Die Insolvenz des Dresdner Finanzdienstleisters Infinus AG zählt zu den größten Finanzskandalen in der Geschichte der Bundesrepublik. Demnach sollen zehntausende Kleinanleger mit einem Schneeballsystem getäuscht worden sein und müssen nun fürchten, dass große Teile des investierten Geldes verloren sind. Enttäuschte Kunden machten dabei auch Forderungen gegen gebundene Vermittler des Infinus-Haftungsdaches geltend und wollten sie persönlich für ihren Schaden in Haftung nehmen.

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Auch wenn die Forderungen bisher erfolgreich abgewendet werden konnten, wirft der Infinus-Skandal die generelle Frage auf, wie gebundene Vermittler sich im Rahmen einer Anlageberatung am besten verhalten sollten, um haftungssicher zu beraten. Versicherungsbote hat bei Rechtsanwalt Nikolaus Sochurek nachgefragt.

Versicherungsbote: „Herr Sochurek, worauf sollten gebundene Vermittler im Vergleich zu ungebundenen Anlageberatern besonders achten?“

Sochurek: „Grundsätzlich gilt, dass der betreffende Vermittler offenlegen muss, dass er nicht selbst als Berater / Vermittler agiert, sondern er lediglich in rechtlicher Stellvertretung für das betreffende Haftungsdach auftritt. Diese Offenlegung kann grundsätzlich mündlich wie auch schriftlich erfolgen. Aufgrund der besseren Beweisbarkeit ist jedoch strikt darauf zu achten, dass die Stellvertretung schriftlich klar gestellt wird und dies auch vom Kunden unterschrieben wird.“

Versicherungsbote: „Genügt es, wenn der Berater eine Visitenkarte übergibt, aus der ersichtlich ist, dass er für das Haftungsdach agiert?“

Sochurek: „Nach unserer Rechtsmeinung: Ja. Aber: Da die Beratungen oftmals in den Büroräumlichkeiten des gebundenen Vermittlers stattfinden, der vielfach neben seiner Tätigkeit als vertraglich gebundener Vermittler auch ein eigenes Geschäft betreibt, sollte man sich darauf alleine nicht verlassen. Außerdem ist die Beweisbarkeit in einem möglichen Rechtsstreit schwierig. Der Kunde wird regelmäßig behaupten, eine solche Visitenkarte nicht erhalten zu haben. Besser ist daher ein Dokument mit der Unterschrift des Kunden!“

Versicherungsbote: „Ist es rechtlich zulässig, dass ein vertraglich gebundener Vermittler neben seiner Tätigkeit im Rahmen des § 2 Abs. 10 KWG auch noch ein eigenes Geschäft im Bereich Anlage- oder Versicherungsberatung betreibt?“

Sochurek: „Ja, das ist ohne weiteres erlaubt. Allerdings ist in diesen Fällen gegenüber dem Kunden besonderes Augenmerk auf eine strikte Trennung der beiden Tätigkeiten zu richten. Wenn der betreffende Berater den Kunden beispielsweise bislang in seiner eigenen Eigenschaft als Kaufmann persönlich beraten hat, so muss er besonders deutlich machen, dass er bei der Vermittlung bestimmter Produkte als gebundener Vermittler agiert. Beispielsweise sollten Dokumente oder Unterlagen, welche Produkte des Haftungsdaches betreffen, nicht mit dem persönlichen Briefkopf des Anlageberaters an Kunden versendet werden. Bei einer solchen zweigleisigen Tätigkeit gilt umso mehr: Strikt auf eine Trennung der Tätigkeiten gegenüber dem Kunden achten und diese schriftlich dokumentieren.“

Versicherungsbote: „Welche weiteren Beratungsfehler treffen den gebundenen Vermittler grundsätzlich?“

Sochurek: „Der gebundene Vermittler ist wie jeder andere Anlageberater dazu verpflichtet, seine Kunden anlage- und objektgerecht zu beraten. Bei einer ordnungsgemäßen Offenlegung der Stellvertretung haftet der gebundene Vermittler zwar nicht persönlich für die Beratung, aber es sollte schon im wirtschaftlichen Eigeninteresse des gebundenen Vermittlers liegen, nicht durch Falschberatung seinen Kunden zu schaden oder das hinter ihm stehende Haftungsdach in einen Haftpflichtprozess zu verwickeln.“

Versicherungsbote: „In unterschiedlichen Quellen ist immer wieder zu lesen, dass auch durch die Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens eine Haftung des gebundenen Vermittlers bestehen könnte?“

Sochurek: „Dies ist grundsätzlich richtig. Wie jeder andere Stellvertreter im Rechtsverkehr auch, haftet ein vertraglich gebundener Vermittler dann, wenn er besonderes persönliches Vertrauen für sich in Anspruch genommen hat. Hierbei handelt es sich jedoch um eine absolute Ausnahmekonstellation. Erforderlich wäre es, dass der Vermittler eine von seiner Person ausgehende persönliche Gewähr für das Gelingen der Anlage übernommen haben müsste. Diese Ausnahme wurde bislang in keinem einzigen Prozess aus dem Komplex Infinus bejaht. Überdies wäre dann selbstverständlich noch eine inhaltliche Falschberatung in der Sache erforderlich, um einen Schadensersatzanspruch bejahen zu können.“

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Versicherungsbote: Vielen Dank für das Interview!