Kfz-Versicherung - Bundesgerichtshof stoppt Totalschaden-Manipulationen
Kfz-Versicherung: Fahrzeuge geschädigter Autobesitzer müssen nach einem fremdverschuldeten Unfall von der Werkstatt fachgerecht repariert werden. So hat es der Bundesgerichtshof jetzt zum Schadenausgleich durch den Kfz-Versicherer entschieden. Die Reparaturkosten zu Lasten des Versicherers dürfen durch das Weglassen auch scheinbar unwichtiger Teile nicht künstlich unter die Totalschaden-Schwelle gedrückt werden.
Fachgerecht meint in dem zugrundeliegenden Streitfall vor Gericht vor allem eines: Vollständig!Technisch völlig unbedeutende Zierleisten an ihrem Mercedes C 200 Diesel verschlechterten in dem jetzt höchstgerichtlich verkündeten Urteil die Schadenbilanz einer Geschädigten erheblich. Was allen Anschein nach wie einem Problem mit der Zierleiste aussieht (also reine Optik?) kostete eine Unfallgeschädigte jetzt endgültig, weil der Bundesgerichtshof (BGH) es in letzter Instanz so entschied, eine Menge Geld (Az.: VI ZR 387/14).
Anzeige
Bescheidenheit ist keine Zier(-leiste)!
Der Sachverhalt ist schnell erzählt. Der Mercedes der Geschädigten wurde unfreiwilliges Unfallopfer und die Eignerin des Wagens begehrte Schadenersatz vom Verursacher. Dessen Versicherer war auch bereit zu zahlen, jedoch maximal den Restwert des älteren Daimlers - maximal bis zur Höhe von 130 Prozent des Restwertes. Dieser Wert, in der Rechtsprechung nicht umstritten, gilt sozusagen als magische Schwelle für die Höchstleistung des Versicherers.
Schaden war 186 Prozent des Wiederbeschaffungswertes
Das Problem der geschädigten Mercedes-Besitzerin war in dem vorliegenden Fall, dass der Gutachter die Werkstattkosten für die Reparatur auf 186 Prozent des Wiederbeschaffungswertes schätzte: ein eindeutiger wirtschaftlicher Totalschaden. In der Folge ließ die geschädigte Dame das Auto sparsamer reparieren. Neben einer gebrauchten Tür verzichtete sie auf den Tausch eines Kniestücks und das Ersetzen von Zierleisten.
Bei unvollständige Reparatur...
Wegen der Gebrauchtteile (weil für einen älteren Wagen) zeigte sich der BGH noch gnädig gegenüber der sparsamen Eignerin des Daimlers. Aber das Weglassen unter anderem der Zierleisten beurteilten Deutschlands höchste Richter als unvollständige Reparatur in Anbetracht der Vorgaben des Gutachters, obwohl diesen Chromteilen technisch keine tragende Rolle zukommt. Durch sparsamen beziehungsweise unvollständigen Materialeinsatz wurde die Reparaturrechnung zwar der Höhe nach knapp unter 130 Prozent gedrückt.
... gibt es nur 100 Prozent – den Wiederbeschaffungswert
Dem Grunde nach, so der BGH, war der alte Mercedes aber nicht vollständig wiederhergestellt. Sodann kassierte das Gericht die 130-Prozent-Rechnung und sprach der Geschädigten nur noch 100 Prozent des Wiederbeschaffungswertes zu. In Geld gemessen bekam die Daimler-Eignerin statt der tatsächlichen Reparaturkosten von gut 2.000 Euro nur den Wiederbeschaffungswert zugesprochen. Eine im Sinne und Grund des Schadengutachters angemessene Reparatur hätte von diesem kalkuliert nämlich knapp 3.000 Euro gekostet.
Manipulationen sollen ausgeschlossen werden
Im vorliegenden Fall ist, wenn man das Urteil des BGH liest, von keinerlei unedlen Motiven der Geschädigten auszugehen. Lediglich wollte die Frau offenbar ihren geliebten Daimler in einem fairen Ausgleich ihres Schaden zu reduzierten Kosten wieder als fahrbaren Untersatz erhalten – wenn Interpretationen an dieser Stelle einmal erlaubt sind. Das Urteil des BGH richtet sich gleichwohl auf künftige Fälle, weil Urteile des höchsten deutschen Gerichtes immer Grundsatzcharakter haben.
Würde das Gericht nicht so entscheiden wie geschehen, hätte dies aus Sicht der Richter wirtschaftlich-rechtliche Folgen zu Lasten der Versicherer. Deswegen ein Originalzitat aus der Urteilsbegründung:
Anzeige
„Andernfalls (als entschieden, Anmerkung der Red.) ergebe sich auch eine nicht unerhebliche Manipulationsgefahr durch eine versteckte Rabattgewährung, z.B. durch Herunterrechnen von Arbeitszeiten und nicht auf der Rechnung ausgewiesene Positionen. Die Verwendung von Gebrauchtteilen in größerem Umfang könne unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherheit problematisch sein. Im Übrigen verhalte sich die Klägerin auch widersprüchlich, wenn sie das Gutachten des Sachverständigen S. als Ausgangsbasis für die 130 %-Grenze wähle, andererseits aber dessen Eignung in Frage stelle, indem sie sich darauf berufe, der Austausch diverser Zierleisten und des Griffs der Fahrertür sei nicht notwendig gewesen.“