Allianz-Chefinvestor hielt Grexit für sehr wahrscheinlich
Im Griechenland-Poker wurde heute beim Krisengipfel in Brüssel offenbar eine Einigung erzielt. Dabei hielt der deutsche Chefanleger der Allianz Versicherung, Jörg Ladwein, einen Grexit zum Wochenende noch für sehr wahrscheinlich. Der Euro-Austritt Griechenlands habe eine Wahrscheinlichkeit von „50 Prozent Plus“, sagte Landwein der Wirtschaftszeitung „Euro am Sonntag“.
Im Poker um ein neues Hilfspaket für Griechenland in Höhe von 85 Milliarden Euro zeichnet sich nun endlich eine Einigung ab. Die ganze Nacht von Sonntag zu Montag haben die 19 Regierungschefs der Eurozone um eine Lösung gerungen, dabei zeigten sich auch Gräben zwischen den einzelnen Regierungen. Während Frankreich der griechischen Regierung stärker entgegenkommen wollte, forderte die Bundesregierung weiterhin einen harten Sparkurs.
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Immerhin, nach 17 Stunden zäher Verhandlungen, scheint nun Alexis Tsipras die Forderungen der Gläubiger zu akzeptieren. "Trotz der harten Sparvorlagen: Der Grexit gehört der Vergangenheit an. Wir haben einen Finanzkollaps abgewendet", sagte Tsipras vor Pressevertretern. Entwarnung kann aber noch keine gegeben werden. Bevor Athen ein drittes Hilfspaket bekommt, muss das griechische Parlament noch viele Gesetze beschließen. Auch der Bundestag muss noch zustimmen.
My statement following the conclusion of the Eurozone Summit #Greece #EuroSummit http://t.co/s6P6IR4SJ1 pic.twitter.com/7163eoDFDW
— Alexis Tsipras (@tsipras_eu) 13. Juli 2015
Allianz-Chefanleger Ladwein rechnete mit Grexit
Jörg Ladwein, Chefanleger der Allianz Deutschland, hielt einen Austritt Griechenlands aus dem Euro noch am Wochenende für naheliegend. „Seit dem Referendum setze ich die Wahrscheinlichkeit bei 50 Prozent plus an“, sagte Ladwein gegenüber der Wirtschaftszeitung „Euro am Sonntag“. Aber: Ein sogenannter Grexit würde aus Sicht Ladweins den Euro vermutlich nicht schwächen. „Er gälte als Zeichen, dass man auf das Einhalten verbindlicher Abmachungen besteht.“ Für die Aktien- und Anleihenmärkte wären die Folgen „eher begrenzt“ und für die Kapitalanlage der Allianz „gleich null“, sagte Ladwein. Der Finanzkonzern halte schon des längeren keine griechischen Papiere mehr.
Diese Einschätzung verwundert. Erst Mitte Juni überraschte die Nachricht, dass die Allianz ihr Engagement in Griechenland ausgeweitet hatte – trotz der nach wie vor ungelösten Schuldenkrise. 1,2 Milliarden Euro steckte die Allianz über ihre US-amerikanische Tochter PIMCO in riskante Griechenland-Bonds, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete. Damit hält der Versicherer über seine Tochter das größte Volumen an Hellas-Bonds hinter der Europäischen Zentralbank. Allerdings ist auch dieser Wert vergleichsweise gering, wenn man bedenkt, dass der Pimco Total Return Fund 102,8 Mrd. Dollar schwer ist.
Ein Widerspruch zu Ladweins Aussage, man halte schon lange keine griechischen Papiere mehr, ist dieses Engagement nicht. Denn nach Informationen des Handelsblattes ist die Allianz tatsächlich nur mit 2 Millionen Euro direkt in Griechenland investiert. Der große Rest der Anlagesumme fließt dagegen im Auftrag von institutionellen Investoren nach Griechenland. Also zum Beispiel Hedgefonds, die auf einen Verbleib Griechenlands im Euro wetten. Die Griechen-Papiere halten die Geldprofis teilweise in speziellen Mandaten für Großanleger.
Daumenschrauben für griechische Regierung?
Ob der heute erzielte Kompromiss die Wirtschaft in Griechenland ankurbeln wird, ist umstritten. Viele Vorhaben schädigen nach Einschätzung austeritätsskeptischer Ökonomen wie dem schottischen Ökonomieprofessor Mark Blyth eher dem Wachstum. Die Mehrwertsteuer soll angehoben werden und ertragsreiche staatliche Unternehmen privatisiert, wofür ein Fonds nach Vorbild der deutschen Treuhand vorgesehen ist. Und wenn die Sparziele nicht erreicht werden, ist automatisch eine Kürzung des Budgets vorgesehen. Letztendlich könnten sogar jene profitieren, die die Krise mit zu verantworten haben. An der Übernahme der Wasserwerke von Thessaloniki ist beispielsweise ein Unternehmen der griechische Oligarchenfamilie Bobolas interessiert, von der sich Mitglieder wegen Steuerhinterziehung verantworten müssen. Der Nachrichtensender n-tv spricht von "Daumenschrauben", die nun der griechischen Regierung angelegt werden.
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Die Hilfsgelder hingegen kommen nur zum Bruchteil wachstumsfördernden Maßnahmen zugute. IWF-Chefökonom Olivier Blanchard hat auf dem Blog iMF Direct bestätigt, dass zwei Drittel der “Rettungsgelder” nicht dem griechischen Staatshaushalt zur Verfügung stehen, sondern direkt an internationale Gläubiger gehen. "Die Finanzierung für Griechenland wurde benutzt, um ausländische Banken zu bezahlen", erklärt er weiter – will aber den Vorwurf nicht stehen lassen, dass allein die Sparmaßnahmen der Troika die griechische Wirtschaft um ein Viertel einbrechen ließ. Dafür verantwortlich seien u.a. auch Korruption, die fehlende Zuversicht griechischer Unternehmer sowie Gerüchte über einen möglichen Grexit.