Hart aber fair: Goldmark, Niedrigzins und Krise
Hart aber Fair: Die Finanzkrise ist zurück im deutschen Fernsehen! Am Montagabend diskutiere Frank Plasberg mit seinen Gästen über niedrige Zinsen und die Frage, ob die Finanzkrise uns arm mache. Das Ergebnis war nicht ohne freiwillige Komik: Die geladenen Politiker von CDU und SPD waren nur scheinbar unterschiedlicher Meinung, ARD-Expertin Anja Kohl gab die Untergangsprophetin und AfD-Chef Bernd Lucke warb für Gold-Taler.
Die Finanzkrise ist zurück! Schien sie in den letzten Wochen die deutschen Medien nur am Rande zu beschäftigen, drehte sich in der vorgestrigen „Hart aber fair“-Sendung bei Frank Plasberg alles um Niedrigzins, Euro und die stille Enteignung der Sparer. „Minizinsen und Wackeleuro – macht uns die Krise arm?“ lautete das Motto der Talk Show. Löst sich also die Altersvorsorge der Deutschen in Luft auf? Vor vierzehn Tagen hatte bereits Maybrit Illner über ein ähnliches Thema debattiert.
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Was die geladenen Gäste an Positionen zu bieten hatten, war dann aber so erwartbar wie wenig ertragreich. Zumal sich alle einig schienen, dass niedrige Zinsen nicht gut sind. SPD-Vize Ralf Stegner warb für staatliche Investitionen mit Augenmaß statt hartem Sparen – ähnlich hatten sich schon die Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrem Herbstgutachten positioniert. Eine Erhöhung der Leitzinsen lehnte er ab, dann würden europäische Krisenländer wie Griechenland noch tiefer in die Schulden rutschen. Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Ralph Brinkhaus wollte sich nicht alles schlecht reden lassen. Die Konjunktur in Deutschland sei gut, die Beschäftigungszahlen auch, ebenso die angestrebte schwarze Null bei der Neuverschuldung.
Anja Kohl sieht schwarz
ARD-Börsenexpertin Anja war die einzige Frau in der Runde – und überraschend schlecht gelaunt. Auf die Frage Plasbergs, ob sie in Gold investiere, gab sie knurrig zur Antwort: "Das würde ich Ihnen nicht sagen!" Doch schlechte Laune war nicht die schlechteste Ausgangssituation an diesem Abend, denn Kohl lockte die Männer wenigstens aus der Reserve.
200 Milliarden Euro habe die europäische Notenbank für die Rettung der Banken ausgegeben und noch immer nichts erreicht, gab Kohl zu bedenken. Und machte den Sparern wenig Hoffnung auf Besserung. „Wir haben kein Wachstum, Deflation, Schuldenberge, die weiter wachsen, wir haben Banken gerettet und werden weitere retten".
Noch immer vergeben Banken keine Kredite, klagte Kohl nicht zu Unrecht, noch immer befinde sich Europa im Krisen-Modus, Länder wie Frankreich und Italien kommen nicht voran. Und auch Mario Draghi bekam sein Fett weg. Er betreibe eine „gigantische Umverteilung der Risiken auf uns alle“, warnte Kohl mit Blick auf den deutschen Kleinsparer. Damit Banken und Schuldenstaaten stabil sind, muss der Privatanleger bluten? „Sie werfen hier eine Angstsalve nach der anderen“, entgegnete ihr CDU-Mann Brinkhaus und nannte Kohl eine „Untergangs-Kassandra“.
Bank-Funktionär verteidigt Draghi
Am überraschendsten an der Sendung war, dass ausgerechnet der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken, Michael Kemmer, die Niedrigzins-Politik von EZB-Präsident Mario Draghi verteidigte. Auch den Pessimismus von Anja Kohl wollte Kemmer nicht gelten lassen. „Die EZB kauft Zeit für Reformen. Die Länder lassen ihn dabei leider teilweise im Stich“, argumentierte Kemmer. Hatten nicht gerade die Banken zuletzt vor einer stillen Enteignung der Sparer gewarnt?
Obwohl: die Geldhäuser profitieren am meisten, wenn sie sich Geld von der Zentralbank quasi zum Nulltarif leihen können. Und so war die Befürwortung der aktuellen Reformpolitik durch einen Bank-Lobbyisten vielleicht doch nicht ungewöhnlich. Man müsse auch die aktuelle Niedrigzinsphase vor dem Hintergrund der Inflation sehen, warb Kemmer um Verständnis für Draghis Politik. „Zeiten negativer Realzinsen sind gar nicht so selten. 1992 bis 1994 war es zeitweise viel schlimmer.“
Bernd Lucke wollte Gold verkaufen
Ach ja: Bernd Lucke von der AfD war auch noch da. Wenn es um die Eurokrise geht, darf er in keiner Talk Show fehlen. Sein Auftritt war goldig – im wahrsten Sinne des Wortes. Denn der Parteivorsitzende durfte den Goldhandel im Internet anpreisen, mit dem die AfD neuerdings ihr Parteisäckel füllt. Er wolle ja keine Anlageempfehlung geben, sagte Lucke. Aber die Leute bekämen etwas Werthaltiges, wenn sie in die Gold-Taler der AfD investieren würden - „und es ist zudem günstiger, als wenn Sie Gold bei der Bank kaufen“.
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Zuvor hatte Lucke noch gewarnt, die Niedrigzins-Politik der EZB bedeute langfristig für die Bundesbürger einen Vermögensverlust von 40 Prozent – zum Beispiel, weil Lebensversicherungen Null statt 3 Prozent Rendite einbringen würden. Die Antwort auf das Krisenszenario sollen nun Gold-Mark der AfD sein? Man hätte Lucke mehr Phantasie in Sachen Investment gewünscht, bietet doch der Kapitalmarkt vielfältige Anlageoptionen. Aber auch bei der Geldanlage ist Lucke wohl ein Konservativer. So hat die Diskussionsrunde letztendlich wenigstens einem genützt – der AfD, wenn sie nach der Sendung mehr Gold verkaufen kann.