Versicherung: Senioren in teure Verträge gedrängt?
Versicherung: Oft zahlen Senioren für eine Versicherung deutlich mehr als andere Bevölkerungsgruppen. Verbraucherschützer warnen nun: Versicherungen bedienen sich des Tricks, bestehende Policen älterer Menschen zu kündigen, um sie im Anschluss für deutliche teurere Anschlussverträge zu verpflichten. Doch ist das in Ordnung?
Versicherungskonzerne machen es Senioren wirklich nicht leicht, sich gegenüber den Risiken des Alltags abzusichern. Bei privaten Unfallversicherungen beispielsweise werden Ältere massiv gedrängt, teurere Neuverträgen abzuschließen unter Androhung einer Kündigung, berichten Verbraucherschützer. Bei Kfz-Policen wird der Schutz mit zunehmendem Alter ebenfalls erheblich kostspieliger.
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Ältere Kunden verursachen höhere Kosten
„Leider ist es bei manchen Versicherern so, dass sie nur jene Risiken versichern wollen, die sich für das Unternehmen auch rechnen“, sagte Kerstin Becker-Eiselen, Juristin der Verbraucherzentrale Hamburg. „Doch wird es etwa bei älteren Kunden teuer, werden diese Personen ausgeschlossen.“ Laut der Verbraucherschützerin sei es inzwischen Usus, dass die Versicherungen ein Höchstalter für ihre Kunden ansetzten. Sobald dieses Alter erreicht sei, würde der Vertrag gekündigt, ohne Rücksicht darauf, dass der Versicherte jahrelang Beiträge gezahlt hat. Solidarisch oder verantwortungsvoll ist das nach Ansicht der Verbraucherzentralen nicht.
Womöglich bewegen sich die Versicherer innerhalb des Rechts, wenn sie ihren Kunden Altersgrenzen setzen. Auch verweist der Gesamtverband der Versicherer darauf, dass das Schadengeschehen mit steigendem Alter deutlich zunehme. Ein Sprecher bestätigte ferner, dass Versicherer beim Erreichen der festgelegten Altersgrenzen ihrer Kunden dazu tendieren, Verträge mit „modifizierten Konditionen“ anzubieten. Auf diese Weise würde den Kunden auch im höheren Alter noch „angemessener Unfallversicherungsschutz für erschwingliche Beiträge“ ermöglicht.
Senioren-Versicherungen teuer und kompliziert?
Das ist sehr umsichtig, doch die stattdessen angebotenen speziellen Senioren-Versicherungen sind in der Regel ungleich teurer und zudem kompliziert, entgegnet Becker-Eiselen. Der Verbraucherschützer führt zudem an, dass Versicherer Ältere zum Abschluss von Versicherungen bewegten, indem sie zum Beispiel in Werbespots gezielt mit der Karte der Angst spielten und gravierende Unfallfolgen wie etwa die eines Oberschenkelhalsbruch drastisch in Szene setzten. „Das ist ein unredliches Geschäft mit der Angst“, so die Juristin.
In der Praxis bedeutet das, dass viele Millionen Senioren nach einem Vertragswechsel, etwa nach dem sie sich einen neuen Wagen angeschafft haben, deutlich höhere Beiträge in Kauf nehmen müssen. In einem von der Redaktion von DerWesten berechneten Musterbeispiel zahlt ein 85-Jähriger bei ansonsten gleichen Voraussetzungen über die Hälfte mehr als ein 65-Jähriger für seinen VW Golf. „Senioren sind den Beitragserhöhungen ausgeliefert“, sagt Bianca Boss vom Bund der Versicherten. Und leisten sich die Alten dann auch noch einen Unfall, machen einzelne Versicherungsunternehmen von ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch.
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Tragen damit auch Versicherungen dazu bei, dass viele Senioren weniger im Portemonnaie haben? Angesichts von rund zwanzig Millionen Rentnern insgesamt ist der Anteil der armen Senioren bisher noch gering. Allerdings hat sich dieser Anteil von Rentnern an der Armutsgrenze seit der Einführung der Grundsicherung bereits um 80 Prozent erhöht. Die Versicherer müssen sich also ein kleines bisschen sputen, wenn sie noch ein paar erfolgreiche Deals mit vermögenden Senioren abschließen wollen.