Rente mit 63 wird zur Kostenfalle
Rente mit 63: Bei der schwarz-roten Rentenreform droht eine Kostenexplosion. Allein die Rente mit 63 soll in den ersten 18 Monaten 1,45 Milliarden Euro mehr verschlingen als erwartet. Doch das könnte erst der Anfang sein: Rentenexperten rechnen mit jährlich Mehrkosten von mehr als drei Milliarden Euro.
Hat sich die Bundesregierung mit ihrer Rentenreform verrechnet? Das zumindest legt ein Bericht von Spiegel Online nahe, wonach speziell bei der abschlagsfreien Rente mit 63 die Kosten zu explodieren drohen. Schuld daran ist unter anderem die hohe Nachfrage. Weit mehr Menschen haben bisher ihren vorzeitigen Ruhestand beantragt, als es von der Bundesregierung prognostiziert worden war.
Anzeige
Bereits 163.000 Anträge eingegangen
Tatsächlich ist das Interesse an der Rente mit 63 groß. Laut Angaben der Rentenversicherung gingen bis Ende Oktober rund 163.000 Anträge von Arbeitnehmern ein, die meisten davon wurden bewilligt. Die Bundesregierung rechnete bis Ende 2014 mit 240.000 Anträgen – doch das entpuppt sich als unrealistisch. „Es ist inzwischen klar, dass bereits in diesem Jahr mehr als die erwarteten 240.000 Personen die neue Rente in Anspruch nehmen“, sagt der rentenpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Markus Kurth.
Es gibt einen weiteren Grund, warum die Kosten explodieren: Anders als ursprünglich von der Bundesregierung geplant, haben auch freiwillig Versicherte einen Rentenanspruch ab 63 Jahren. Diese waren erst im Laufe der Parlamentsberatungen einbezogen worden. Die verschärfte Ausgangslage schlägt sich auch in den aktuellen Kostenschätzungen wieder. Laut Bundesarbeitsministerium wird die abschlagsfreie Rente allein in den kommenden zwei Jahren um insgesamt 1,45 Milliarden Euro teurer als geplant.
Bis zu 450.000 Personen könnten anspruchsberechtigt sein
Doch die veranschlagten Mehrkosten sind möglicherweise erst der Anfang. Arbeitsmarktexperten betonen, dass die besonders geburtenstarke Jahrgänge von 1950 bis 1963 nun vorzeitig in den Ruhestand gehen dürfen. Demnach „könnten in den kommenden Jahren jährlich 300.000 bis 450.000 Personen anspruchsberechtigt sein“, sagt Ulrich Walwei vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsvorschung (IAB) der Rheinischen Post. Die Mehrkosten könnten sich so auf 3 Milliarden Euro pro Jahr summieren.
Zunehmend werden auch Zweifel an der sozialen Gerechtigkeit der „Rente mit 63“ laut. Zwei Drittel der Anträge wurden bisher von Männern eingereicht. Der Grund: Männliche Arbeitnehmer sind in der Regel seltener von Unterbrechungen der Erwerbsbiographie betroffen. Speziell Frauen der Babyboomer-Generation unterbrachen oft ihre Arbeit, um Kinder und Familie zu betreuen: Umso schwieriger ist es, die geforderten 45 Beitragsjahre zu erreichen. Als Instrument gegen Altersarmut versagt die „Rente mit 63“.
Anzeige
Laut dem seit 01. Juli geltenden Gesetz haben Beschäftigte mit 63 Jahren Anspruch auf die volle Rente, wenn sie mindestens 45 Jahre lang Beiträge in die Rentenkasse eingezahlt haben. Hierzu zählen nicht nur Zeiten mit Pflichtbeiträgen aus einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit. Auch Zeiten der Wehr- und Zivildienstpflicht, der nicht erwerbstätigen Pflege von Angehörigen, der Kindererziehung bis zum 10. Lebensjahr, des Bezugs von Arbeitslosengeld sowie der geringfügigen Beschäftigung (anteilig) können geltend gemacht werden.