Deutsche Bank und Kirch-Prozess: Anklage gegen Co-Chef Jürgen Fitschen zugelassen
Für die Deutsche Bank endete der Kirch-Prozess wirtschaftlich mit 925 Millionen Euro Vergleichszahlung. Dennoch: Strafrechtlich ist die Kirch-Affäre für Jürgen Fitschen nicht vorbei. Dem Co-Vorstandschef des größten deutschen Bankhauses und anderen ehemaligen Verantwortlichen wird Prozessbetrug im Kirch-Gerichtsverfahren vorgeworfen. Nun hat das Landgericht München I die Klage zugelassen.
Ab Ende April muss sich der 66-jährige Jürgen Fitschen, der nebenbei auch noch Präsident des Bankenverbands ist, vor Gericht verantworten. Die Deutsche Presseagentur meldete an diesem Montag, ein Gerichtssprecher des Landgerichts München I habe die Zulassung der Anklage gegen Fitschen bestätigt. Nach übereinstimmenden Angaben geht es um den Vorwurf des versuchten Betrugs im Kirch-Prozess.
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Kirch: „Erschossen hat mich der Rolf“
Zum Hintergrund in Kurzform: Der Medienunternehmer Leo Kirch (hat damals unter anderem bei Pro Sieben/Sat 1 investiert) war Deutsche-Bank-Kreditkunde und ging im Jahr 2002 pleite. Angeblich deswegen, weil der damalige Bankchef Rolf Breuer in einem Interview öffentlich die Kreditfähigkeit (seines Kunden!) Kirch infrage gestellt habe – jedenfalls sah es Kirch so und sagte: „Erschossen hat mich der Rolf“; ein immer wieder von der Presse zitierter Satz
Anschließend fühlte sich Kirch zudem durch die Deutsche Bank unter Druck gesetzt; diese habe sich von der (von ihr verursachten? Dies war der Hauptstreitpunkt) Pleite ein „Beratungsmandat“ erhofft. Ihrem „Hoffen“ soll die Bank nach Kirchs Auffassung mit unlauteren Mitteln Nachdruck verschafft haben.
Causa Kirch und keine Ende
Im anschließenden Schadenersatz-Prozess Kirchs, insgesamt waren es über 30 Verfahren, gegen die Deutsche Bank vor dem Oberlandesgericht München soll die Bank zum dem angeblichen Druck auf Kirch falsche Angaben gemacht haben, um Schadensersatzzahlungen abzuwenden.
Diese mutmaßlichen Falschaussagen im Kirch-Prozess sind nun Gegenstand des Verfahrens gegen Bankchef Jürgen Fitschen, außerdem gegen seine ehemaligen Vorstandskollegen und Ex-Chefs der Bank Josef Ackermann und Rolf Breuer, den vormaligen Aufsichtsratschef Clemens Börsig und Ex-Bankvorstand Tessen von Heydebreck.
Vier Tage Vorstand – ein Tag vor Gericht
Wirtschaftlich ist der Kirch-Prozess erledigt. Die Deutsche Bank einigte sich im vergangenen Frühjahr mit den Erben des im Jahr 2011 verstorbenen Leo Kirch auf einen 925 Millionen Euro teuren Vergleich. Aber die mutmaßlichen Falschaussagen der Deutschbanker können nun strafrechtliche Folgen haben. Pikant ist: Jürgen Fitschen, der „Die Deutsche“ seit drei Jahren zusammen mit Anshu Jain führt, ist zugleich Präsident des Bundesverbands deutscher Banken.
Die Frage wird sein, ob Fitschen sein Vorstands- und sein Verbandsamt weiterführen kann, ohne die Reputation, also den guten Ruf beider Institutionen zu belasten. Zeitlich wird der Mann die Beanspruchungen durch den Prozess gut bewältigen können. Am Landgericht München soll ab Ende April stets nur an Freitagen verhandelt werden. 627 Seiten Anklageschrift müssen durchgenommen werden, darunter viele Sachverhalte zum Kirchprozess. Daneben kann Fitschen in seiner neuen Viertagewoche weiter als Vorstand arbeiten.
Leistung und Leidenschaft
Ob die geänderte Außenwirkung Fitschens mit dem Leitbild der Bank (Claim: "Leistung aus Leidenschaft") übereinstimmt, muss jeder Kunde oder Aktionär für sich selbst entscheiden.
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Im Leitbild der Bank heißt es im Anschluss an die Passage zu wirtschaftlichem Erfolg: „Dabei handeln wir nach hohen ökologischen und gesellschaftlichen Maßstäben – für eine nachhaltige Zukunft. Für unsere Interessengruppen wollen wir stets ein verlässlicher und integrer Partner mit hohen ethischen Ansprüchen sein.“