Keine Möglichkeit für Allianz, zu dem Vorwurf Stellung zu nehmen

Der Allianz wurde von Seiten der ARD nicht die Gelegenheit gegeben, zu dem Vorwurf Stellung zu nehmen, heißt es in einer Pressemeldung des Versicherers. Angebliche Belege, die der Film anführt, ergeben vielmehr ein verzerrtes und einseitiges Bild. Es seien zudem Falschaussagen getroffen worden. Die Allianz Deutschland wird nach detaillierter Prüfung des Filmbeitrags deshalb in Kürze Stellung beziehen.

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Allianz will alle fälligen Zahlungen an die Familie geleistet haben

Im Fall Bernert geht es um einen Jungen, der schwerbehindert zur Welt kam. Mehrere Gerichtsverfahren beschäftigten sich mit der Frage, ob und in welcher Schwere ein Behandlungsfehler des Arztes und einer Hebamme vor, während und nach der Geburt vorlag. Beide sind in der Allianz haftpflichtversichert. In seinem Urteil vom Juni 2014 bestätigte der Bundesgerichtshof (BGH), dass es nach der Geburt Fehler gegeben habe und legte den Anteil des zu verantwortenden Behandlungsfehlers auf 20 Prozent fest. Die Familie Bernert klagte jedoch auf 100prozentiges Verschulden.

Bereits vor der Entscheidung des Bundesgerichtshofs leistete die Allianz alle fälligen Zahlungen an die Familie, argumentiert nun der Versicherer in einer Pressemeldung. Daniel Bernert beziehe außerdem seit 2013 ein lebenslange Rente. Was die Allianz nicht erwähnt: Der Entscheidung des BGH lag das fragwürdige Gutachten eines Heidelberger Professors zugrunde, wonach der Behinderte während der Geburt Hirnblutungen erlitten haben soll, die auch schicksalhaft sein können, also nicht aus dem Verschulden von Arzt und Hebamme resultieren. Dieses Gutachten beruht laut einem früheren ARD-Bericht aber auf der Fehlinterpretation einer CT-Aufnahme des Hirns von Daniel Bernert. Der Gutachter war kein Radiologe und deshalb mutmaßlich nicht für eine derartige Diagnose qualifiziert. Doch anhand dessen Analyse wurde die Haftung des Versicherers um 80 Prozent reduziert.

"Bereit, bestimmte Absätze zu modifizieren"

Das Ganze hat ein Geschmäckle - und erlaubt die Frage, wie unabhängig von der Versicherung der Gutachter analysierte. Der Mediziner schrieb an die Allianz: "Ich bin durchaus bereit, wenn dies für sie günstiger wäre, bestimmte Absätze meines Gutachtens zu streichen und einige Aussagen evtl. zu modifizieren. Mir ist gegenwärtig, dass sie jetzt Argumente sammeln müssen, um für Sie günstige Lösungen zu finden“. Ein Radiologe hat die CT-Aufnahmen von Daniel Bernert später erneut ausgewertet und kam zu dem Ergebnis, dass keine Hirnblutung vorgelegen habe. Aber der Bundesgerichtshof hat diese Korrektur mutmaßlich nicht in seiner Rechtsprechung berücksichtigt.

ARD-Beitrag suggeriert, dass die Schuld auf Seiten der Versicherung liegt

Dennoch klagt nun die Allianz, dass ihre Sicht in dem ARD-Beitrag zu kurz gekommen sei. Die Reportage habe suggeriert, dass die Schuld immer eindeutig auf Seiten der Allianz gelegen habe. Wichtige Fakten zur Entlastung des Versicherers seien in dem Beitrag nicht erwähnt wurden, klagt nun die Allianz. Und zeigt sich in ihrer Haltung ansatzweise selbstkritisch. Vor zehn Jahren wurde die Chance verpasst, sich mit der Familie im Rahmen eines Vergleichs zu einigen. Die Allianz hatte Frau Bernert allerdings verschiedene Vergleichsangebote gemacht, die diese jedoch ablehnte. In einem Vergleichsangebot ging es um 1,8 Millionen Euro. Frau Bernert bekam vor dem BGH deutlich weniger zugesprochen. Als Argument für ihre ablehnende Haltung führte sie laut dem ARD-Beitrag an, dass das Geld bereits nach 15 Jahren für die Pflegeleistungen des Sohnes aufgebraucht wäre. Eine lebenslange Versorgung kann mit dem angebotenen Geld folglich nicht aufrecht erhalten werden.

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95 Prozent aller Fälle umgehend reguliert

Anders als in dem ARD-Beitrag dargestellt, habe die Allianz zu keinem Zeitpunkt manipulierte Gutachten in Auftrag gegeben oder benutzt, erklärt nun der Versicherer. Ob bei dem Gutachten wirklich alles glatt lief, ist derzeit allerdings noch Gegenstand juristischer Auseinandersetzungen, denn dagegen hat Frau Bernert nun geklagt. Die Allianz argumentierte hingegen in ihrer Pressemeldung, sie tue alles, um Schadenfälle schnellstmöglich zu regulieren. Und nennt Zahlen als Beleg: 95 Prozent der 2,44 Millionen Fälle, die 2014 an die Allianz gemeldet wurden, seien umgehend reguliert wurden. Bei den anderen Fällen müssen noch Klärungen erfolgen. Im Interesse der Versicherten sollen diese so schnell wie möglich passieren. Die Allianz zahlte für Schadenregulierungen 2014 insgesamt 4,35 Milliarden Euro an ihre Kunden aus.

Allianz Deutschland AG