Haftpflichtversicherung - Eltern haften nicht immer für ihre Kinder!
Haftpflichtversicherung: Kinder sind neugierig, abenteuerlustig und verwegen. Schön, denn so erschließen sie sich die Welt. Aber verursacht das Kind einen Schaden, kommt die Haftpflichtversicherung nicht automatisch dafür auf. Dies ist oft abhängig vom Alter des Kindes - und davon, ob die Eltern ihre Aufsichtspflicht verletzt haben.
Dass auch kleine Kinder einen großen Schaden anrichten können, müssen Eltern immer wieder aufs Schmerzlichste erfahren. Sei es ein Fußball, der gegen die Scheibe des Nachbarn fliegt, ein mit dem Dreirad zerkratztes Auto oder sogar ein Wohnungsbrand, weil das Kind in einem unbeobachteten Moment zündelte – Augenblicke kindlichen Übermuts führen schnell zu erheblichen Kosten!
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Wer aber zahlt, wenn das Kind einen Schaden angerichtet hat? Bezüglich dieser Frage ist das Unwissen in der Bevölkerung noch groß, wenn man einer aktuellen Studie der Provinzial Rheinland Glauben schenkt. Nur ein Prozent der Befragten wusste demnach, dass private Haftpflichtversicherungen für "nicht deliktfähige Kinder" nur dann eine Leistung erbringen, wenn dies explizit im Versicherungsvertrag aufgeführt ist. Allerdings beschränkte sich die Umfrage unter 1.000 Teilnehmern auf die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz.
Kinder unter 7 Jahren gelten als nicht deliktfähig
Das Problem: Kinder unter 7 Jahren gelten laut § 828 Abs. 1 BGB als nicht deliktfähig. Und auch Eltern haften für Missgeschicke ihrer Kinder nur dann, wenn ihnen eine Verletzung der Aufsichtspflicht nachgewiesen werden kann. Folglich muss auch eine Haftpflichtversicherung nicht für die Schäden kleiner Buben und Mädchen aufkommen, sofern dies nicht anders in den Vertragsbedingungen festgelegt ist.
Noch strenger ist diese Regelung in einem Bereich, wo die verursachten Schäden besonders hoch sein können: Im Straßenverkehr gilt die Deliktunfähigkeit von Kindern laut Bürgerlichem Gesetzbuch bis zu einem Alter von 10 Jahren. Rennt das Kind also bei Rot über eine Ampel, so dass ein Autofahrer ausweichen muss und in den Gegenverkehr gerät, bleibt der Betroffene höchstwahrscheinlich auf dem Schaden sitzen – obwohl bei einer bleibenden körperlichen Beeinträchtigung Millionenkosten auf das Unfallopfer zukommen können. Allerdings sind Autofahrer zu besonderer Wachsamkeit angehalten, wenn sich Kinder am Fahrbahnrand befinden.
Auch Kinder im Alter zwischen 7 und 18 Jahren sind nur bedingt deliktfähig. Entschieden wird dies nicht nur nach dem tatsächlichen Alter, sondern auch nach dem Entwicklungsstand des Kindes. Konnte das Kind oder der Jugendliche tatsächlich einschätzen, ob sein Verhalten Schäden zur Folge hat? Je älter und einsichtsfähiger der Heranwachsende ist, desto eher haftet er selbst. So entschied beispielsweise das Verwaltungsgericht Koblenz, ein Neunjähriger könne durchaus bereits beurteilen, dass das Zündeln an einer Scheune eine Brandgefahr bedeutet (VwG Koblenz, Az.: 2 K 2208/03).
Die Aufsichtspflicht der Eltern wird hingegen durchaus liberal gehandhabt. Mehrere Gerichte haben bestätigt, dass Eltern ihre Kinder nicht rund um die Uhr beaufsichtigen müssen. So entschied das Landgericht Potsdam: Eltern dürfen sonntags noch schlafen, wenn die Kinder früh um sechs schon spielen (Az.: 13 S 20/02). Im Rechtsstreit ging es um zwei sechsjährige Kinder, die ihre Spielzeug aus dem Fenster geworfen und dabei geparkte Autos beschädigt hatten – aber eine Verletzung der Aufsichtspflicht lag in diesem Fall nicht vor. Ein Siebenjähriger darf sogar bis zu zwei Stunden ohne Aufsicht im Freien herumstromern. Vorausgesetzt: Das Kind verhält sich altersgerecht und die Eltern haben es auf Gefahren aufmerksam gemacht (Az. VI ZR 199/08).
Baustein "Nicht deliktfähige Kinder": Damit der Geschädigte nicht auf seinen Kosten sitzen bleibt
Die aktuelle Rechtslage führt dazu, dass Eltern vor allem dann auf ihre Haftpflichtversicherung vertrauen können, wenn sie ihrer Aufsichtspflicht nicht nachkamen. Anderweitig wird der Haftpflichtversicherer die Ansprüche des Geschädigten als unberechtigt zurückweisen. Das hat eine bittere Konsequenz, die viele als ungerecht empfinden: der Geschädigte bleibt auf den Kosten sitzen, obwohl ihn selbst keine Schuld trifft! Oft handelt es sich um das Hab und Gut von Nachbarn oder Freunden, so dass im schlimmsten Fall Freundschaften an dem Haftungsstreit zerbrechen können.
Deshalb sollten Eltern prüfen, ob ihre Haftpflichtversicherung auch den Baustein „deliktunfähige Kinder“ beinhaltet. Bei manchen Tarifen muss hierfür ein Aufpreis bezahlt werden. Auch ist die Haftpflichtsumme häufig auf einen Höchstbetrag begrenzt, z.B. 10.000 Euro.
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"Junge Eltern sollten bei der Wahl der Police darauf achten, dass auch Schäden deliktunfähiger Kinder problemlos reguliert werden“, erklärt Christoph Hartmann von der Provinzial. „Diese wichtige Deckungserweiterung muss oft nicht einmal mit zusätzlichen Kosten verbunden sein, ist aber nicht zwangsläufig in jedem Tarif vorhanden". Der Versicherungsfachmann empfiehlt, die Vertragsbedingungen gründlich zu studieren und die Geburt eines Kindes der Versicherung zu melden.