Die Lebensversicherungen leiden aktuell unter den historisch niedrigen Zinsen und haben Probleme, die hohen Garantiezusagen aus Altverträgen zu bedienen. Doch wie stark belasten hochverzinste Altverträge die Anbieter? Welt Online warnt in einem aktuellen Artikel, dass bald schon der Staat die Lebensversicherer vor der rigorosen EZB-Politik retten muss.

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Sichere Staatsanleihen und Pfandbriefe werfen kaum noch Rendite ab

Das Problem: Die Lebensversicherungen haben früher bis zu 90 Prozent der Kundengelder in Geldanlagen wie Staatsanleihen und Pfandbriefe gesteckt – teils, weil der Gesetzgeber darauf besteht, gelten sie doch als vermeintlich sicher. Doch diese Papiere werfen nun kaum noch Zinsen ab, für manche müssen die Versicherungen gar noch draufzahlen. Das bringt die Anbieter in existentielle Nöte. Wie sollen sie die Versprechen ihrer Kunden erfüllen, wenn sie deutlich weniger Geld erwirtschaften? Viele mussten bereits ihr Tafelsilber verscherbeln, um Garantiezusagen erfüllen zu können. Die Minuszinsen bringen das Geschäftsmodell der Lebensversicherer ins Wanken: Moodys etwa stuft Deutschlands Lebensversicherungsbranche als riskanteste der Welt ein.

Viele hochverzinste Altverträge im Bestand

Besonders bedroht sind Lebensversicherungen mit vielen hochverzinsten Altpolicen. Insgesamt 35 der 87 deutschen Lebensversicherer haben mehr als die Hälfte Verträge im Bestand, die mit 3,25 Prozent und höher verzinst werden. Manche Anbieter haben gar ein Drittel oder mehr Policen im Bestand, die Zinsversprechen von vier Prozent und mehr beinhalten. Laut Welt betrifft dies besonders die Hannoversche Leben, Swiss Life, HDI, Credit Life, Axa, HUK Coburg, Inter und die Familienfürsorge.

Eine hohe Zahl hochverzinster Altverträge muss nicht zwangsläufig bedeuten, dass der Lebensversicherer besonders bedroht ist. Auch auf andere Faktoren kommt es an: Etwa, wie hoch die Verwaltungskosten sind, wie viele Eigenmittel zur Verfügung stehen etc. Aber diese Anbieter sind durch die verschärften Finanzregeln, die seit 2011 gelten, nun besonders unter Druck. Für hochverzinsliche Altverträge müssen sie zusätzliche Polster bilden, um künftig alle Garantieversprechen bedienen zu können.

Anbieterstabilität entscheidend

Infolge der neuen Herausforderungen sei es wichtig, einen finanzstarken Anbieter zu haben, der auch in zehn oder 20 Jahren noch seine Versprechen bedienen könne, kommentiert Welt Online. Und zitiert Lars Heermann von der Ratingagentur Assekurata, die sich soeben mit der finanziellen Situation der Lebensversicherer auseinander gesetzt hat. "Noch vor wenigen Jahren galt es als selbstverständlich, dass die Anbieter noch in 50 Jahren existieren. Dieses Selbstverständnis hat sich grundlegend geändert", so der Fachmann. Weil die Situation auch in den kommenden Jahren herausfordernd sein werde, sollte für Kunden „die Anbieterstabilität im Vordergrund stehen“.

Hierfür können zwei Größen als Orientierung gelten. Zum einen die Solvabilität des Anbieters: Sie gibt an, wie hoch der Anteil an möglichen Verlusten mit Eigenmitteln unterlegt ist. Laut Finanzaufsicht BaFin wird es kritisch, wenn dieser Wert unter 100 Prozent sinkt. Allerdings scheinen die Lebensversicherer noch ganz gut aufgestellt: Branchenweit liegt die Solvabilitätsquote im Schnitt bei knapp 165 Prozent.

Auch ein Blick auf die sogenannte RfB-Quote lohnt. Sie zeigen Rückstellungen an, die zunächst nicht für Beitragsrückerstattungen benötigt werden und die Eigenmittelausstattung stärken. Geringe Reserven hätten u.a. die Neue Bayerische Beamten, LVM, HanseMerkur, Generali, Ergo und Zurich, berichtet die Welt. Auch Ratings, zum Beispiel vom Analysehaus Morgen & Morgen, bieten sich zur Orientierung an.

Welt Online wertet geplante Autobahn-Fonds als Rettungsprogramm für Lebensversicherungen

Kurios: Welt Online wertet die geplante Infrastrukturgesellschaft für Autobahnen und Fernstraßen, die Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) mit einem Expertengremium angestoßen hat, als Rettungsmaßnahme für Lebensversicherungen. Es gehe darum, „für die Branche eine attraktive Anlagemöglichkeit zu schaffen“, heißt es in dem Text. Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat sich soeben für eine entsprechende Grundgesetzänderung stark gemacht. Sollte der geplante öffentlich-private Fonds nicht den Investitionsstau in Deutschlands Infrastruktur bekämpfen? Sollte die Reform nicht den Bürgern und Steuerzahlern zugute kommen?

Ob dies gelingen kann, ist umstritten. Ein Gutachten im Auftrag der Bundesregierung hat ergeben, dass öffentlich-private Projekte aufgrund versteckter Kosten oft teurer sind, als wenn sie gleich von der öffentlichen Hand finanziert werden. So sei etwa beim Ausbau der Autobahn A1 die ÖPP-Variante nicht wie vom Bundesverkehrsministerium angegeben um rund 40 Prozent günstiger gewesen als die konventionelle Finanzierung, sondern fast 28 Prozent teurer. Gut, wenn es wenigstens den Versicherern nützt?

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Doch derartige Belastungen dürften für den Steuerzahler keine neue Situation sein. Als etwa die griechischen Schulden dem öffentlichen Sektor aufgebürdet wurden, profitierten davon nicht nur Banken - sondern u.a. auch viele Lebensversicherer.

Welt Online