgesehenen Laufzeitende besteht, gleicht eine höhere Bestandsprovision dann eine geringere Abschlussprovision aus. Bei vorzeitiger Kündigung wäre das nicht der Fall".

Mit der Streckung der Provision wird auch neuen Anforderungen der Altersvorsorge Rechnung getragen. Flexible Produkte erfordern vom Vermittler eine Beratung über die gesamte Vertragslaufzeit hinweg – schließlich erlauben die Verträge etwa Geldentnahmen, Zuzahlungen oder eine Verschiebung des Rentenbeginns.

Trägt Vermittler das Risiko einer vorzeitigen Kündigung?

Doch bringt das LVRG neue Belastungen für den Vertrieb mit sich? So könnten Anbieter das Risiko einer vorzeitigen Vertragskündigung auf den Vermittler abwälzen, etwa wenn er seine bisher erzielte Vergütung nur dann erreicht, wenn der Kunde seinen LV-Vertrag bis zum Ende durchhält.

Das Problem ist keinesfalls zu unterschätzen. Laut Verbraucherzentralen werden bis zu 80 Prozent aller Policen vor Ablauf gekündigt. Nicht etwa deshalb, weil der Kunde mit Vertrag und Betreuung unzufrieden ist. Auch eine Änderung der Lebenssituation bewirkt oft, dass eine Police aufgegeben wird, etwa weil sich der Vertragsinhaber scheiden lässt oder seine Arbeit verliert. Bereits vor Inkrattreten des LVRG lastete eine Stornohaftung von fünf Jahren auf den Vermittlern.

Existenzgründung erschwert

Zudem hat der Gesetzgeber keinerlei Vorkehrungen getroffen, dass eine mögliche Provisionskürzung tatsächlich an den Kunden weitergegeben wird. Im Zweifel senken die Versicherer ihre Vergütung und stellen den Kunden trotzdem dieselben Abschlusskosten in Rechnung, um die Differenz als Gewinn einzustreichen.

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Ein weiterer Umstand stimmt skeptisch: gerade junge Makler sind bei der Existenzgründung auf ausreichend hohe Abschlussprovisionen angewiesen, um sich überhaupt erst einmal einen Kundenbestand aufbauen zu können. Im Gegensatz zur Ausschließlichkeit erhalten sie in der Regel kein Grundgehalt. Dabei plagt die Branche ein Nachwuchsproblem. Laut einer Umfrage der bbg Betriebsberatungs GmbH von Mai 2012 liegt das Durchschnittsalter der Makler bei über 50 Jahren.