Bundestag verabschiedet Kleinanlegerschutzgesetz
Kleinanlegerschutzgesetz: Zehntausende Kleinanleger haben auf dem grauen Kapitalmarkt ihre Ersparnisse verloren, weil sie windigen Versprechungen auf dem grauen Kapitalmark Glauben schenkten. Der deutsche Bundestag hat nun am Donnerstag das Kleinanlegerschutzgesetz verabschiedet, mit dem Privatanleger besser geschützt werden sollen. Nachträglich sind noch Änderungsvorschläge des Finanzausschusses berücksichtigt worden.
Infinus, S&K, Prokon, Malte Hartwieg: Die Liste der Finanzdienstleister, die Kleinanleger mit mutmaßlich unseriösen Versprechen um viel Geld gebracht haben sollen, ist lang. Auch die Bundesregierung sah Handlungsbedarf und hat am Donnerstag das Kleinanlegerschutzgesetz verabschiedet. Verbraucher sollen damit mehr und bessere Informationen über Produkte des sogenannten Grauen Kapitalmarktes erhalten. Auch schärfere Sanktionsmöglichkeiten sind vorgesehen.
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Anleger sollen umfassender über Finanzprodukte informiert werden
Im aktuellen Gesetzestext berücksichtigt wurden 16 Änderungsanträge des Finanzausschusses (Bundesdrucksache 18/4708). An den grundlegenden Zielen änderte sich jedoch nichts. So soll insbesondere die Zugänglichkeit und Aktualität von Anlageprospekten im Sinne des Verbraucherschutzes verbessert werden. Solche Prospekte sind zukünftig nicht mehr unbegrenzt gültig, sondern müssen alle zwölf Monate überarbeitet und aktualisiert werden. Damit trägt der Bundestag dem Umstand Rechnung, dass sich die Erfolgsaussichten eines Finanzproduktes in kurzer Zeit verschlechtern können. Viele Schiffsfonds gingen z.B. pleite, weil der Welthandel infolge der Finanzkrise Einbrüche erlebte.
Ein weiterer Schritt hin zu mehr Transparenz: Verflechtungen von Unternehmen mit den Emittenten und Anbietern einer Vermögensanlage müssen verstärkt offengelegt werden. Weiter müssen Anbieter auch nach Beendigung des öffentlichen Angebots von Vermögensanlagen alle Tatsachen unverzüglich veröffentlichen, die geeignet sind, die Erfüllung der Verpflichtungen gegenüber den Anlegern erheblich zu beeinträchtigen. Diese Informationen müssen auch auf der Internetseite des Unternehmens zur Verfügung stehen.
Werbung für hochriskante Anlageprodukte weiter erlaubt – mit Warnhinweis
Einen Rückzieher machte die Bundesregierung hingegen beim geplanten Verbot bzw. der Beschränkung von Werbung. Das heißt: Auch weiterhin darf für hochriskante Graumarkt-Produkte mit schillernden Prospekten beworben werden. Allerdings müssen die Anbieter nun einen Warnhinweis einbauen, vergleichbar mit den Gesundheitswarnungen auf Zigarettenschachteln: „Der Erwerb dieser Vermögensanlage ist erheblichen Risiken verbunden und kann zum vollständigen Verlust des Vermögens führen.“
Ob die Verbraucher durch den Hinweis tatsächlich zu mehr Vorsicht angehalten werden, bleibt abzuwarten. Denn der Gesetzgeber gestattet ein Schlupfloch. Wenn elektronische Werbung weniger als 210 Schriftzeichen umfasst, darf der Warnhinweis in einem eigenen Dokument „versteckt“ werden. Notwendig ist nur ein deutlich sichtbarer Link in der Werbung, der mit „Warnhinweis“ gekennzeichnet ist und darauf verweist. In diesem Punkt bleibt die Bundesregierung weit hinter dem ursprünglich geplanten Werbeverbot zurück.
