Gothaer Lebensversicherung - "Haben positive Resonanz von Vermittlern erhalten"
Die Gothaer Versicherung will die Abschlussvergütung für Vermittler in der Lebensversicherung bis Ende 2016 schrittweise senken und neue Garantiemodelle einführen. Versicherungsbote hat bei Ulrich Neumann nachgefragt, Leiter des Maklervertriebs der Gothaer, warum der Versicherer Änderungen am Garantiemodell vornimmt und wie er die Zukunftschancen für die Lebensversicherung allgemein einschätzt.
Versicherungsbote: In den Medien wird zunehmend kritisch über die Lebensversicherung berichtet. Laut GDV wurden im Jahr 2014 LV-Verträge im Wert von 14,86 Milliarden Euro storniert. Steckt die Lebensversicherung in einer Vertrauenskrise – und was wären die Gründe hierfür?
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Ulrich Neumann: Die Statistiken des GDV zeigen aber auch, dass die Stornoquoten seit 2008 kontinuierlich zurückgehen. Die Stornierung eines Lebensversicherungsvertrages kann viele Gründe haben, wie beispielsweise geänderte Lebensumstände. Ich sehe das nicht als Indiz für eine Vertrauenskrise, ein Großteil der Bundesbürger setzt bei der Altersvorsorge nach wie vor auf Lebens- oder private Rentenversicherungen. Leider wird in der zum Teil sehr polemisch geführten öffentlichen Debatte meistens verkannt, dass es sich bei der privaten Rentenversicherung – nach wie vor – um die einzige Anlageform handelt, die eine lebenslange Rente garantiert und somit eine wichtige Grundsäule zur Vermeidung der Altersarmut darstellt.
Versicherungsbote: Die Gothaer hat angekündigt, die individuelle Abschlussprovision in der Lebensversicherungssparte um 15 Promille im Vergleich zur bisherigen Vermittlervergütung herabzusetzen (Details siehe hier). War dieser Schritt dank LVRG unausweichlich?
Ulrich Neumann: Zunächst sei gesagt, dass es sich bei den 15 Promille um eine Umverteilung der Provision handelt und nicht um eine Senkung. Wir reduzieren die Abschlussvergütung um 15 Promille. Im Gegenzug erhalten unserer Partner aber 15 Promille über zehn Jahre als laufende Vergütung. Der Gesetzgeber hat den Versicherungsgesellschaften mit dem Lebensversicherungsreformgesetz u.a. die Aufgabe gegeben, den Umgang mit Abschlussprovisionen in Zeiten des Niedrigzinses zu überdenken und neue Lösungen zu schaffen. So soll sichergestellt werden, dass die Produkte für die Kunden auch in einer Niedrigzinsphase interessant gestaltet werden können. Dem haben wir mit unserer Überarbeitung des Vergütungsmodells Rechnung getragen.
Versicherungsbote: Die bisherige Abschlussprovision können Makler nur erreichen, wenn der Kunde mindestens zehn Jahre lang seinen Vertrag durchhält. Vermittler klagen, ihnen werde das Risiko einer vorzeitigen Vertragskündigung durch den Kunden aufgebürdet. Das Argument: Kunden kündigen mehrheitlich nicht, weil sie schlecht beraten wurden, sondern wenn sich ihre Lebenssituation geändert hat. Können Sie die Kritik nachvollziehen?
Ulrich Neumann: Wir haben auf unser Modell mit der Verteilung der Provision über zehn Jahre eine sehr positive Resonanz seitens der Vermittler erhalten. Viele haben uns bestätigt, dass wir mit diesem Zeitraum einen guten Kompromiss zwischen Abschluss und Vergütungszeitpunkt gefunden haben. Gerade bei mittelständischen Maklerunternehmen, die zu unserer Kernzielgruppe gehören, erhalten wir die Rückmeldung, dass eine laufende Vergütungskomponente als positive Entwicklung angesehen wird.
Versicherungsbote: Sie haben angekündigt, das Privatgeschäft mit „klassischen“ Lebensversicherungen zu verringern und neue Garantiemodelle einzuführen. Warum funktionieren klassische Lebensversicherungen aus Ihrer Sicht nicht mehr?
