Negativzins: Bank belohnt Kunden fürs Schuldenmachen
Negativzins: Werden Kunden bald belohnt, wenn sie Schulden bei ihrer Bank machen? In Dänemark erhält eine Privatkundin nun erstmals Zinsen ausgezahlt, weil sie einen Kredit bei ihrem Geldinstitut aufgenommen hat. Die deutsche Förderbank KfW stellt schonmal ihre Systeme um, falls sich die neue Schuldenkultur auch hierzulande durchsetzen sollte.
Schulden machen und dabei noch Geld von der Bank gutgeschrieben bekommen? Für Menschen, die knietief im Dispo stehen oder einen Kredit brauchen, mag das wie ein Traum klingen. So unrealistisch scheint dies aber nicht mehr, seit die Finanzinstitute einen Strafzins zahlen müssen, wenn sie ihr Geld bei Notenbanken parken. Und tatsächlich erhält nun erstmals eine Privatkundin Zinsen dafür, dass sie einen Kredit aufnimmt!
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Die glückliche Person ist Eva Christiansen, eine 36jährige Dänin, die als Sexual- und Paartherapeutin arbeitet. Laut einem Bericht der britischen Financial Times hat sie bei der Bank Realkredit Danmark ein Darlehen aufgenommen und bekommt für das Schuldenmachen 0,0172 Prozent gutgeschrieben. Viel ist das nicht: Rund einen Euro macht die Frau im Monat gut. Wenn man aber bedenkt, wie sehr Kunden normalerweise für Kredite zur Kasse gebeten werden, ist das eine positive Sache!
Die Bank spart sich den Strafzins und verdient an Gebühren
Bevor nun auch deutsche Kunden loslaufen, um sich für die Aufnahme eines Kredites bezahlen zu lassen, hier die schlechte Nachricht: Bisher ist die Realkredit Danmark tatsächlich nur in Dänemark aktiv. Warum aber belohnt das Geldhaus die Kreditaufnahme mit Zinsen? Der Hintergrund: Zwar ist der Nachbarstaat kein EU-Mitglied und hat mit der dänischen Krone eine eigene Währung. Aber die Schwäche des Euro setzt auch die Krone unter Druck, ist doch die EU wichtigster Exportmarkt für Dänemark. Die eigene Währung muss abgewertet werden, damit dänische Produkte im Vergleich zur ausländischen Konkurrenz nicht zu teuer werden.
Deshalb verlangt nun auch die dänische Notenbank ähnlich der EZB eine Strafzahlung, wenn heimische Banken überschüssige Liquidität bei ihr parken: Stolze 0,75 Prozent müssen die dänischen Kreditinstitute zahlen! Insofern ist es aus Sicht der Realkredit Danmark fast logisch, Kunden für die Aufnahme eines Kredites zu „belohnen“. Dann kann die Bank immerhin noch an den Gebühren verdienen, den Privatkunden zahlen müssen.
Zudem ist der Kredit aus Sicht der Bank eine Wette darauf, dass der Wert des Geldes langfristig wieder steigt. Die Frau muss das Geld zu einem festen Zeitpunkt zurückzahlen - dann könnte es aber deutlich mehr wert sein, sind doch die europäischen Währungen durch die aktuelle Niedrigzinspolitik stark abgewertet. Das wäre gut für die Bank, aber schlecht für die Kundin. Da kann man das Schuldenmachen schon mal mit einer Gutschrift belohnen!
Auch spanische Badinter belohnt Kreditaufnahme
Dänemark ist nicht das einzige Land, wo Kunden eine Gutschrift für Kredite erhalten. Laut Wall Street Journal wurden jetzt auch Beispiele aus Spanien und Portugal bekannt. Unter anderem belohnt die spanische Badinter das Schuldenmachen. Allerdings gibt es dabei eine Besonderheit: Dies gilt nur, wenn der Kredit in Schweizer Franken aufgenommen wird. Die Schweizer Währung hatte zuletzt ordentlich an Wert gewonnen, was Kreditinhaber teuer zu stehen kam: Sie müssen jetzt deutlich mehr zurückzahlen! Entsprechend ist die Nachfrage nach Schweizer Franken eingebrochen.
Deutsche Förderbank KfW stellt Buchhaltung auf Negativzinsen um
Womöglich dürfen aber auch deutsche Kunden bald darauf hoffen, Zinsen als Belohnung für eine Kreditaufnahme zu erhalten. Ulrich Schröder, Chef der deutschen Förderbank KfW hat am Mittwoch der Jahrespressekonferenz berichtet, dass man sich ebenfalls auf Negativzinsen vorbereite. Die gesamte Buchhaltung und die IT-Systeme werden darauf eingestellt, berichtet Wirtschaftswoche Online.
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Ein denkbares Szenario ist folgendes: Wer sein Eigenheim energieeffizient sanieren will und dafür über Geschäftsbanken auch einen öffentlich subventionierten KfW-Kredit in Anspruch nimmt, könnte zur Belohnung Zinsen erhalten. Im Umkehrschluss müssen Privatkunden auch Strafzinsen fürchten, wenn sie hohe Bankguthaben ansparen wollen. Doch selbst die Banken wissen nicht, welche Auswirkungen die aktuelle Niedrigzinspolitik hat. Die Verhältnisse in der Wirtschaft seien "auf den Kopf gestellt", zitiert die Financial Times die Chefin der schwedischen Bank SEB. "Es gibt kein Geschichtsbuch, in dem man das nachschauen kann".