Die Lebensversicherung ist sozialer, als man denkt!
Lebensversicherung: Entfernen sich die Lebensversicherer aus der sozialen Marktwirtschaft, weil sie ihre Überschussbeteiligung senken? Diese These vertrat Axel Kleinlein, Chef beim Bund der Versicherten (BdV), in einem Gastkommentar für Versicherungsbote. Matthias Wühle, Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei der Policen Direkt Versicherungsvermittlung GmbH in Frankfurt am Main, widerspricht Kleinlein nun in einer Erwiderung. Die Lebensversicherung sei sozialer, als man denkt!
Axel Kleinlein ist der Auffassung, dass sich Lebensversicherer aus der sozialen Marktwirtschaft entfernen, wenn Sie die Überschussbeteiligungen senken. Denn die Überschüsse, so Kleinlein, ist etwas, worauf die Versicherten ein Anrecht hätten, ein Anrecht als Ausgleich für überhöhte Prämienzahlungen. Der BdV-Vorsitzende vergleicht die Kürzungen der Überschüsse mit einem Autohersteller, bei dem die Halter von Fahrzeugen zur Kasse gebeten würden, weil ein anderer Fahrzeugtyp mit einer Rückrufaktion Kosten verursacht hat. Kleinlein führt das zu dem Schluss, dass sich die Versicherer damit der sozialen Marktwirtschaft entfernen würden.
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Eine Lebensversicherung ist kein Auto
Jedoch geht Kleinleins selbst gewähltes Beispiel am Grundprinzip des Versicherungsgedankens vorbei: Einem Halter eines Opel Corsa kann es vollkommen egal sein, wenn beispielsweise alle Fahrzeuge der Marke Astra durch eine Rückrufaktion die Bilanz der Adam Opel AG belasten würde. Der Corsa-Fahrer hat schließlich nur für sein Fahrzeug bezahlt und nutzt auch nur dieses. Anders ist es bei der Lebensversicherung. Bereits ab dem ersten Jahr werden Policeninhabern Überschüsse in derselben Höhe ausgezahlt, egal, ob sie erst seit einem oder schon seit 10 Jahren dabei sind. Die Überschüsse sind also keine Entschädigung aus gezahlten Prämien eines einzigen Versicherungsvertrages, sondern sie stellen einen kollektiven Ausgleich dar und sind Zahlungen, die aus dem gesamten Versicherungsgeschäft einer Periode resultieren.
Der Kollektivgedanke in der Versicherung richtet sich dabei sowohl auf die Anzahl gemeinschaftlich versicherter Personen, also der Versichertengemeinschaft, als auch auf Versicherte in der Zukunft und der Vergangenheit. Das bedeutet, der Versicherte profitiert ebenso von den Zinserträgen älterer Verträge, wie er zukünftige Risiken zu tragen hat – und umgekehrt. Aktuelles Beispiel ist die vom Gesetzgeber geforderte Zinszusatzreserve, die auch die Überschussdeklarationen belastet. Versicherte mögen das vielleicht nicht gut finden, ein Abschied aus der sozialen Marktwirtschaft stellt dies jedoch nicht dar. Ganz im Gegenteil: Wenn man schon solche großen Begriffe herbeibemüht, sollte man sich auch dessen bewusst sein, dass „sozial“ von „Societas“ abgeleitet ist, lateinisch für „Gesellschaft“, ein Begriff, der das Zusammenleben von Menschen in einem Verbund beschreibt. Kein System vermag das gegenseitige „füreinander einstehen“ besser zu beschreiben, als das Prinzip der Lebensversicherung. Hinzu kommt, dass die Deklaration der Überschussbeteiligungen keineswegs nach Gutsherrenart von den Versicherern entschieden werden kann, wie der Artikel möglicherweise suggeriert. Im Gegenteil: Die Komplexität und der kollektive Charakter der Überschüsse führen dazu, dass die Überschussdeklaration strengsten Auflagen unterliegt, die sowohl im VAG als auch im VVG geregelt sind. Bereits beim geringsten Verdacht der Abweichung könnte die Aufsichtsbehörde einschreiten.
Sinkende Überschüsse sind kein Abgesang auf die soziale Marktwirtschaft
Sinkende Überschüsse stellen also keinen Abgesang der sozialen Marktwirtschaft dar, sondern sie sind umgekehrt die einzige Möglichkeit für Versicherungsgesellschaften, Gewinne und Kosten gerecht und sozial auf alle zu verteilen. Die dahinter stehende Absicht des Bundes der Versicherten (BdV), sich für die Rechte einzelner Versicherter stark zu machen, verdient prinzipiell Anerkennung. Jedoch sollte man nicht leichtfertig die Vorzüge eines Kollektivvertrages, wie sie der Lebensversicherung zugrunde liegt, ins Gegenteil verkehren. Denn damit beginge man den Fehler, die Interessen der Versichertengemeinschaft nicht ausreichend zu berücksichtigen.
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Im Unterschied zu Verbraucherschutzverbänden, die stets Einzelinteressen bedienen, besitzt die Versichertengesellschaft als solche keine Lobby, eben aufgrund ihres anonymen Charakters. Eine Ausnahme bilden hier institutionelle Versicherungsnehmer, wie zum Beispiel die Policen Direkt Gruppe, die Marktführer im Zweitmarkt für Lebensversicherungen ist und die Lebensversicherungen im Wert von insgesamt mehr als 1,2 Milliarden Euro verwaltet. Diese zahlt wie alle anderen Versicherungsnehmer Prämien an die Versicherer und empfängt von ihnen Überschüsse. Auch für Policen Direkt ist ein Sinken der Überschussdeklarationen wenig erfreulich. Jedoch wissen Policenankäufer auch zu schätzen, dass die angekauften Lebensversicherungen durch eine konservative Anlagestrategie der Versicherer und durch zahlreiche gesetzliche Regelungen noch immer zu den sichersten Anlageformen Deutschlands gehören.