Gesetzlich Krankenversicherte sollen zukünftig maximal vier Wochen auf einen Facharzttermin warten müssen. Dies gehe aus einem Gesetzentwurf des Bundesgesundheitsministeriums hervor, berichtet die Rheinische Post (Freitag). Mit dem sogenannten „Versorgungsstärkungsgesetz“ (VSG), welches dem Blatt vorliegt, wolle Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) Vereinbarungen aus dem schwarz-roten Koalitionsvertrag umsetzen.

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Überweisung vom Hausarzt für Termingarantie Pflicht

Damit Kassenpatienten eine Termingarantie erhalten, müssen sie jedoch laut Gesetzentwurf zuvor ihren Hausarzt aufsuchen. Nur mit einer Überweisung soll die Inanspruchnahme der Garantie möglich sein. Ausgenommen von der Pflicht sind Besuche beim Gynäkologen, Augen- und Kinderarzt.

Für die Vergabe der Termine sollen sogenannte Terminservicestellen eingerichtet werden. Das Problem: ein entsprechendes Netz aufzubauen, bedeutet zunächst einen bürokratischen und finanziellen Mehraufwand. Dem Gesetzentwurf zufolge müssen die Kassenärztlichen Vereinigungen diese Servicestellen betreuen, wofür sie mit den Krankenkassen kooperieren können. Spätestens sechs Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes sollen sie ihre Arbeit aufnehmen.

Verbesserung für Patienten?

Werden diese Reformen tatsächlich Verbesserungen für die Patienten bewirken - oder ist sogar mit Verschlechterungen zu rechnen? Es bleiben Fragezeichen. So bedeuten die Servicestellen eine Einschränkung der freien Arztwahl. "Die Entfernung zwischen Wohnort des Versicherten und dem vermittelten Facharzt muss zumutbar sein", heißt es lediglich in dem Entwurf. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung wendet ein, dass Patienten Wunschtermine bei ihrem Wunscharzt wollten. "Das wird mit Servicestellen natürlich nicht möglich sein."

Zudem sind auf dem Weg zu Facharzt weitere Hürden eingebaut. Eine Termin-Garantie sollen Patienten nur erhalten, wenn der Hausarzt entscheidet, dass sich ohne weiteren Arztbesuch ihr Zustand weiter verschlechtern könnte. Ohne medizinische Notwendigkeit keine Termin-Garantie. Experten befürchten, dass es damit zukünftig schwieriger wird, einen Facharzt für Vorsorgeuntersuchungen oder weniger akute Beschwerden aufzusuchen.

Im Gesetzentwurf wird das Ziel deutlich, den Zulauf zu Facharzt-Praxen zu verringern und Kosten einzusparen. Viele Patienten gehen selbst bei Zipperlein zu einem Facharzt, obwohl dies nicht nötig wäre, so eine oft vorgebrachte Klage von Politik und Ärzten. Könnte das Nebeneinander von freier Terminvergabe und Servicestellen zusätzliches Chaos in den Arztpraxen verursachen?

Krankenkassen sollen für Fehler von Hebammen zahlen

Das Versorgungsstärkungsgesetz sieht weitere Reformen vor. So müssen Patienten künftig von einer Operation mündlich darüber aufgeklärt werden, dass sie eine zweite ärztliche Meinung einholen können. Diese Aufklärung soll mindestens 10 Tage vor dem Eingriff stattfinden.

Um die Versorgungslage auf dem Land zu verbessern, sollen Ärzte Zuschläge erhalten, wenn sich in entsprechenden Regionen niederlassen. Klinik-Notaufnahmen im ländlichen Raum sollen zudem verpflichtet werden, nicht nur Notfallpatienten zu behandeln, sondern auch „normale“ Krankheiten wie Husten oder Schnupfen. Viele Kliniken sind allerdings bereits jetzt mit dem Patientenansturm überfordert.

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Auch bei der Geburtshilfe sind Neuerungen geplant. So will die Bundesregierung künftig die Krankenkassen für Fehler von Hebammen zur Verantwortung ziehen: die Regresspflicht gegenüber den Kassen könnte aufgehoben oder beschränkt werden. AOK-Chef Jürgen Graalmann wehrt sich gegen die Pläne des Gesundheitsministeriums. „Es kann doch nicht sein, dass das Risiko der privaten Haftpflichtversicherung auf die gesetzliche Krankenversicherung übertragen wird“, sagte Graalmann der BILD-Zeitung.

RP Online