Lebensversicherung: Banken sind wichtigster Vertriebskanal
Lebensversicherung: Welcher Vertriebskanal hat bei Lebensversicherungs-Produkten die Nase vorn? Laut einer aktuellen Umfrage hatten Banken 2013 den größten Marktanteil, gefolgt von Ausschließlichkeit und ungebundenen Vermittlern. Der Grund hierfür liegt in einem deutlichen Rückgang beim laufenden Beitrag und starkem Wachstum des Geschäfts mit Einmalbeiträgen, von dem vor allem Banken profitieren.
Ein überraschendes Ergebnis brachte der 15. Vertriebswege-Survey der Unternehmensberatung Towers Watson zutage. Demnach hatten Banken 2013 den größten Marktanteil beim Vertrieb von Lebensversicherungen in Deutschland (28,5 Prozent), gefolgt von den Ausschließlichkeits-Organisationen der Versicherer (28,1 Prozent). Auf dem dritten Platz folgen die „unabhängigen Vermittler“ mit 26 Prozent – laut Studie zählen hierzu Makler, Mehrfachagenten und Finanzvertriebe wie MLP.
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Geschäft gegen Einmalbeitrag boomt: Versicherer setzen auf Bank- und Onlinevertrieb
Ursache für den Trend hin zum Bankvertrieb sind die aktuellen Marktverwerfungen. Das Geschäft gegen laufenden Beitrag verzeichne einen starken Rückgang, während die Policen gegen Einmalbeitrag einen Boom erleben, heißt es in einer Pressemeldung von Towers Watson. Vor allem der Bankkanal profitiere vom Einmalgeschäft. Bei diesen Policen legen Sparer einmalig einen hohen Geldbetrag an, der einige Jahre verzinst wird. Später erhalten die Kunden daraus eine Monatsrente.
Für unabhängige Vermittler bedeutet der Trend nach Interpretation der befragten Versicherer nicht Gutes. Bei der Frage, für welchen Vertriebskanal die Unternehmen in den nächsten fünf Jahren eine zunehmende Bedeutung sehen, rutscht der ungebundene Vertrieb von 41 Prozent im Vorjahr auf nur noch 23 Prozent ab. Wesentlich mehr Wachstum wird dem Bankkanal (40 Prozent), dem Direktvertrieb (28 Prozent) sowie die Internetportalen (28 Prozent) zugetraut.
„Die Lebensversicherer planen verstärkt den Ausbau des Bankvertriebs und die Nutzung digitaler Vertriebskanäle wie Direktvertrieb und Internetportale“, erklärt Frank Schepers, Geschäftsführer des Bereichs Versicherungsberatung bei Towers Watson. „Das reflektiert einerseits den anhaltenden Trend zu Einmalbeiträgen, für die der Bankvertrieb einen besseren Zugang bietet als andere Kanäle. Andererseits entsteht Potential, relativ einfach gestaltete und kosteneffiziente Produkte via Unternehmens-Webseite oder Vergleichsportale zu vertrieben.“ Diese Entwicklung werde in Zukunft durch das LVRG und andere gesetzliche Neuerungen noch verstärkt, schlussfolgert Schepers.
Vertrieb von Einmalpolicen zu Lasten der Altkunden?
Tatsächlich zeichnete sich in den letzten Jahren ein Boom zugunsten des Geschäfts mit Einmalbeitrag ab. Das Beitragsvolumen dieser Verträge ist 2013 um 14 Prozent gestiegen. Doch der Trend hält schon länger an. Nimmt man alle Einzahlungen in die Lebensversicherung zusammen, landete 2013 mehr als jeder vierte Euro in einer Einmalpolice, berichtet Zeit Online. Vor zehn Jahren war es nur jeder zehnte. „Einige Versicherer versuchen, Rückgänge beim Geschäft gegen laufenden Beitrag durch ein höheres Einmalbeitrags-Volumen zu kompensieren“, sagt Studienleiter Martin Baier von Towers Watson. „So halten sie etwa das Gesamtbeitragsvolumen“.
Ob diese Entwicklung im Sinne des Kunden ist, darüber kann gestritten werden. Branchenexperten warnen, die Einmalbeitragspolicen gehen zulasten jener Altkunden, die seit Jahren laufende Beiträge zahlen. Denn die Versicherer werben teils aggressiv mit Kampfzinsen und Superkonditionen um Kunden, die ihr Geld nicht mehr langfristig anlegen wollen. Die gute Verzinsung solcher Verträge sei nur möglich, indem eine Quersubventionierung durch Altverträge stattfinde, warnte Versicherungsexperte Manfred Poweleit im letzten Jahr. Er sprach von einer „Diskriminierung der Massenkunden“, weil langjährige Versicherungsnehmer bei der Gewinnausschüttung benachteiligt werden.
Warum die Versicherer diese Einmalpolicen anbieten, ist klar: sie brauchen dringend Kapital, um die hohe Verzinsung aus laufenden Verträgen zu bedienen. Aber immer weniger Kunden sind bereit, sich über 20 oder 30 Jahre an eine Lebensversicherung zu binden – die negativen Schlagzeilen in der Presse tragen hierzu bei. So ist 2013 das Neugeschäftsvolumen mit Produkten gegen laufenden Beitrag um 13 Prozent gesunken. Nahezu alle Vertriebswege verzeichneten hier Gewinnrückgänge.
Unabhängige Vermittler sind Nummer 1 bei laufendem Beitrag
Die gute Nachricht für ungebundene Vermittler: Beim Geschäft gegen laufende Beiträge haben sie immer noch die Nase vorn. Immerhin 32,3 Prozent Marktanteil haben sie am Neugeschäft gegen laufenden Beitrag, gefolgt vom Ausschließlichkeitsvertrieb (31,2 Prozent Marktanteil). Doch laut Towers Watson setzen die Versicherungen auf einen Ausbau des Bank- und Direktvertriebs von Lebensversicherungen. Es ist eine Weichenstellung, die sich als problematisch entpuppen könnte - der Markt gegen Einmalbeitrag gilt als äußerst volatil.
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Hintergrundinformationen: Von den 76 größten in Deutschland tätigen Lebensversicherungsunternehmen haben sich 45 an der Untersuchung von Towers Watson beteiligt. Die teilnehmenden Unternehmen repräsentieren rund 82 Prozent des gesamten Lebensversicherungs-Neugeschäfts im Jahr 2013 in Deutschland. Die Daten der Versicherer, die nicht teilgenommen haben, wurden von Towers Watson durch Informationen aus den Geschäftsberichten und Schätzungen auf Basis eigener Marktkenntnis ergänzt. Vergleichbare Umfragen führt Towers Watson jährlich für die Vertriebswege der Schaden-/Unfallversicherung und der Krankenversicherung durch.