Auslöser der bayrischen Gesetzesinitiative war offensichtlich ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH). Die BGH-Richter hatten im Jahr 2012 entschieden, dass sich Ärzte nach aktueller Gesetzeslage nicht der Bestechlichkeit schuldig machen können. Nun soll aus dem Bundesjustizministerium (BMJV) wohl ein erster Entwurf für ein Anti-Korruptionsgesetz im Gesundheitswesen vorliegen.

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Neuregelung soll direkt im Strafgesetzbuch erfolgen und ist daher schwerwiegend

Der Freistaat Bayern hatte im Vorfeld die Einführung eines § 299a im Strafgesetzbuch (StGB) und eine Änderung von § 300 StGB angeregt. Dieser Vorschlag lautete:

§ 299a StGB Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen

(1) Wer als Angehöriger eines Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert, im Zusammenhang mit der Ausübung dieses Berufs einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug, der Verordnung oder der Abgabe von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten oder bei der Zuweisung von Patienten oder Untersuchungsmaterial

  • 1. einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb bevorzuge oder
  • 2. sich in sonstiger unlauterer Weise beeinflussen lasse, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer einem Angehörigen eines Heilberufs im Sinne des Absatzes 1 im Zusammenhang mit dessen Berufsausübung einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug, der Verordnung oder der Abgabe von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten oder bei der Zuweisung von Patienten oder Untersuchungsmaterial

  • 1. ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb bevorzuge oder
  • 2. sich in sonstiger unlauterer Weise beeinflussen lasse.

§ 300 StGB Besonders schwere Fälle der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr und im Gesundheitswesen

In besonders schweren Fällen wird eine Tat nach den §§ 299 und 299a mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

  • 1. die Tat sich auf einen Vorteil großen Ausmaßes bezieht,
  • 2. der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat oder
  • 3. der Täter einen anderen Menschen durch die Tat in die Gefahr einer erheblichen Gesundheitsschädigung bringt.

Ob es wie vorstehend tatsächlich im Referentenentwurf steht, ist der Redaktion noch nicht bekannt. Durchgesickert ist jedoch bereits, dass der Referentenentwurf wohl tatsächlich die Änderung innerhalb des StGB verfolgt sowie der Umstand, dass angeblich auch gesetzliche Krankenkassen im Verdachtsfall einen Strafantrag stellen dürfen. Vermutlich werden von der Neuregelung sämtliche Heilberufe, für die eine staatlich geregelte Ausbildung erforderlich ist erfasst. Zu dieser Gruppe gehören neben Ärzten u.a. auch Apotheker und Physiotherapeuten.

Versicherungs- und Finanzbranche als nächstes an der Reihe?

Durchaus denkbar ist in naher Zukunft auch ein § 299 b StGB. Dieser könnte das Versicherungs- und Finanzwesen betreffen. Denn weder der GDV Verhaltenskodex für den Vertrieb noch sonstige gesetzliche Bestimmungen haben bisher in Sachen Vorteilsgabe und Vorteilsnahme zum Erfolg geführt.

Einerseits versuchen Produktgeber der Versicherungs- und Finanzbranche nach wie vor durch Incentives, Wettbewerbe und (verdeckte) sonstige Zahlungen bzw. Zuwendungen sämtliche Vertriebswege entgegen den Kundeninteressen zu beeinflussen. Andererseits dürsten Vertriebe und teilweise auch den Maklerpools nach einem Ausgleich für verloren gegangene Overheads. Jüngste Beispiele dazu finden sich in Sonnenscheinangeboten oder auch in Veranstaltungsunterlagen bestimmter Maklerpools. Letztere fordern Produktanbieter dazu auf, bestimmte Vorrechte auf Veranstaltungen des Pools zu erwerben, was an sich schon ein eigenartiges Ansinnen für einen Maklerpool ist. Wenn hier dann noch Preise aufgerufen werden, die durchaus ein „Geschmäckle“ haben, dann verliert der Name „Maklerpool“ schlichtweg seine Berechtigung in Bezug auf den eigentlichen Status eines Maklers. Gleiches gilt im Übrigen für solche Maklerpools, an denen Gesellschaften teilweise oder gar zu 100% beteiligt sind, denn hier ist zumindest fragwürdig, ob finanzielle Unterstützungen der Muttergesellschaft zu Wettbewerbsverzerrungen führen.

