Die staatliche Versicherung genoss in der DDR das Privileg eines Monopols. Als die Russen 1945 das Zepter in der Ost-Zone in die Hand nahmen, lösten sie sämtliche Versicherungsgesellschaften auf. Die Philosophie privater Versicherungsgesellschaften passte nicht in das sozialistische Weltbild. Dennoch gab es Risiken, die versichert werden mussten. So gründeten die Sowjets mit Ihrer Machtergreifung 1918 nicht nur eine eigene Versicherung, die Gosstrakh, sie gründeten auch Versicherungsgesellschaften im Ausland, um Handelsrisiken unter anderem die eigenen Transporte abzusichern. So wurde zum Beispiel 1923 die SOVAG in Hamburg als Tochtergesellschaft der Gosstrakh gegründet.

Anzeige

Staatliche Versicherung der DDR entwickelte sich zur Cash-Kuh

Die Staatliche Versicherung der DDR entwickelte sich in der DDR rasch zur Cash-Kuh und war zur Zeit des Mauerbaus 1989 eines der attraktivsten Unternehmen der DDR. Sie war zuständig für die Versicherung von Hausrat, von privaten Haftpflichtrisiken, Lebensversicherungen, Unfallversicherungen und KFZ-Versicherungen. Darüber hinaus war sie für ca. zehn Prozent der DDR-Bevölkerung im Bereich der Sozialversicherung zuständig. Während Arbeiter und Angestellte beim Freien Deutschen Gewerkschaftsbund abgesichert waren, mussten sich Selbständige, Freiberufler, Mitglieder der Landwirtschaftlicher Produktionsgenossenschaften (LPG) und von Produktionsgenossenschaften des Handwerks (PGH) bei der Staatlichen Versicherung der DDR absichern.

Im Vergleich zu heutigen privaten Versicherungsunternehmen, hatte die staatliche Versicherung der DDR sehr geringe Kosten und vergleichsweise wenig Mitarbeiter. So hatte die DDR-Versicherung als einzige Versicherung der DDR Ende 1989 rund 13.000 Mitarbeiter, die Allianz hingegen beschäftigt heute allein in Deutschland trotz enormer Rationalisierung durch EDV-Systeme über 30.000 Mitarbeiter. Ein Grund für die geringen Kosten war sicher der schlanke Vertrieb und die geringen Ausgaben für Werbung.

Allianz übernimmt Staatliche Versicherung

Für die klammen Haushaltskassen der DDR war die Staatliche Versicherung der DDR ein wichtiger Einzahler. Mit über 30 Millionen Verträgen verfügte sie über beträchtliche Einnahmen. Die Überschüsse musste Sie an das Ministerium für Finanzen der DDR abführen. Mit Ihrer Bilanz war sie zur Wiedervereinigung der attraktivste Übernahme-Kandidat. So gründete bereits im Juni 1990 die Allianz zusammen mit der Treuhandanstalt die Deutsche Versicherungs AG und übernahm damit die Staatliche Versicherung der DDR. Der Handel war damals sehr umstritten und der GDV versuchte auf Grund des Drucks der anderen Versicherungsgesellschaften die einseitige Bevorzugung der Allianz zu verhindern. Die Allianz hatte jedoch die damalige Führungsriege der Staatlichen Versicherung schon im Januar 1990 auf Ihrer Seite, das geht aus Aussagen der damaligen Führungsmitglieder, wie dem Leipziger Hauptdirektor Günter Ullrich, hervor. Da die damaligen Führungsmitglieder der DDR-Unternehmen von der Treuhand in die Übernahmeverhandlungen eingebunden wurden, war es meist ein leichtes Spiel für die Interessenten. Immerhin lockten bei erfolgreicher Abwicklung lukrative Jobs.

Anzeige

Auch wenn die Wiedervereinigung noch lange die Historiker beschäftigen und die Geiste spalten wird, so lässt sich mit Sicherheit eines feststellen: Die Wiedervereinigung war eine Befreiung für die DDR-Bürger, denn das DDR-Regime hatte nicht nur die politische Gewalt. Durch die Monopole in der Wirtschaft war auch jedem Andersdenkenden der wirtschaftliche Spielraum genommen, um eigene Ideen und Unteressen zu verwirklichen. Die vom Kanzler der Wiedervereinigung Helmut Kohl versprochenen blühenden Landschaften sind vielerorts Wirklichkeit geworden. Teilweise sogar so sehr, dass sich mittlerweile die Bürger im Westen benachteiligt fühlen. Der Prozess der Wiedervereinigung wird in den Köpfen noch Jahrzehnte brauchen, aber bereits heute beurteilen die Menschen im Westen und im Osten die Wiedervereinigung mit überwiegender Mehrheit als positiv.