Versicherungsbote: Sie haben das Online-Portal finatra.de ins Leben gerufen. Dort können sich Nutzer mit wenigen Klicks einen Überblick über den finanziellen Handlungsbedarf machen, etwa „Wie sieht es mit dem Versicherungsschutz aus“ oder „Wie ist es um meine Altersvorsorge bestellt?“ Können Sie das Projekt bitte vorstellen? Welche Ziele verfolgen Sie damit?

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Gustav Steiner, Diplombetriebswirt und Prokurist bei der gfp Gesellschaft für Private Finanzplanung mbh Gustav Steiner: Wir verfolgen mit finatra zwei Ziele: Erstens, mit unserem kostenlosen Angebot für Verbraucher wollen wir ein Instrument schaffen, das es breiten Bevölkerungskreisen ermöglicht, sich mit geringem zeitlichen Aufwand selbst einen Überblick über den eigenen finanziellen Handlungsbedarf zu machen – bereitgestellt durch eine neutrale Instanz ohne eigene Verkaufsinteressen. Die persönliche Situationsanalyse, die man für sich auf unserer Website www.finatra.de erstellen kann, unterstützt die Nutzer, bei den eigenen finanziellen Entscheidungen „im Fahrersitz“ zu sein. Schließlich wollen Verbraucher zu Recht das gute Gefühl haben, selbstbestimmte Entscheidungen zu treffen.

Zweitens, mit unserem Angebot für Finanzberater wollen wir einen Weg aufzeigen, wie sich Online- und persönlicher Vertrieb sinnvoll verknüpfen lassen und wie sich dabei obendrein Zeit- und Qualitätsvorteile für die Beratung generieren lassen. Denn wenn der Kunde sich zunächst selbst seine persönliche Situationsanalyse zur privaten Finanzplanung erstellt und der Finanzberater diese dann bearbeiten und mit seiner Beratungsleistung „veredeln“ kann, sehen wir zwei zentrale Vorteile: Der Finanzberater hat einen einzigartig schnellen Einstieg in die qualifizierte Rundum-Beratung des Kunden. Zudem kann er sich gute Hoffnung auf ein zufriedenstellendes Beratungsergebnis machen, wenn er seinen Kunden bedarfsgerecht berät und die „Formel“ greift: Wer weiß was er will, erhält, was er braucht.

Versicherungsbote: Sie schreiben in einer Pressemeldung: „Um die Neutralität des Ergebnisses für die Nutzer zu gewährleisten, werden durch finatra Finanzprodukte weder verkauft noch vermittelt.“ Das bedeutet, Ihre Beratung erfolgt komplett produktunabhängig?

Gustav Steiner: Das ist richtig. Unsere Kompetenz liegt mit der persönlichen Situationsanalyse ausschließlich darin, den Bedarf des Kunden zu benennen, einzuschätzen und Hinweise dafür zu geben, was bei der Bedarfsdeckung zu beachten ist. Die Kompetenz, diesen Bedarf zu decken und geeignete Produkte auszuwählen, liegt beim Finanzberater. Diesem Fokus verfolgen wir im Übrigen nicht erst seit der Gründung von finatra, sondern wir sind diesem Grundsatz seit der Gründung unserer gfp Gesellschaft für Private Finanzplanung mbH im Jahr 1997 treu.

Versicherungsbote: Wie finanziert sich finatra.de? Schließlich muss so eine Webseite programmiert und unterhalten werden.

Gustav Steiner: Es handelt sich in der Tat um ein Investment unsererseits. Das Angebot von finatra ist und wird auch in Zukunft für private Nutzer kostenfrei bleiben, im Klartext: Wir wollen über finatra von privaten Nutzern kein Entgelt. Wir vertreiben keine Finanzprodukte, betreiben keinen Datenhandel und nerven nicht mit unerwünschter Werbung. Jeder Nutzer entscheidet selbst, ob er seine persönliche Situationsanalyse lieber für sich behält oder ob er dazu seinen Finanzberater konsultieren will. Einnahmen erzielen wir mit Geschäftskunden über Beratung, über den Verkauf von Software sowie durch die Qualifikation von Finanzberatern. Auch in diesem Punkt werden wir uns treu bleiben, denn das war schon immer das Geschäftsmodell von gfp.

Versicherungsbote:...auf Basis welcher Daten haben Sie Ihre Finanzanalyse ermittelt? Unterschiedliche Finanzberater könnten auch unterschiedliche Schwerpunkte bei der Absicherung des Kunden setzen.

