Der moderne Mensch gibt immer mehr Daten von sich preis - teils freiwillig, teils unfreiwillig. Jüngst warnte Justizminister Heiko Maas vor dem gläsernen Autofahrer. An seinen Daten sind auch Versicherer interessiert, um Kfz Versicherungen mit Telematik-Tarifen anzubieten. Gutes Verhalten soll belohnt werden. Dieser Belohnungsgedanke mag bei einer Kfz-Versicherung durchaus schlüssig erscheinen - vorausgesetzt man ist bereit, seine Daten preiszugeben. Doch was bedeutet dieses Konzept in der Krankenversicherung?

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Sind Gesundheits-Apps der Versicherer das Ende der Solidargemeinschaft?

Gesundheitsförderndes und –erhaltendes Verhalten wie viel Bewegung, gesunde Ernährung und ein angemessenes Gewicht mit günstigen Tarifen zu belohnen, klingt zunächst vernünftig. Kritiker führen aber an, dass der Faktor Gesundheit nicht alleine vom eigenen Verhalten abhängt. Vererbung sowie Umwelteinflüsse und soziale Umstände sind ebenfalls wichtige Faktoren.

Jemand, der den ganzen Tag körperlich hart arbeitet, hat am Abend womöglich weder Zeit, Kraft noch Lust, sich sportlich zu betätigen und hat sich den Feierabend in Ruhe auf dem Sofa verdient. Vegane, sportliche Nichtraucher könnten ebenso Gesundheitsprobleme haben wie kettenrauchende, sportverachtende Liebhaber fetter Speisen. Man kann das Risiko durch eigenes Verhalten zwar senken. Eine Garantie für ein langes Leben in ewiger Jugend bei bester Gesundheit ist es dennoch nicht.

Von Gesundheits-Totalitarismus ist ebenso die Rede wie vom Ende des Solidargedankens, auf dem die Krankenversicherung beruht. Einige fürchten, dass die Belohnung mit günstigeren Tarifen für gesundheitsförderndes Verhalten nur der Anfang ist. Auf lange Sicht könnten diejenigen, die nicht mitmachen oder ihre Daten nur nicht preisgeben wollen, mit schlechteren Tarifen bestraft werden oder gar nicht mehr versichert werden. Am Ende könnten gar Kranke durch das soziale Netz fallen.

Generali-Vorstand Christoph Schmallenbach wehrt sich gegen Kritik

Generali-Vorstand Christoph Schmallenbach weist diese Kritik zurück. Nicht der Gesundheitszustand werde belohnt, sondern vielmehr werde gesundheitsorientiertes Verhalten gefördert. Dieser Tarif stehe Kranken ebenso zur Verfügung wie Gesunden. Es solle ein Anreiz geschaffen werden, gesünder zu leben. Er vergleicht den Tarif mit dem Zahnarzt-Bonusheft. Immer mehr Menschen, die sich „gesamtwirtschaftlich verantwortlich“ verhalten, wünschten eine Honorierung ihrer Bemühungen, so Schmallenbach in einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel.

Von einem Verfall der Solidargemeinschaft zu sprechen, geht nach Schmallenbach am Kern des privaten Versicherungsgedankens vorbei. Schon immer sei die Grundidee eine risikogerechte Tarifierung gewesen. Private Versicherer erhöben seit jeher Daten über die Risiken ihrer Kunden, um die Tarife weitestgehend exakt kalkulieren zu können.

Der Vitality-Tarif werde von namhaften Universitäten begleitet. Scharfe Worte findet Schmallenbach für die Kritik an dem Projekt. Die Einführung des Tarifs in Deutschland werde unter „Generalverdacht“ gestellt, es dominiere eine „Maschinenstürmerposition“ hierzulande. Ferner beklagt er, dass die öffentliche Diskussion weitestgehend ohne Generali geführt wurde, was zeige, dass „Dogmen“ diskutiert würden.

Ausreichender Datenschutz mit der Generali-App?

Ein weiterer Kritikpunkt der Gegner der Vitality-Aktivitäten und ähnlicher Modelle ist der Datenschutz. Welche Daten werden wie lange gesammelt? Wo werden sie gelagert und was passiert mit ihnen? Wer hat Zugriff darauf? An wen werden sie unter Umständen weitergegeben? Können diese Daten womöglich irgendwann zum Nachteil des Versicherten werden?

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Schmallenbach betont, dass ausschließlich der Kunde darüber entscheide, welche Daten er Generali mitteilen werde. Ferner verweist er darauf, dass Datensicherheit und Schutz der Privatsphäre zu den Kernkompetenzen der Versicherungsbranche zählen und den hohen Anforderungen des Bundesdatenschutzgesetzes entspreche. Es grenze „an klassenkämpferischen Antagonismus… den Versicherern Ausspähung und die Erosion der Privatsphäre zu unterstellen“. Neben der hohen Sensibilität in Sachen Datenschutz sei“ das verbriefte Recht auf informationelle Selbstbestimmung“ ebenso begrüßenswert.

Tagesspiegel