Wer heute sein Auto auf- oder zuschließen will, muss längst nicht mehr seinen Autoschlüssel in ein mechanisches Zündschloss stecken. Das Öffnen und Verriegeln des Fahrzeugs funktioniert mittels eines Funksignals: Das Auto erkennt den mit einem Sender versehenen Schlüssel eines Fahrers, wenn dieser sich um etwa drei Meter nähert. Und das Auto verriegelt auch die Tür automatisch, wenn der Fahrer diesen Radius wieder verlässt. Ein System, das mehr Komfort verspricht: Lästiges Kramen nach dem Schlüssel entfällt.

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Autos werden mittels „Keyless“-Funktion gestohlen: Ohne Einbruchsspuren!

Aber auch Kriminelle gehen mit der Zeit und haben sich die neue Technik längst zu Nutze gemacht. Sie können das Funksignal des Schlüssel-Senders abfangen und die Reichweite beim Weggehen des Fahrers verlängern. Ist der Autobesitzer in ausreichender Entfernung, öffnen die Diebe einfach die Wagentüre, ohne dass sie gewaltsam in das Auto eindringen müssen. In Hessen wurden auf diese Weise mehrere teure Autos gestohlen, teilte das Hessische Landeskriminalamt im Juli mit: Rund 80 Luxusautos verschwanden im Raum Offenbach und Hanau. Bei älteren Automodellen kommen auch Störsender zum Einsatz, die den Verriegelungsmechanismus der Türe blockieren.

Laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung wartet auf die Betroffenen weiterer Ärger mit ihrem Kaskoversicherer. Durch das gewaltlose Öffnen des Autos lassen sich auch Einbruchspuren nur schwer oder gar nicht nachweisen. Die Kasko zahlt, wenn das Auto gestohlen oder fest installierte Einrichtungen wie Musikanlagen aus dem Wagen herausgebrochen wurden. Aber: „Sind keine Einbruchspuren festzustellen, kann der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall nur schwer beweisen“, erklärt Monika Maria Risch, Fachanwältin für Versicherungsrecht, dem Münchener Blatt. Im schlimmsten Fall sieht sich der unglückliche Autobesitzer noch des Versicherungsbetrugs verdächtigt. Auch die Fahndung nach den Übeltätern, oft professionell agierende Banden, wird durch die fehlenden Spuren erschwert.

Die Kaskoversicherer haben zwar mittlerweile das Problem erkannt und versuchen, ihren Kunden entgegenzukommen. Fehlende Einbruchspuren alleine seien kein Grund für die Verweigerung der Versicherungsleistung, sagt Wolfgang Beringer, Referent für Kaskoversicherungen bei der HUK Coburg, gegenüber der Süddeutschen. Vielmehr würden die Fälle genau geprüft, in denen Autos aufgrund von Funkstörungen beschädigt oder gestohlen werden. Zudem würde man auf polizeiliche Ermittlungen zurückgreifen. Dennoch kann sich der Versicherungsnehmer mit der Situation konfrontiert sehen, dass er den gewaltsamen Einbruch schlichtweg nicht beweisen kann – und leer ausgeht.

Hackerangriffe aus der Ferne

Das Problem könnte sich zukünftig noch verschärfen. Auch Hackerangriffe aus der Ferne seien ein denkbares Szenario, berichtet die Süddeutsche. So musste Fiat Chrysler in den USA 1,4 Millionen Jeeps zurückrufen, nachdem sich zwei IT-Experten Zugang zur Bordelektronik verschafft haben. Dabei setzten die Tüftler u.a. die Bremsen außer Kraft und betätigten das Lenkrad. So stellt die technische Entwicklung für die Schadenregulierung der Versicherer eine Herausforderung dar. Jeder Autohersteller habe ein eigenes System aufgebaut, welches eine eigene Programmiersprache verwende und außerhalb der Unternehmen unbekannt sei, erklärte ein ADAC-Sprecher. Auch die Black Boxes von Telematik-Versicherungen wurden in den Staaten schon gehackt.

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Wie aber kann man sich vor derartigen Delikten schützen? Eine Möglichkeit ist die Verwendung eines sogenannten „Keysafe“-Schlüsseletuis aus Metall, das ein Abfangen des Signals verhindert. Ebenso wirksam sind Schlüsselmäppchen mit einer speziellen Sicherheitsfolie, und sogar die Nutzung einfacher Alufolie erschwert den Dieben ihr Werk. Wer die Möglichkeit dazu hat, sollte sein Auto zudem in einer Garage parken statt auf der Straße abstellen. Christian Resch vom Polizeipräsidium Südhessen rät außerdem gegenüber Focus Online: "Achten Sie auf Auffälligkeiten in Türschlossnähe an der Fahrerseite, z.B. kleine Kästchen am Türschloss, Aktenkoffer oder Rucksäcke " - dort könnten die Diebe ihre Scanner platziert haben.

Süddeutsche Zeitung