Finanzberatung: Einheitliches Beratungsprotokoll der Verbraucherzentralen scharf kritisiert
Anlageberatung muss laut Gesetz protokolliert werden, damit Anleger bei Fehlberatung eine Haftungsgrundlage haben. In der Praxis funktionierte dies jedoch bisher nicht reibungslos und das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMELV) will diesen Prozess vereinheitlichen. Dazu legte u.a. die Verbraucherzentrale einen Entwurf für einheitliche Beratungsprotokolle vor. Dieser Entwurf sei jedoch eher ein Schritt zurück, kritisiert der AfW Bundesverband.
Banken und Sparkassen sind seit 2010 verpflichtet, jede Anlageberatung von Privatkunden zu protokollieren. Dies schreibt das Gesetz zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse bei Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen und zur verbesserten Durchsetzbarkeit von Ansprüchen von Anlegern aus Falschberatung vor. Auch Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) und jüngst die Finanzanlagenvermittlerordnung enthalten entsprechende Vorschriften. In der Praxis verlief die Dokumentation allerdings nicht immer reibungslos. Die Bundesregierung will die Beratungsdokumentation daher vereinheitlichen. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) lud am 11.11.2014 Vertreter aus Banken, Sparkassen und Verbraucherverbänden zu einem Symposium, um sich über einen entsprechenden Entwurf zu beraten.
Anzeige
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat in diesem Zusammenhang einen Entwurf für standardisierte Beratungsprotokolle im Finanzanlagenbereich vorgelegt. Auch wenn die Beratungsprotokolle keine Idee des Verbraucherschutzes waren, erhofft sich der vzbv durch eine Standardisierung die aktuellen Schwächen in den Griff zu bekommen, so der Verband: „Das ist nötig, um zu garantieren, dass alle wichtigen Aspekte der Beratung tatsächlich besprochen und protokolliert werden. Zudem werden die Protokolle durch einen institutsübergreifenden Standard verständlicher. Wir erhoffen uns einen positiven Einfluss auf die Qualität der Anlageberatung“, so Klaus Müller, Vorstand des vzbv.
Entwurf der Verbraucherzentralen für Beratungsprotokolle mangelhaft
Auch der AfW Bundesverband für Finanzdienstleistung unterstützt ausdrücklich die Grundidee, konkrete Mindeststandards für ein Beratungsprotokoll zu setzen, attestierte dem Entwurf jedoch erhebliche Defizite: „Unbedingt sollte auch eine Vereinfachung und Vereinheitlichung der Dokumentationsvorgaben, gern auch spartenübergreifend erfolgen. Sehr viele, sehr kluge Menschen haben in diese Idee in der Vergangenheit schon erheblich Zeit investiert. In vielen professionellen Arbeitsgruppen und Initiativen der Versicherungs- und Finanzanlagenbranche, oft in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern wurde und wird daran gearbeitet. Insofern erscheint es etwas schlicht, was hier vom vzbv in Eigenarbeit vorgelegt wurde“, heißt es in der Mitteilung des Verbandes.
„Hier wird versucht das Fahrrad nochmal zu erfinden – zu einer Zeit, da längst hervorragende, übersichtliche Vorlagen existieren. Das Problem sind aktuell nicht fehlende gute Dokumentationsvorlagen sondern die Frage, wie diese Vorlagen angewandt und ausfüllt werden. Und - deutlich gesagt: Die Vorlage des vzbv ist nicht an der aktuellen, verbraucherschützenden Gesetzeslage orientiert. Ich würde keinem Vermittler empfehlen, damit zu arbeiten“ führt AfW-Vorstand und Rechtsanwalt Norman Wirth aus.
In der Anlageberatung ein Schritt zurück
Kritisiert wird etwa der Sprachstil der Vorlage. Das Protokoll verwende „wahllos“ Anreden in der 1. Person des Kunden sowie auch in der 1. Person des Beraters und zudem die Sprache eines moderierenden Dritten. „Verständlichkeit für den Kunden geht anders“, so der AfW. Der Kunde müsse mehrfach den Anlagezweck benennen, werde jedoch an keiner Stelle über seine Erfahrungen oder Kenntnisse in Kapitalanlagen befragt. Weiter sei es nicht vorgesehen, dass der Kunde auf bestimmte Angaben verzichten könne. Dies komme einer Entmündigung gleich. Auch gesetzgeberischen Vorgaben u.a. der Finanzanlagenvermittlerverordnung wurden nicht eingearbeitet. Danach muss der Kunde in einem solchen – gesetzlich vorgesehenen - Fall explizit nochmals über daraus entstehende Risiken hingewiesen werden, so der AfW.
Zur Abfrage der Risikobereitschaft wäre eine Orientierung an dem sogenannten WpHG-Fragebogen, der in der Bankenbranche Standard ist, sinnvoll gewesen, empfiehlt der Verband. „Es fragt sich, ob dieser überhaupt beim vzbv bekannt ist. Gleiches gilt für die ganz klaren, detaillierten Vorgaben, die der Gesetzgeber den unabhängigen Finanzanlagenvermittlern unter anderem in § 13 Finanzanlagenvermitterverordnung über die Informationen des Anlegers über Risiken, Kosten, Nebenkosten und Interessenkonflikte vorschreibt“, heißt es.
„Es ist ein Schritt zurück. Soll das WpHG und die gerade erst beschlossene Finanzanlagenvermittlerverordnung wieder geändert werden? Diese wurde genau auch wegen des Verbraucherschutzes eingeführt. Wir hätten uns jahrelange Diskussionen im Gesetzgebungsverfahren sparen können, wenn wir auf diesem simplen Level, was der vzbv jetzt hier eröffnet, unterwegs sein wollen. Solange jedoch seitens der Verbraucherzentralen nicht akzeptiert wird, dass auch ihre Finanz- und Versicherungsberater dieselbe Qualifikation aufweisen müssen, wie sie der Gesetzgeber eigentlich für diese Tätigkeit klar vorschreibt, erscheint es aber auch nicht verwunderlich, dass solche Vorlagen veröffentlicht werden“, so Wirth ergänzend.
Anzeige
Der vzbv setzt neben den Protokollen auf weitere, umfassendere Maßnahmen, die sich tendenziell in Richtung Honorarberatung bewegen: „Protokolle allein sind kein Garant für eine gute Anlageberatung. Um die Qualität der Anlageberatung auf eine solide Basis zu stellen, müssen Beratung und Verkauf perspektivisch getrennt werden“, so vzbv-Vorstand Müller.