Gustav Steiner: Und das ist gut so, wenn es dem Bedarf des Kunden entspricht. Schließlich setzen auch die Kunden ganz unterschiedliche Schwerpunkte bei Ihren Zielen und Wünschen. Mit finatra wollen wir ja eben die selbstbestimmte Entscheidung der Verbraucher und das qualifizierte Beratungsgespräch unterstützen. Wir empfehlen, die Hinweise, die der Verbraucher mit seiner persönlichen Situationsanalyse erhält, als Entscheidungskriterien zur Kenntnis zu nehmen und dann persönlich abzuwägen. finatra ist damit ein Instrument zur Entscheidungsunterstützung, keineswegs zur Entscheidungsfindung. Denn wir sind der festen Überzeugung, dass sich Verbraucher nicht anhand irgendwelcher Normen über einen Kamm scheren lassen. Eine bedarfsgerechte Beratung macht sich vor allem daran fest, ob ich als Kunde eine bewusste Entscheidung getroffen habe. Eine gute Beratung sollte auch ein gutes Nachkaufgefühl mit sich bringen, und dies stellt sich nur ein, wenn ich als Kunde weiß: Ich habe die Entscheidungskriterien verstanden und abgewogen. Es war mein Wunsch und meine Entscheidung, dass ich diesen Vertrag abgeschlossen habe.

Versicherungsbote: Sie zielen auf eine ganzheitliche Finanzberatung mit den drei Säulen „Lebensgrundlage sichern“, „Vermögen bilden“ und „Vermögen schützen“. Warum ist Ihnen der ganzheitliche Ansatz wichtig?

Gustav Steiner: Um zu wissen, worauf es bei der Planung und der Steuerung der finanziellen Situation eines Privathaushalts ankommt, bedarf es einer Rundum-Analyse der möglichen Handlungsfelder. Denn nur in der Gesamtheit kann fundiert erkannt werden, welche Handlungsfelder wann im Lebenszyklus wie wichtig sind. So kann man beispielsweise eine hervorragende Beratung zum Abschluss einer Baufinanzierung erhalten haben. Das alles hilft aber im Zweifel nichts, wenn die finanzielle Absicherung rund um das finanzielle Vorhaben nicht bedacht ist – wenn also beispielsweise der Hinterbliebenenschutz nicht angesprochen wurde. Schließlich muss auch dafür Sorge getragen werden, dass die knappen finanziellen Mittel des Kunden an der Stelle eingesetzt werden, an der sie dem Privathaushalt am meisten nutzen.

Versicherungsbote: Sie empfehlen finatra.de auch als Expertentool für Finanzberater. Wie können speziell ungebundene Finanzanlagenvermittler und Versicherungsmakler Ihr Portal nutzen?

Gustav Steiner: Stellen Sie sich vor, Sie nutzen finatra für Finanzberater und haben in Ihrem Bestand Kunden, die beispielsweise nur ein Produkt bei Ihnen abgeschlossen haben, mit denen Sie also noch keine sehr intensive Kundenbeziehung pflegen. Mit finatra haben Sie ein Instrument in der Hand, das es Ihnen nach kurzer Dateneingabe ermöglicht, eine Bedarfseinschätzung aufgrund einer finanziellen Rundum-Analyse zu erhalten, die von einer neutralen Instanz ohne eigene Verkaufsinteressen stammt. Dann können Sie eben sehr schnell und auf einer glaubwürdigen Grundlage mit Ihrem Kunden besprechen, welche Beratungsinteressen beim Kunden bestehen. Unser Expertentool ermöglicht es Ihnen weiterhin, die persönliche Situationsanalyse Ihres Kunden hinsichtlich seiner Beratungsinteressen zu bearbeiten und zu verfeinern. Das Ergebnis der Beratung – inklusive eventueller Neuverträge – können Sie anschließend auf finatra für Ihren Kunden festhalten. So kann dieser im Nachgang jederzeit mit wenigen Klicks nachsehen, welchen Vertrag er bei Ihnen warum abgeschlossen hat. Und sollte sich hierzu eine Frage ergeben, genügen wiederum wenige Klicks, um Sie dies wissen zu lassen.

Versicherungsbote: Auf Ihrer Webseite schreiben Sie: „Die Situationsanalyse vor Beratung dient der Orientierung bei der Finanzplanung, stellt aber keine Beratung dar und kann diese nicht ersetzen.“ Wie sehen Sie die Zukunft der persönlichen Anlageberatung? Immer mehr Kunden schließen Verträge online ab.

