Bestreitet der Versicherungsnehmer gegenüber seiner Versicherung, einen Schaden verursacht zu haben, kann die Versicherung selbst entscheiden, ob sie dennoch zahlt oder nicht. Dieses Urteil wurde vom Amtsgericht München im Juli 2013 gefällt, allerdings erst Ende März diesen Jahres veröffentlicht (Az. 331 C 13903/12).

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Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort

Im verhandelten Fall hat die Versicherungsnehmerin mit ihrem VW Golf beim Ausparken die Stoßstange eines hinter ihr abgestellten BMW berührt. Nach Aussage der Halterin des VW-Golf sei sie wegen eines quer vor ihrem Fahrzeug abgestellten PKW vorsichtig ein kleines Stück zurück gefahren und habe die Stoßstange des BMW berührt. Sie ist daraufhin ausgestiegen und hat nachgesehen, ob ein Schaden entstanden ist - das war aus Ihrer Sicht allerdings nicht der Fall.

Anders sah dies die Fahrerin des BMW, die behauptete, dass ihr die Golf-Fahrerin ins Auto gefahren ist. Entsprechend kontrollierte die vermeintliche Verursacherin nochmals, ob etwas beschädigt ist. Als sie nichts feststellte, fuhr sie fort. Daraufhin erstattete die Halterin des BMW Strafanzeige wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort. Die Polizei vernahm zwei Zeuginnen, die beide angaben, dass die Klägerin den BMW beim Ausparken mehrere Male touchiert und beschädigt habe.

Kfz-Versicherung: Angst vor Hochstufung in den SF-Klassen

Die Kfz-Versicherung der Halterin des VW Golf regulierte den Schaden ein knappes halbes Jahr nach dem Unfall am BMW in Höhe von 985,78 Euro.

Die Versicherungsnehmerin hatte daraufhin Angst, künftig höhere Beiträge für ihre Kfz-Versicherung entrichten zu müssen. Aus diesem Grund ließ von einem Sachverständigen ein Gutachten zum Beweis dafür anfertigen, dass die Schäden am BMW nicht durch ihr Fahrzeug verursacht worden sind. Das Gutachten hat ergeben, dass tatsächlich der Schaden nicht von ihrem Fahrzeug herrühren kann.

Versicherung verweigerte Zahlung für das Gutachten

Die Anfertigung des Gutachtens kostete die VW-Fahrerin 1277 Euro. Sie verlangte, dass ihr Kfz-Versicherer ihr diese Summe ersetze, denn diese wäre vor der Schadensregulierung verpflichtet gewesen, selbst ein Gutachten einzuholen.

Doch lehnte der Versicherer die Kostenübernahme für das Gutachten ab. Daraufhin klagte die Versicherungsnehmerin beim Amtsgericht München.

Urteil: Versicherer darf Schaden nach eigenem Ermessen regulieren

Die zuständige Richterin wies die Klage ab - die Kunden musste also für die Kosten des Gutachtens selbst aufkommen.

Die Versicherung hat keine Pflichten aus dem Versicherungsverstrag verletzt. Sie ist berechtigt, den Unfallschaden des Unfallgegners nach eigenem Ermessen zu regulieren. So haftet sie laut Versicherungsvertragsgesetz direkt gegenüber dem Unfallgegner. Entsprechend darf sie selbständig entscheiden, ob sie den Schaden ersetzt oder nicht. Sie ist nicht gehalten, eine Regulierung zu verweigern, weil ihr Versicherungsnehmer eine Schadensersatzpflicht bestreitet, begründete die Richterin das Urteil.

Kenntnisstand des Versicherers zum Regulierungszeitpunkt ist zu berücksichtigen

Weiterhin ist auch entscheidend, welche Kenntnisse der Versicherer über den Schaden zum Zeitpunkt der Regulierung besitzt. Der Ermessensspielraum geht so weit, dass der Versicherer auch dem Aspekt der Prozessökonomie den Vorrang geben darf, heißt es in der Mitteilung zum Gesetzesspruch. Der Inhalt der Ermittlungsakte wurde vor Regulierung vom Versicherer geprüft. Diese enthielt jene zwei Zeugenaussagen darüber, dass die Klägerin mehrmals gegen den BMW gefahren sei. Eine der beiden Zeuginnen sei am Geschehen zudem völlig unbeteiligt gewesen. Die beklagte Versicherung hat keine Möglichkeit gehabt, eine sofortige Begutachtung einzuleiten, da die Klägerin keine zeitnahe Schadensmeldung machte, so erläutert das Gericht weiter.

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Die beklagte Versicherung war in Anbetracht der Höhe des regulierten Schadens von unter 1000 Euro auch aus wirtschaftlichen Gründen berechtigt, von weiteren Ermittlungen abzusehen.

PM Justiz Bayern