Beschwerden über Wohngebäude- und Kaskoversicherung haben zugenommen
Über Wohngebäudeversicherungen und Kfz-Versicherungen gingen im vergangenen Jahr die meisten Beschwerden beim Versicherungsombudsmann, Prof. Dr. Günter Hirsch, ein. Insgesamt erhielt die Schlichtungsstelle 12.815 Beschwerden über Versicherungsunternehmen, das zeigt der gestern veröffentlichte Jahresbericht 2014.
Mit 19.897 Beschwerden wurde ein neuer Höchststand erreicht, doch darunter befanden sich viele Beschwerden gegen Banken. Rechne man die unzulässigen Eingaben heraus, entspreche das Beschwerdeaufkommen (12.815) in etwa der Größenordnung des Vorjahres (12.614), erklärte der Geschäftsführer des Versicherungsombudsmann e. V., Dr. Horst Hiort, zur Statistik.
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Elementarschäden häufig Grund für Beschwerden gegen Wohngebäudeversicherer
In der Gebäudeversicherung war im Berichtsjahr ein starker Anstieg der Eingänge zu verzeichnen (+ 32,3 %) Der Anteil der zulässigen Beschwerden erhöhte sich von 905 Beschwerden im Vorjahr auf 1.197. Im Vergleich zum vergangenen Jahr gab es vermehrt Beschwerden zu den Risiken Sturm-, Hagel- und Elementarschäden. Dies ist auf die Unwetterereignisse in den Jahren 2013 und 2014 zurückzuführen.
Kfz-Kasko-Versicherung: Missverständnisse durch mangelnde Kommunikation in der Schadenbearbeitung
Auch in der Kfz-Kaskoversicherung nahmen die zulässigen Beschwerden stark zu (+ 14,9 %), in der Kfz-Haftpflichtversicherung wurde hingegen ein Rückgang verzeichnet (- 12,4 %). So wandten sich Beschwerdeführer beispielsweise häufig an den Ombudsmann, weil der Versicherer nach einem gemeldeten Fahrzeugdiebstahl keine Leistung erbringen wollte. Ebenso gab es Unstimmigkeiten mit Anbietern, weil Versicherungsnehmer nicht mit Regulierungsbeträgen für Schäden einverstanden waren.
Gleichsam wie im vergangenen Berichtsjahr haben auch 2014 mangelhafte Kommunikation im Rahmen der Schadenaufnahme und -bearbeitung sowie missverständliche Aussagen von Sachverständigen immer wieder zu Streitigkeiten zwischen den Versicherern und ihren Kunden geführt, so er Bericht.
Lebensversicherung zunehmend von europäischer und deutscher Rechtsprechung erfasst
In der Lebens- (- 13,5 %) und der Berufsunfähigkeitsversicherung (- 14,0 %) wurde ein Rückgang der Beanstandungen verzeichnet. Die Lebensversicherung wird zunehmend von der europäischen und deutschen Rechtsprechung erfasst wird, erläutert der Ombudsmann. Das betrifft etwa die EuGH-Entscheidung im Dezember 2013, wonach Lebensversicherungsverträge nach dem Policenmodell, also ohne Übermittlung der Vertragsbedingungen bzw. Verbraucherinformationen im Zuge des Abschlusses, gegen europäisches Recht verstoßen. Ab Mai 2014 hatte sich der BGH in einer Serie von Entscheidungen mit der Thematik befasst. Schließlich wurde noch das BVerfG angerufen, das eine wesentliche rechtliche Bewertung des BGH am 2. Februar 2015 für „objektiv unvertretbar“ erklärte.
Diese Zunahme des Richterrechts, so Prof. Hirsch, führe zwar dazu, dass die juristische Prüfung der Verbraucheranliegen inzwischen erheblich aufwändiger ausfalle. Zugleich habe sich aber auch die Rechtsposition der Versicherungsnehmer erheblich verbessert. Noch immer gebe es jedoch einige ungeklärte Rechtsfragen, was er als Ombudsmann zum Anlass nehme, bei den Unternehmen darauf hinzuwirken, Streitigkeiten einvernehmlich beizulegen.
Gesetzgebung zur Beilegung von Verbraucherstreitigkeiten
Im Anschluss an seinen Tätigkeitsbericht erläuterte Prof. Hirsch den Stand der Gesetzgebungsarbeiten für das neue Verbraucherstreitbeilegungsgesetz, das für ein lückenloses und flächendeckendes Netz an Schlichtungsstellen sorgen soll. Damit werde EU-Recht umgesetzt und das materiell-rechtliche Verbraucherschutzrecht durch ein spezielles verfahrensrechtliches Instrument zur einfachen Durchsetzung der Rechte der Verbraucher ergänzt. Neben die verfassungsrechtliche Garantie des gerichtlichen Rechtswegs trete eine gesetzliche Garantie des außergerichtlichen Zugangs zum Recht. Die Schlichtungsstelle erfülle alle wesentlichen Anforderungen, die das Gesetz absehbar für die Verbraucherstreitschlichtungsstellen vorsehe.
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Hirsch wies darauf hin, dass in der Diskussion um die Ausgestaltung der Schlichtungsstellen von vielen Seiten, u. a. vom Deutschen Richterbund und dem Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), der Versicherungsombudsmann – insbesondere wegen seiner institutionellen Unabhängigkeit – ausdrücklich als Vorbild genannt wurde. Auch Bundesjustizminister Heiko Maas, der sich im Oktober 2014 zusammen mit Staatssekretär Gerd Billen bei einem Besuch der Schlichtungsstelle über die außergerichtliche Streitbeilegung informiert hatte, bezeichnete den Versicherungsombudsmann als „ein Vorbild für effektiven Verbraucherschutz“.