Verbraucher sollen mittels neuer Transparenzregeln und verbesserter Informationen die Risiken von Vermögensanlagen besser einschätzen können, heißt es aus dem Bundesfinanzministerium. Das Bundeskabinett verabschiedete heute ein entsprechendes Kleinanlegersschutzgesetz. Damit soll unter anderem Anlegerskandalen vorgebeugt werden, wie sie bei Prokon oder Infinus eintraten.

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„Wir erhöhen den Schutz der Verbraucher im Finanzsektor. Anleger können sich künftig noch besser informieren. Wir weiten die strikten Regeln zum Anlegerschutz auf weitere Produkte aus, verbieten irreführende Werbung und geben der Aufsicht neue Rechte. 
Die Entscheidung über eine Anlage und das damit verbundene Risiko kann nur jeder selbst treffen. Wir stellen sicher, dass dafür alle wichtigen Informationen bekannt sind“, kommentierte Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble den Kabinettsbeschluss.

Anlageanbieter müssen verstärkt informieren

Durch das Gesetz sollen insbesondere Zugänglichkeit und Aktualität von Anlageprospekten verbessert werden. Solche Prospekte werden in ihrer Gültigkeit auf 12 Monate befristet und müssen auf der Internetseite des Anbieters zur Verfügung stehen, auch in einer um sämtliche Nachträge ergänzten Fassung. Verflechtungen von Unternehmen mit den Emittenten und Anbietern einer Vermögensanlage müssen verstärkt offengelegt werden. Weiter müssen Anbieter auch nach Beendigung des öffentlichen Angebots von Vermögensanlagen alle Tatsachen unverzüglich veröffentlichen, die geeignet sind, die Erfüllung der Verpflichtungen gegenüber den Anlegern erheblich zu beeinträchtigen. Auch Anbieter von partiarischen Darlehen und Nachrangdarlehen müssen einen Prospekt erstellen.

Das Gesetz führt zudem für alle Vermögensanlagen eine Mindestlaufzeit von 24 Monaten sowie eine Kündigungsfrist von mindestens 12 Monaten ein. So soll Fällen vorgebeugt werden, in denen ein Anbieter nicht in der Lage war, eingeworbene Mittel auf Verlangen des Anlegers kurzfristig wieder zurückzuzahlen.

Werbeverbot für risikoreiche Finanzprodukte

Damit potentielle Anleger auf risikoreiche Produkte nicht allzu leicht aufmerksam werden, gelten spezielle Werbeauflagen. Im öffentlichen Raum, also etwa in Bussen und Bahnen ist Anbietern risikoreicher Anlagen künftig die Werbung untersagt. In Printmedien ist sie weiterhin erlaubt, muss jedoch einen Hinweis auf das Verlustrisiko enthalten. Zudem müsse in den sonstigen werbenden Medien ein Schwerpunkt gelegentlich auf der Darstellung wirtschaftlicher Sachverhalte liegen und die Werbung im Zusammenhang mit der Darstellung erfolgen.

Kleinanlegerschutzgesetz bedeutet für Start-ups mehr Bürokratie

Das Gesetz sieht aber auch einige Ausnahmen für die Prospektpflicht vor, unter anderem für Start-ups bei der Crowdfinanzierung. Aus Sicht des Hightech-Verbands BITKOM reichen diese jedoch nicht aus. Der Verband zeigte sich enttäuscht, dass der im Juli veröffentlichte Entwurf trotz massiver Kritik von Start-ups und Verbänden an entscheidenden Stellen nahezu unverändert übernommen worden ist und damit die Finanzierung von Start-ups in Deutschland gefährde.

„Die Bundesregierung konterkariert mit dem Gesetz ihr Ziel, Start-ups künftig besser zu unterstützen. Das Kleinanlegerschutzgesetz schafft eine Vielzahl bürokratischer Hürden für Crowdinvesting und erschwert es Start-ups, neue Investoren zu gewinnen. Gleichzeitig nimmt es Anlegern die Chance, in Start-ups zu investieren“, sagt BITKOM-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. „Investoren in Start-ups sind sich ihres finanziellen Risikos bewusst und müssen nicht auf dieselbe Weise geschützt werden wie Sparer, die in klassische Geldanlagen mit einer gewissen Sicherheit investieren wollen.“

Der Verzicht auf eine Prospektpflicht soll lediglich für Investitionsrunden bis 1 Million Euro gelten. Zudem dürfen sich Einzelinvestoren nur mit 1.000 Euro beteiligen, eine Obergrenze von maximal 10.000 Euro soll nur bei entsprechenden Vermögens- oder Einkommensnachweisen gelten. „In anderen Ländern wie Großbritannien gelten Obergrenzen, die um ein Vielfaches höher liegen“, erklärt Rohleder. „Die geplanten Einschränkungen widersprechen dem erklärten Ziel der Bundesregierung, Start-ups in Deutschland zu fördern und insbesondere ihre Finanzierung zu erleichtern.“

Auch muss man vor dem Crowdfunding ein Formblatt bereitstellen und bei der BaFin hinterlegen. Investoren müssten ab kleinsten Summen dieses Formblatt unterschrieben und an die Crowdfunding-Plattform zurücksenden.

BaFin darf Bußgeldentscheidungen online veröffentlichen

Weitere Befugnisse erhält die Bundesanstalt für Finanzaufsicht (BaFin). Auf der eigenen Website darf sie künftig bei Verstößen Maßnahmen und Bußgeldentscheidungen bekannt machen. Bei erheblichen Bedenken für den Anlegerschutz oder Gefahren für das Funktionieren oder die Integrität der Finanzmärkte kann sie den Vertrieb bestimmter Finanzprodukte beschränken oder verbieten.

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Die BaFin kann zudem die Rechnungsunterlagen eines Unternehmens des „Grauen Kapitalmarkts“ bei Hinweisen auf bestehende Missstände durch einen externen Wirtschaftsprüfer prüfen lassen. Dadurch soll der Druck auf Unternehmen erhöht werden, Bilanzierungsfehler zu vermeiden. Offenlegungsverstöße werden außerdem mit 250.000 Euro statt bisher 25.000 Euro geahndet.

Bundesfinanzministerium