„Erschossen hat mich der Rolf“. Gesagt hat es der inzwischen verstorbene Medienunternehmer Leo Kirch. Gemeint war damit Rolf Breuer, der als Vorstands-Chef der Deutschen Bank mit einer umstrittenen Interview-Aussage zu dessen Kreditwürdigkeit den Kirchkonzern (damals unter anderem Pro Sieben/Sat1) im Jahr 2002 in die Pleite getrieben haben soll. So sah es Kirch jedenfalls. Als Motiv vermutete er, die Bank wollte lukrative Beratungsmandate ergattern, um den Kirchkonzern zu zerschlagen.

Anzeige

Zwölf Jahre Kirch-Prozess

Fakt ist; kurz nach Breuers Interview war Kirch pleite und klagte gegen die Bank auf Schadenersatz. Erst nach gut zwölf Jahren einigte man sich mit Kirchs Erben, Leo Kirch starb im Jahr 2011, auf 925 Millionen Euro Vergleichssumme. Aber: Die im Prozess vernommenen Vorstände der Deutschen Bank sollen im Prozess gelogen haben. „Prozessbetrug“ lautet der Vorwurf der Münchener Staatsanwaltschaft gegen den (mit Anshu Jain) amtierenden Co-Vorstandschef Jürgen Fitschen und dessen Vorgänger Josef Ackermann und Rolf Breuer. Seit dieser Woche stehen die drei letzten Bank-Chefs und weitere Ex-Vorstände vor Gericht.

Einzig Jürgen Fitschen, im Nebenberuf Banken-Präsident, hat sich zu dem Betrugsvorwurf öffentlich geäußert, er habe „weder gelogen noch betrogen“. Eine Geldauflage zur Einstellung des Verfahrens gegen ihn hat Fitschen abgelehnt. Klar scheint bisher; die Deutsche Bank kann nicht alle Sünden materiell abgelten. Neben dem Kirch-Folgeprozess um vorgeworfenen Prozessbetrug sprechen auch die Aufsichts- und Justizbehörden der Welt und Fachkritiker eine klare Sprache.

LIBOR-Zinsmanipulation

Jüngst hat die Deutsche Bank von der britischen Finanzaufsicht und mehreren US-Behörden eine Strafe von insgesamt umgerechnet 1,4 Milliarden Euro aufgebrummt bekommen, weil sie nach deren Erkenntnissen jahrelang IBOR-Zinssätze manipulierte. Dabei handelt es sich um Referenzzinsen, die weltweit Finanzmärkte bis hin zu einzelnen Kreditverträgen bewegen. Wegen dieser Manipulationen hat die Bank vor gut einem Jahr weitere 725 Millionen Euro Ablass an die EU bezahlt; insgesamt also mehr als zwei Milliarden „nur“ wegen IBOR.

Kriminelle Vereinigung?

Zusammen mit „Der Deutschen“ bestrafte die EU fünf weitere Banken; zwei Institute erhielten als „Kronzeugen“ Straferlass. Dennoch war die 725-Millionen-Strafe ein Geldrekord in Sachen LIBOR. Hinzu kommen aktuell besagte 1,4 Milliarden Euro in die Kassen der britischen und US-Behörden. Für den Korruptionsbekämpfer Dr. Wolfgang Hetzer, Abteilungsleiter bei Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) sind solche Strafen noch lange nicht angemessen. In einem Aufsatz in der Zeitschrift „Die Kriminalpolizei“ (März 2014) hat Autor Hetzer die jüngere Geschichte der Deutschen Bank aufgearbeitet. Die Überschrift: „Ist die Deutsche Bank eine kriminelle Vereinigung?

500 Billionen Kredite betroffen

Der Korruptionsbekämpfer beschreibt in Sachen IBOR-Manipulation, zwei Händlerringe und die insgesamt acht bestraften oder zwei als Kronzeugen davon gekommenen Banken hätten sich über mehrere Jahre, etwa von 2006 bis 2011, „mit verschwörerischen Mitteln und in Bereicherungsabsicht abgesprochen“. Nach Hetzers Darstellungen haben die manipulierten LIBOR-Zinssätze „Geschäfte im Wert von 500 Billionen Dollar beeinflusst“. Dabei handelt es sich offenbar um das Gesamtvolumen der Geschäfte. Hierzu muss man in Prozent-Bruchteilen rechnen, die gleichwohl sehr, sehr hohe Summen ergeben.

Strafen im Promillebereich

Wenn bei 500 Billionen US-Dollar Volumen die Zinssätze nur um ein Prozent manipuliert wurden, entspräche dies rechnerisch immer noch 5 Billionen oder 5.000 Milliarden US-Dollar. Im Vergleich zu einem marktgerecht entstandenen, nicht manipulierten Zins haben demnach entweder die Schuldner zu viel bezahlt oder die Gläubiger haben zu wenig erhalten. Kurzum: Gut zwei Milliarden Ablass der Deutschen Bank entsprechen selbst unter Berücksichtigung der Strafzahlungen anderer Banken nur einem Promille-Anteil des Schadens. Dass die Geldstrafen für Banken zu niedrig sind, um eine abschreckende Wirkung zu erzielen und derartige Delikte zukünftig zu verhindern, argumentierte Versicherungsbote bereits in einem früheren Kommentar.

Anzeige

Fortsetzung folgt...