Gustav Steiner: Für einen Online-Abschluss spricht derzeit vor allem ein augenscheinlich günstiger Preis, was natürlich für viele Kunden ein attraktives Argument ist. Sich jedoch allein hierauf zu fokussieren, wie dies bei vielen Online-Vergleichsportalen der Fall zu sein scheint, halten wir für keine gute Entwicklung. Beispielsweise in der Lebensmittelbranche erleben wir nach einer Phase fast ruinösen Preiswettbewerbs nun den genau gegenläufigen Trend zu nachhaltigen, regionalen und fair erzeugten Lebensmitteln. Und dieser Trend wurde nicht von der Anbieterseite initiiert sondern von der Nachfrageseite ausgelöst – weil die Verbraucher erkannt haben, dass „billig“ nicht „gut“ heißt. Wir sind überzeugt davon, dass breite Bevölkerungskreise auch in Zukunft für komplexe Fragenstellungen auf die Leistungen eines vertrauenswürdigen persönlichen Finanzberaters zurückgreifen wollen und werden.
Für unumkehrbar halten wir jedoch die Entwicklung, dass sich fast jeder Kunde heutzutage zusätzlich zu den Auskünften seines Beraters selbst im Internet schlau macht, um seine Kaufentscheidung abzusichern. Genau diesem Bedürfnis tragen wir mit finatra Rechnung.

Versicherungsbote: finatra.de ist als kostenlose Beta-Version derzeit frei zugänglich. Stellen Sie die Webseite auch zukünftig kostenfrei zur Verfügung? Wie sehen Ihre weiteren Pläne für die Plattform aus?

Gustav Steiner: Wie gesagt, wird das Angebot für die private Nutzung kostenfrei bleiben. Für Geschäftskunden bieten wir Beratung, Software sowie die Qualifikation von Finanzberatern an. Diese Leistungen werden wir weiterhin zu marktgerechten Preisen anbieten – sowohl als Angebot für „Einzelkämpfer“ als auch im Customizing für Großkunden.

Versicherungsbote: Datenschutz ist ein Thema, das zunehmend an Bedeutung gewinnt. Bei finatra.de werden sensible persönliche Daten abgefragt, etwa zur finanziellen Situation. Was unternehmen Sie, um den Datenschutz zu gewährleisten?

Gustav Steiner: Datenschutz hatte bereits während der Entwicklung von finatra einen zentralen Stellenwert. Personenbezogenen Daten werden daher nur im notwendigen Umfang erhoben und auch nur auf deutschen Servern verarbeitet, die angemessenen Sicherheitsrichtlinien entsprechen. Für uns hat es höchste Priorität, dass nur der Verbraucher entscheiden kann, was mit seinen Daten geschieht. Dies wird durch einen externen Datenschutzbeauftragten überwacht und kontrolliert. Im Übrigen: sensible Bestandsdaten und Vertragsdetails werden auf finatra nicht abgefragt. Selbst die Postanschrift des Kunden ist keine Pflichtangabe. Uns ist natürlich klar, dass kein Finanzberater finatra nutzen würde, wenn er sich in Sachen Datenschutz nicht 100% sicher sein könnte.

Versicherungsbote: Vielen Dank für das Interview! (Die Fragen stellte Mirko Wenig)

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Hintergrundinformationen: Angeboten wird finatra durch gfp Gesellschaft für Private Finanzplanung mbH, die bei der Entwicklung die Forschungsergebnisse des angeschlossenen ifp genutzt hat. ifp steht für Institut für Private Finanzplanung an der Universität Passau, das unter Leitung von Prof. Dr. Jürgen Steiner Forschung zur Privaten Finanzplanung betreibt. Das wissenschaftliche Institut entwickelt Verfahren und Instrumente, um Finanzplanung und Finanzberatung aus Kundensicht zu fundieren und um die Beratungsqualität und damit den Anlegerschutz zu stärken. Wirtschaftlich ist das Institut eine selbstständige Einrichtung von gfp, die für Unternehmen der Finanzdienstleistungsbranche Beratungsleistungen, Software und Qualifikation von Finanzberatern anbietet. Gustav Steiner, 38 Jahre alt, hat in Nürnberg BWL studiert und blickt auf eine langjährige Erfahrung als Unternehmensberater für Finanzdienstleistungsbranche zurück. Seit über vier Jahren leitet er den Geschäftsbereich Consulting bei gfp und ist dort Prokurist.