Es darf daher in der Versicherungs- und Finanzbranche niemand verwundert sein, wenn ein § 299 b StGB eingeführt werden würde und sodann wie folgt lauten könnte:

(1) Wer als Angehöriger der Versicherungs- und Finanzbranche, gleich ob als Angestellter, Handelsvertreter, Makler, Vertriebsgesellschaft oder Maklerpool, im Zusammenhang mit der Ausübung dieses Berufs einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei der Vermittlung von Versicherungs- oder Finanzprodukten

  • 1. einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb bevorzugt oder
  • 2. sich in sonstiger unlauterer Weise beeinflussen lässt oder andere beeinflusst, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer einem Angehörigen der Versicherungs- und Finanzbranche im Sinne des Absatzes 1 im Zusammenhang mit dessen Tätigkeitsausübung einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er beim Vertrieb von Versicherungs- oder Finanzprodukten

  • 1. ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb bevorzuge oder
  • 2. sich in sonstiger unlauterer Weise beeinflussen lasse.

(3) Ebenso wird bestraft, wer einem Angehörigen der Versicherungs- und Finanzbranche im Sinne des Absatzes (1) im Zusammenhang mit dessen Tätigkeitsausübung einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht, gewährt, oder annimmt, indem versucht wird die Bestimmungen der Absätze (1) oder (2) zum umgehen. Unter den Tatbestand der Umgehung fallen Zuwendungen, welche Angehörige der Versicherungs- und Finanzbranche erhalten oder fordern, die sich beim Zuwendungsgeber nicht in einem Angestelltenverhältnis befinden, wie z.B.

  • 1. Beihilfen jeder Form zu jeder Art zu Schulungs- und Vertriebsveranstaltungen bzw. Incentives,
  • 2. sämtliche Wettbewerbe, mit Ausnahme solcher Wettbewerbe, die weder auf einen bestimmten Kreis von Produktanbietern noch auf einen bestimmten Produktkreis bestimmter Anbieter verweisen und zu denen die Geldgeber in Bezug auf den Wettbewerb weder schriftlich, bildlich noch mündlich genannt werden,
  • 3. sämtliche sonstige Zuwendungen wie z.B. Gelder für Videoproduktionen, Newsletter und sonstige werbliche Maßnahmen inklusive aller Zuwendungen für deren Verbreitung,
  • 4. sämtliche Zuwendungen für Mitarbeitergewinnung, Mitarbeiterschulungen, Bürokostenzuschüsse, sonstige Kostenhilfen im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Versicherungs- und Finanzprodukten.

(4) Nicht statthaft sind Konstellationen, die zur Folge haben, dass Angehörige der Versicherungs- und Finanzbranche einerseits bei einem Produktgeber angestellt sind, andererseits aber (gleich in welcher Position) in oder für einen Vertrieb oder Vertriebe tätig sind, bei denen zumindest 1 Mitarbeiter sich nicht im Angestelltenverhältnis des betreffenden Vertriebes befindet. Unter den Begriff Vertrieb fallen alle Formen von Strukturvertrieben, Handelsvertretern, Versicherungsmaklern, Maklerpools und sonstigen Vertriebsarten.

(5) Die Beteiligung von Produktanbietern (gleich in welcher Höhe) sowohl in offener wie auch verdeckter Form (auch über Dritte) an Maklerpools erfüllt stets den Tatbestand nach Absatz (1). Bisher bestehende Beteiligungen sind innerhalb von 12 Monaten nach Inkrafttreten dieser Bestimmung aufzulösen.

(6) Alle Angehörigen der Versicherungs- und Finanzbranche sind berechtigt im Verdachtsfall einen Strafantrag stellen.

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UPDATE: Der Referentenentwurf ist nun veröffentlicht. Er ist hier einsehbar.