Ulrich Neumann: Klassische Versicherungen funktionieren auch heute noch. Jedoch ist es an der Zeit sich über Weiterentwicklungen der Produkte Gedanken zu machen, um die Attraktivität für den Kunden bei einer anhaltenden Niedrigzinsphase sicherzustellen. Hier sehen wir den Bedarf – aus Kunden- und Unternehmenssicht - Modelle zu entwickeln, die den Wunsch nach Sicherheit mit attraktiven Renditemöglichkeiten unter der Rahmenbedingung einer andauernden Niedrigzinsphase kombinieren.
Versicherungsbote: Haben klassische Modelle unter den jetzigen Bedingungen überhaupt noch eine „Überlebenschance“? Auch andere Versicherer wollen ihr Geschäft mit derartigen Policen reduzieren.
Ulrich Neumann: Ein klares ja, aber nur, wenn sie für alle Seiten sinnhaft weiterentwickelt und kapitaleffizient gestaltet sind.
Versicherungsbote:...und wie könnten die neuen Garantiemodelle der Gothaer zukünftig aussehen? Gibt es schon konkrete Pläne?
Ulrich Neumann: Wir arbeiten mit Hochdruck an der Entwicklung neuer Produkte. Hierbei sind wir aktuell in enger Absprache mit führenden Maklerhäusern. Details kann ich Ihnen aber aktuell noch nicht nennen.
Versicherungsbote: Umfragen zeigen, dass deutsche Sparer bei der Geldanlage die Sicherheit bevorzugen und dafür sogar auf Rendite verzichten – ein Grund, warum Aktien hierzulande vergleichsweise unpopulär sind. Was stimmt Sie optimistisch, dass die Verbraucher LV-Modelle mit eingeschränkten Garantien akzeptieren? Bedeutet dies nicht auch weniger Sicherheiten für den Kunden?
Ulrich Neumann: Im Grunde geht es bei neuen Modellen mehr um eine zeitliche Verschiebung der Garantien, hin zu endfälligen Garantien. Die Praxis zeigt, dass diese Garantieform den Bedarf der Menschen am ehesten trifft. Für den Kunden bedeutet dies darüber hinaus zusätzlich, dass er die Chance hat, stärker von positiven Entwicklungen an den Kapitalmärkten zu profitieren.
Versicherungsbote: Die OECD warnte in einem Bericht, der Niedrigzins könnte einige Lebensversicherer und Pensionsfonds mittelfristig in die Pleite führen. Rechnen Sie mit einem Fortdauern der historisch niedrigen Zinsen?
Ulrich Neumann: Wir gehen von einem nur leichten Zinsanstieg aus, so dass das Zinsniveau erst einmal weiter niedrig bleiben wird.
Versicherungsbote: ...und wie ist die Gothaer auf ein anhaltendes Niedrigzins-Umfeld vorbereitet? Haben Sie Ihre Anlagestrategien im Vergleich zu früheren Hochzins-Zeiten geändert?
Ulrich Neumann: Wir setzen auf eine noch breitere Diversifikation im Fixed Income Bereich und investieren hier auch außerhalb Europas. Großes Potenzial sehen wir daneben auch bei Immobilien und Erneuerbaren Energien. Aktuell haben wir bereits rund 500 Mio. Euro in Windkraft-, Solar und Wasserkraftanlagen investiert und planen noch in diesem Jahr weitere Investitionen im Wert von 200 Mio. Euro. Im Bereich Immobilien sind wir durchschnittlich mit 10 Prozent investiert.
Versicherungsbote: Ihr Ausblick: Wird die Lebensversicherung auch in 20 Jahren noch eine der beliebtesten Altersvorsorgeformen der Deutschen sein?
Ulrich Neumann: Definitiv ja. Der Bedarf nach privater Altersvorsorge steigt ebenso wie die Lebenserwartung der Menschen und Lebens- bzw. Rentenversicherungen waren und sind nach wie vor die einzige Anlageform, die diesen Bedarf und das Langlebigkeitsrisiko abdecken können. Allerdings wird es auch in Puncto Transparenz und Flexibilität Neuentwicklungen geben müssen, damit auch die jungen Kunden sich frühzeitig mit der Absicherung beschäftigen. Hier sind wir als Lebensversicherer gefordert, attraktive Lösungen anzubieten.
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Versicherungsbote: Vielen Dank für das Interview! (Die Fragen stellte Mirko Wenig)