Oberstaatsanwalt Kai Dömland wirft den sechs Hauptbeschuldigten gewerbsmäßigen Betrug in besonders schwerem Fall und Kapitalanlagebetrug vor. Die Staatsanwaltschaft geht von 22.000 Geschädigten aus, die zwischen Januar 2011 und November 2013 insgesamt 312 Millionen Euro bei der Infinus-Konzernmutter Future Business KG aA (FuBus) angelegt hatten. Die Anklageschrift umfasst stolze 757 Seiten und wurde am Montag dem Landgericht Dresden vorgelegt, wie die Behörde berichtet.

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Anleger mit Scheingewinnen getäuscht?

Laut Anklageschrift sollen die Infinus-Manager ein Schneeballsystem etabliert haben, das gar nicht dazu geeignet gewesen sei, die versprochene Rendite abzuwerfen. Das Modell Infinus habe demnach ab 2006 auf der Vortäuschung von Scheingewinnen durch gruppeninterne Geschäfte beruht. Die den Anlegern versprochenen Renditen hätten nur aus zusätzlich eingeworbenen Geldern ausgezahlt werden können: es mussten also immer gutgläubige Neukunden hinzugewonnen werden, damit das System nicht zusammenbricht.

Ab spätestens 2011 soll es auch den sechs Beschuldigten bewusst gewesen sein, dass sie ein Schneeballsystem unterhalten. Doch die Konsequenzen verschwiegen sie laut Anklage absichtlich gegenüber den Vermittlern des INFINUS AG Finanzdienstleistungsinstituts (FDI), die für den Vertrieb der Anlageprodukte zuständig gewesen sind. So konnten immer neue Kunden geworben werden, zumeist Kleinanleger mit wenig Anlageerfahrung, die nun den Verlust von großen Teilen ihres investierten Geldes fürchten müssen.

Seit Herbst 2013 in Untersuchungshaft

Die Staatsanwaltschaft betonte, dass es sich bei den in der Anklageschrift Genannten nur um einen Teil der Geschädigten handelt. Insgesamt sei mit 54.000 geprellten Anlegern der Infinus-Gruppe zu rechnen, die circa 2,1 Milliarden Euro in Ordnerschuldverschreibungen und Nachrangdarlehen der FuBus KG investiert hatten. Grund für die Beschränkung sei das sogenannte Beschleunigungsgebot in Haftsachen, dass den Beschuldigten ein schnelles Verfahren ermöglichen soll. Fünf der sechs Beschuldigten sitzen seit November 2013 in U-Haft. Ein weiterer Manager wurde nach umfangreicher Aussage im Februar 2014 auf Antrag der Staatsanwaltschaft entlassen.

Die lange Haftzeit hat die Verteidiger der inhaftierten Manager zu starker Kritik veranlasst. Sein Mandant sitze seit nunmehr über 18 Monaten in Untersuchungshaft, ohne dass handfeste Beweise vorliegen würden, klagte Martin Wissmann, Rechtsanwalt des ehemaligen Infinus-Aufsichtsrates Siegfried Bullin. Er spricht von „Willkür“ und sogar einem „Justizskandal“. Während die Richter eine mögliche Fluchtgefahr als Ursache für die lange U-Haft nennen, ist sie für die Verteidiger ein Beleg dafür, dass die Beweise dünn gesät sind (Versicherungsbote berichtete).

Undurchsichtiges Firmengeflecht

Lorenz Haase von der Staatsanwaltschaft Dresden nennt andere Gründe für die lange Dauer der Ermittlungen. So habe das Infinus-Geflecht aus insgesamt 22 Firmen bestanden, die Beweissicherung sei entsprechend umfangreich und schwierig gewesen. „Bei der Durchsuchung Anfang November 2013 wurden rund 24.000 Aktenordner und Datenträger mit einem Speichervolumen von 50 Terrabyte sichergestellt, die entsprechend aufbereitet werden mussten“, erklärt der Jurist dem Mitteldeutschen Rundfunk (MDR). Im Laufe des Verfahrens sicherten die Ermittler Vermögenswerte in Höhe von 81,3 Millionen Euro, darunter 8,3 Millionen bei den Beschuldigten. Wann es zum Prozessauftakt kommt, ist laut Haase noch unklar, da gegen weitere Infinus-Akteure ermittelt werde.

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Ein Zivilprozess gegen Infinus läuft derzeit parallel vor dem Landgericht Leipzig, bei dem ein geprellter Geldanleger Schadensersatz für seine Verluste fordert (Az. 9 O 1528/14). In einem Musterverfahren soll geklärt werden, wer für falsche und unterlassene Angaben in den Prospekten der Infinus verantwortlich ist (Versicherungsbote berichtete). Die Richter hatten nach Informationen des MDR beim Verhandlungstermin Mitte Juni Hinweise auf sittenwidrige Täuschungen in den Prospekten gesehen, ein Urteil steht auch hier noch aus.