Berufsunfähigkeitsversicherung - Dialog-Vorstandssprecher kritisiert zunehmende Segmentierung bei biometrischen Risiken
Berufsunfähigkeitsversicherung: Bei der Versicherung biometrischer Risiken sieben die Anbieter immer stärker aus. Speziell in der Berufsunfähigkeitsversicherung gibt es den Trend, dass Risikoberufe wie Dachdecker oder Gerüstbauer nur noch teuer einen Schutz erhalten, während weniger risikoreiche Berufe wie Rechtsanwalt sehr preiswert versicherbar sind. Diese Rosinenpickerei sorgt nun auch bei Versicherungsvorständen für Kritik. Oliver Brüß von der Dialog Lebensversicherung warnt, eine noch stärkere Segmentierung der Angebote gefährde das Versicherungsprinzip.
Oliver Brüß, Vorstandssprecher der Dialog Lebensversicherungs-AG, warnt die Versicherungen vor einer weiteren Segmentierung bei biometrischen Risiken. Einerseits führe eine stärkere Segmentierung „natürlich immer dazu, dass sie immer individuellere und bedarfsgerechtere Angebote unterbreiten können“, so Brüss im Interview mit Versicherungswirtschaft Heute. Dies bewirke aber auch, dass der Versicherungsschutz für Kunden mit schlechten Risiken deutlich teurer werde.
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Versicherungsprinzip gefährdet
Sollte die Rosinenpickerei der Anbieter zukünftig noch zunehmen, sieht Brüß sogar das Versicherungsprinzip gefährdet. „Versicherungsprinzip, das habe ich in der Ausbildung gelernt, ist die gegenseitige Abdeckung zahlreicher und artgleicher Risiken. Das Thema zahlreich und gleichartig kommt natürlich stark unter Druck, je stärker ich segmentiere. Und ich glaube, da ist insbesondere im Bereich der BU mittlerweile ein Punkt erreicht, wo man sagen könnte, mehr darf es eigentlich nicht werden“, so der Versicherungsexperte.
Aktuell seien acht Berufsgruppen im Wettbewerb um BU-Kunden die Regel – hier hätte auch die Dialog nachziehen müssen, weil sie sonst in Berufsgruppen, die wesentlich billiger geworden sind, eine schlechtere Wettbewerbssituation gegenüber Mitbewerbern gehabt hätte. Brüß macht in dem Interview deutlich, dass er die zunehmend strenge Unterteilung bedauert. Man laufe in Gefahr, nur noch die schlechten Risiken zu bekommen, wenn man bei den Berufsgruppen weniger segmentiere, kritisiert er. Und ergänzt: „Unterm Strich sage ich aber, mit acht Berufsgruppen ist Schluss. Wenn es dann tiefer geht, wird es sehr, sehr kleinteilig.”
Kritik an der Aussiebepraxis bei BU-Risiken hatten zuletzt auch der Versicherungsmakler Matthias Helberg und die Verbraucherzentrale Nordrhein Westfalen geübt (Versicherungsbote berichtete). Verbraucherzentrale-Vorstand Wolfgang Schuldzinski sieht sogar ein Marktversagen, weil immer mehr Menschen das Risiko der Berufsunfähigkeit nicht absichern können. Die Verbraucherzentralen machen Druck, um eine politische Lösung für das Problem zu erreichen. Das könnte etwa ein gesetzlich vorgeschriebener Kontrahierungszwang in bestimmten Tarifen sein. Der Bedarf ist groß: Aktuell haben 78 Prozent der Bundesbürger keinen privaten Schutz vor Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit.
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Dialog Lebensversicherung mit gutem Geschäftsjahr 2014
Wie Versicherungswirtschaft Heute weiter berichtet, blickt die Dialog auf ein erfolgreiches Geschäftsjahr 2014 zurück. Im abgelaufenen Geschäftsjahr sei das Jahresergebnis von 9 auf 15 Millionen Euro gestiegen (plus 66,7 Prozent). Das Neugeschäft stieg auf 28,7 Millionen Euro (+ 5,9 Prozent gegenüber Vorjahr), die gebuchten Bruttobeiträge wuchsen ebenfalls um +4,9 Prozent. Die Dialog ist eigenständiger Versicherer innerhalb der deutschen Generali-Gruppe und hat sich auf die Absicherung von Todesfall- und Invaliditätsrisiken spezialisiert.