Versicherungsbranche im Stresstest: Europas Versicherer durch Niedrigzins bedroht
EIOPA - Der Stresstest für Europas Versicherungsbranche hat deutliche Schwächen bei vielen Unternehmen aufgedeckt. Insbesondere dauerhaft niedrige Zinsen können zur ernsthaften Bedrohung für viele Versicherer werden. So könnten 24 Prozent der Unternehmen mittelfristig die Kapitalanforderungen nach Solvency II nicht mehr erfüllen. Sollte ein Absturz an den Aktienmärkten hinzu kommen, kämen 44 Prozent der Gesellschaften in Schwierigkeiten. 35 Versicherer hätten sogar ohne Krise Probleme die neuen EU-Vorschriften einzuhalten.
Die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) hat 225 Versicherer einem Stresstest unterzogen. Aus Deutschland nahem, gemessen am Marktanteil, knapp die Hälfte der Unternehmen teil. Mit den Stresstests will die EIOPA herausfinden, wie resistent der europäische Versicherungsmarkt gegen extreme Negativszenarien ist. Dazu zählen unter anderem Naturkatastrophen, dauerhaft niedrige Zinsen, deutliche Kursrückgänge am Aktienmarkt. Zwar erfüllten die meisten der Unternehmen die Kapitalanforderungen. Dennoch ist das Ergebnis alarmierend.
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EIOPA-Stresstest: Niedrigszinsphase könnte zur Bedrohung werden
Insbesondere dauerhaft niedrige Zinsen können zur ernsthaften Bedrohung für viele Versicherer werden. „Eine Fortdauer der gegenwärtigen Niedrigzins-Bedingungen könnte bei einigen Versicherern dazu führen, dass sie in acht bis elf Jahren Schwierigkeiten bekämen, die Versprechungen gegenüber den Versicherten zu erfüllen“, erklärte Gabriel Bernardino, Chef der europäischen Versicherungsaufsicht, im Rahmen der Auswertung des Stresstests.
So könnte für 24 Prozent der untersuchten Unternehmen eine anhaltende Niedrigzinsphase dazu führen, dass diese die Kapitalanforderungen nach Solvency II nicht mehr erfüllen können. Besonders problematisch würde es dann für Unternehmen in Ländern werden, in denen die Zinszusagen an Kunden deutlich länger sind als die Laufzeit der Kapitalanlagen. Dies würde speziell deutsche Lebensversicherer mit lebenslangen Garantien treffen.
Doppelte Stress-Szenario bringt 44 Prozent der Versicherer in Schwierigkeiten
Sogar 44 Prozent kämen bei einem zusätzlichen Absturz an den Aktien-, Anleihen oder Immobilienmärkten in Schwierigkeiten. So würde ein solches doppeltes Stress-Szenario die Polster der Versicherer um 42 Prozent schmelzen lassen. Besonders betroffen davon wären kleine Versicherer.
35 Versicherer hätten sogar ohne Krise Probleme die neuen EU-Vorschriften einzuhalten. Allerdings handelt es sich bei diesen Unternehmen überwiegend um kleine Versicherer, deren gemeinsamer Marktanteil bei etwa drei Prozent liegt. Von den 30 größten Versicherern hat derweil nur ein Unternehmen diese Hürde nicht geschafft.
Versicherungsbranche ist gut auf Solvency II vorbereitet
Insgesamt sei die Branche gut auf Solvency II vorbereitet. Zufrieden zeigte sich auch Alexander Erdland, Präsident des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). „Die Ergebnisse des EIOPA-Stresstests zeigen, dass die Versicherer in Europa über eine solide Kapitalausstattung verfügen und auch stärkeren Verwerfungen an den Finanzmärkten standhalten können,“ sagte Erdland.
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Um die Versicherer noch besser auf die neuen EU-Vorschriften vorzubereiten, werde die EIOPA die nationalen Aufseher dazu drängen, die Versicherer noch stärker in die Pflicht zu nehmen, damit diese für eine entsprechende Kapitalausstattung und ein besseres Risikomanagement sorgen.