Mehr Spielraum für Crowdfunding und soziale Projekte
Größere Spielräume als ursprünglich vorgesehen gestattete die Bundesregierung für Crowdfunding-Projekte. Bei der sogenannten Schwarmfinanzierung muss nun erst ab 2,5 Millionen Euro ein Anlageprospekt ausgehändigt werden und nicht -wie ursprünglich geplant- ab eine Million Euro. Verpflichtend ist jedoch die Aushändigung eines Vermögensanlagen-Informationsblattes (VIB) für diese Geldanlagen. Crowdfunding ist bei jungen Unternehmen beliebt, die Startkapital für eine Geschäftsidee suchen. Aber auch Künstler finanzieren sich verstärkt durch Crowdfunding – etwa Musiker, die eine CD aufnehmen wollen.
Mehr Freiheiten erhalten zudem gemeinnützige Körperschaften und Religionsgemeinschaften. Für deren Finanzprojekte entfällt nicht nur die Prospektpflicht bis 2,5 Millionen Euro, sie sind zusätzlich von der Pflicht zur Aushändigung eines Vermögensanlagen-Informationsblattes befreit. Voraussetzung hierfür ist allerdings ein provisionsfreier Vertrieb.
BaFin erhält mehr Kontrollbefugnisse
Weitere Befugnisse erhält die Bundesanstalt für Finanzaufsicht (BaFin). Auf der eigenen Website darf sie künftig bei Verstößen Maßnahmen und Bußgeldentscheidungen bekannt machen. Bei erheblichen Bedenken für den Anlegerschutz oder Gefahren für das Funktionieren oder die Integrität der Finanzmärkte kann sie den Vertrieb bestimmter Finanzprodukte beschränken oder verbieten.
Die BaFin kann zudem die Rechnungsunterlagen eines Unternehmens des „Grauen Kapitalmarkts“ bei Hinweisen auf bestehende Missstände durch einen externen Wirtschaftsprüfer prüfen lassen. Dadurch soll der Druck auf Unternehmen erhöht werden, Bilanzierungsfehler zu vermeiden. Offenlegungsverstöße werden außerdem mit 250.000 Euro statt bisher 25.000 Euro geahndet.
Kritik von der Opposition
Die Oppositionsparteien enthielten sich bei der Abstimmung im Bundestag der Stimme. Die Linke argumentierte, man begrüße es ausdrücklich, dass der Graue Kapitalmarkt nunmehr einer „zaghaften“ Regulierung unterworfen werde und dass die BaFin im Vorgriff auf die Umsetzung europäischen Rechts Produkte künftig vom Markt nehmen könne, wenn Verbraucherinteressen und Marktstabilität gefährdet seien. Kritisch wertete die Oppositionspartei hingegen, dass Unternehmen "nur" zu einem Bußgeld verpflichtet werden, wenn sie gegen das Gesetz verstoßen - jedoch nicht zur Rückabwicklung der Kundengelder. Mit einen reinen Bußgeld für die Anbieter sei "keinem geprellten Kleinanleger geholfen". Auch bleibe die Zweiteilung der Anlageberatung einerseits nach Kreditwesengesetz, andererseits nach Gewerbeordnung unverändert erhalten.
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Auch Bündnis 90/die Grünen begrüßten, dass die BaFin nun "Angebote von Vermögensanlagen untersagen könne". Dies habe man seit Jahren schon gefordert. Allerdings gehe die Regulierung bei Crowdfunding-Plattformen nicht weit genug - ein Kritikpunkt, den die Partei mit den Linken teilt. Für soziale Projekte fordern die Grünen eine höhere Freigrenze bis 4 Millionen Euro, weil sonst Probleme bei der Anschlussfinanzierung z.B. beim sozialen Wohnungsbau entstehen könnten. Drittens sei im Hinblick auf die Frage der Anwendbarkeit des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB) auf Genossenschaften mit dem Gesetzentwurf keine zusätzliche Rechtssicherheit geschaffen worden. Es würden hierzu verschiedene Rechtsauffassungen existieren. Daher wäre eine Klarstellung im Gesetz notwendig gewesen. Viertens seien wichtige Reformen der Verbraucherinformation nicht angegangen worden. Die Struktur der Verkaufsprospekte sei dringend im Interesse der Anleger hinsichtlich Form und Inhalt zu standardisieren.