Fintech-Allianz erobert Kunden von Banken und Versicherungen
Fintech - Der technische Fortschritt in der Finanzwelt umgeht zunehmend die Einflussbereiche von Banken und Versicherern. Seit einigen Jahren kapern FinTechs immer öfter den vormals heißen Draht zwischen den Finanzhäusern und ihren Wunschkunden. Inzwischen funktionieren immer mehr Geldgeschäfte mit immer weniger Klicks. Zunehmend ist eine anbieterfremde App bereits vor den Produktanbietern am Point of Sale: im Smartphone des Kunden, wie eine neue Infografik zeigt.
Nach der Bankfiliale aus Glas und Beton, die kaum noch ein Massenkunde freiwillig betritt, droht bald auch den Webseiten der Geldhäuser ein Besucherschwund. Ein ähnlicher Kontaktverlust wirkt demnächst auf den klassischen Versicherungsvertrieb. Dessen neue Kunden sollten in der Internetwelt eigentlich die Webseite des Vermittlers als Ankerpunkt nutzen. Zwar registrierten die Marktforscher von Heute & Morgen bereits vor zwei Jahren, dass immer mehr Verbraucher im Internet nach Finanzthemen suchen, aber gekauft werde „offline“ - falls gekauft wird.
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Schlanke Prozesse bringen keine neuen Kunden
Je nach Quelle macht die Industrie beim Endverbraucher inzwischen knapp 20 Prozent ihrer Einzelhandelsumsätze online. Die Versicherer dümpeln bei etwa einem Viertel dieser Quote. Die Zugangswege der Assekuranz scheinen eher ausgetretenen Pfade zu sein, die lediglich breiter gemacht werden sollen. Diesen Eindruck kann man gewinnen, weil Digitalisierungs-Initiativen der Assekuranz zu großen Teilen des Budgets eher auf schlankere Prozesse und Kosten sparen zielen. Dies macht zwar die Verwaltung billiger, ebnet den Versicherern aber nicht unbedingt den Weg zu neuen Kunden.
Versicherer? Risikoentsorger
FinTechs dagegen, kleine fortschrittliche Startups von branchenfremder Herkunft, gehen völlig neue Wege zum nächsten Kunden. Sie suchen sich Produktanbieter, die sie auf ihre Kernaufgaben reduzieren: Banken sollen Geld buchen und verwalten, Versicherungen sollen Risiken entsorgen. Die Arbeit am Kunden machen die Startups selbst, indem sie sich zum einen werblich in den neuen Medien positionieren, also schneller von der Zielgruppe gefunden werden. Zum anderen bieten FinTechs keine Produkte im Eigentlichen an, sondern Services, die den Leuten das Leben einfacher machen. Ihr Credo lautet mehr oder weniger „Einfach“. Einfach zum Kredit, einfach Geld schicken, einfach zur Versicherung. „Friendsurance“ aus Berlin verbindet zudem Versicherung mit einem Facebook-ähnlichen Freundesprinzip, dessen Gruppendynamik am Ende Rabatte in Form von Prämienerstattungen verspricht. So auch TransferWise: Ein soziales Netzwerk für Überweisungen.
Die Verbraucher sehen ihren Versicherungsbedarf durchaus. Nur scheuen sie aufwändige Abwicklungen, Kleingedrucktes, kurzum: alles was kompliziert ist oder so erscheint. Und so kann man inzwischen bei Anbietern wie „cringle“ mal eben 20 Euro via Smartphone an einen Freund senden, ohne dass zuhause der Computer und das Online-Banking hochgefahren werden müssten. Bei „Appsichern“ genügt ein Klick und die Probefahrt mit dem neuen Auto ist kaskoversichert.
Kauf im richtigen Moment
Vor allem der spontan käufliche Versicherungsschutz für Probefahrten, Mietwagen oder Sport-Events hat für den Kunden Charme. Weil er im richtigen Moment seinen Bedarf erkennt und dann eher kauft. Der Kaufort spielt keine Rolle. Das Smartphone ist immer dabei. Und je mehr die FinTech-Anbieter ortsbezogene Dienste mit Ereignissen des Alttags verknüpfen, desto öfter sind sie vor den Versicherern am Point of Sale. Gut platzierte Apps sind schneller als jeder Versicherungs- oder Bankberater. Denen bleibt nur eines: Service, Service und Service. Gute zwischenmenschliche Beziehungen bleiben das Alleinstellungsmerkmal Nummer eins.
„Friendsurance“ hat eine Infografik erstellt, die beispielhaft einige neue Dienstleister rund ums Geld zeigt.