Lebensversicherung beitragsfrei stellen“; so betitelt Kreditvergleich.de seinen Text zur langjährigen Lieblingssparform der Deutschen. Ist „Lebensversicherung beitragsfrei stellen“ nur eine Überschrift? Oder ist das ein Rat? Wir lesen im Text. In der Lebensversicherung (LV) habe sich einiges geändert, steht für den ratsuchenden Leser zu lesen. Bei der Kapital-LV würden inzwischen auch „Altverträge in die Mangel genommen“; gemeint sind die bekanntlich niedrigen Zinsen. Ob sich noch „einiges“ anderes geändert hat? Das erfährt der Leser nicht.

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Andeutungen statt Informationen

Für die Leser des Versicherungsboten; aber die wissen, ja dass sich „einiges“ getan hat: Neben schrumpfenden Zinsen haben sich auch die zukünftigen Zinsaussichten der LV-Sparer verringert. Erstens wegen der Zinszusatz-Reserve, mit der die Versicherer inzwischen eigentlich dem Kunden zustehende Gewinne an anderer Stelle im Hause „bunkern“ (müssen!), um Zinsgarantien für Altverträge zu finanzieren. Und wegen des Lebensversicherungs-Reformgesetzes seit 2014 schrumpfen auch der Erwartungen der Kunden am Überschuss-Genuss aus stillen Reserven. Das erfährt der Leser bei Kreditvergleich nicht.

„Die Gedanken der Versicherten“

Sodass das kryptische Wort „einiges“ in Bezug auf Änderungen bei LV-Verträgen im Dunkeln, dort im Text dem Leser gegenüber unbegründet bleibt. Auch finanzielle Schwierigkeiten (Klammer auf und bitte relativieren: „eventuelle“. Klammer zu) führt Kreditvergleich ins Feld. Und spekuliert über „Gedanken der Versicherten“. Und schreibt: „Doch lohnt es sich wirklich immer, die Kapitallebensversicherung beitragsfrei zu stellen. Oder ist nicht manchmal ein Policendarlehen die bessere Möglichkeit, um den finanziellen Engpass zu überwinden?“

Schauen Sie sich die letzten beiden Sätze an. Fehlt hinter dem ersten Satz ein Fragezeichen? Oder „lohnt es sich wirklich immer, die Kapitallebensversicherung beitragsfrei zu stellen“? Der mittelschnell lesende, „normalverständige Verbraucher“ (an dem Gerichte den Durchschnittskunden oft bis immer in Urteilen messen) würde die Frage nach der Beitragsfreistellung wohl eher mit ja beantworten, läse er den Text von Kreditvergleich. Normalverständig vorausgesetzt.

Hat der Kunde ein Geld- oder ein Konsumproblem? Egal, oder?

Weiter schreibt, pardon fragt Kreditvergleich: „Oder ist nicht manchmal ein Policendarlehen die bessere Möglichkeit, um den finanziellen Engpass zu überwinden?“ Also, bei knappen Mitteln, so in den „Gedanken der Kunden“, können diese auch aus der LV-Police einen Kredit bekommen, vor allem schnell und einfach und Schufa-frei, betont Kreditvergleich. Ob der Kunde wirklich Geld braucht, gute Finanzberater prüfen das, wird in dem Beitrag erst einmal nicht in Frage gestellt; es hätte lediglich einen ganzen differenzierenden Halbsatz gekostet.

Auf Alternativen zur Abwehr finanzieller Probleme des Kunden (weniger Konsum vielleicht?) findet sich im Rat der Kreditvergleicher kein Hinweis. Dass Kunden zuweilen nur ein Budgetproblem haben, zu viel Urlaub, zu viel iPhone oder zu viel Sky-ZV-Abo, statt wirklicher Geldprobleme, dieses Problem wird, zumal in einem Verbrauchertext, nicht beschwert. Es hätte die Sache erleichtert.

Aussagen, austauschbar wie Ersatzteile

Die LV beitragsfrei zu stellen lohne sich „nicht immer und nicht für jeden Versicherten“. Hilft diese Aussage als austauschbarer Fülltext? Weiter fabuliert Kreditvegleich-Autor Marc Opitz in seinen um Ratgabe bemühten Zeilen, „gerade in den letzten Jahren hat sich derart viel getan im Bereich der Kapitallebensversicherung“, dass es eine Überlegung wert ist, ob sich dies für im Einzelfall wirklich lohnt. Wieder so ein sprachlich austauschbarer Satzteil. Wir prüfen den Satz und seine Aussagen auf Werthaltigkeit: „Derart viel getan ...“.

Die Frage dazu: Welcher Art, was und wie viel? Der Leser bleibt antwortfrei.

„Ob sich dies im Einzelfall lohnt“, steht weiter im Text zu lesen. Zu „dies“ muss der Leser, der normal-, nicht sach-verständige Verbraucher, Textexegese machen. Den Text also auslegen. Und im günstigsten Falle – ein kleine Hilfe sei hier gegeben – auf die Ursprungsfrage kommen, die inhaltlich lautet: Die LV beitragsfrei stellen, ja oder nein? Sodann geht Kreditvergleich sozusagen aufs Ganze: Bei kurzen Restlaufzeiten lohne es sich „am meisten, die Lebensversicherung nicht zu kündigen oder zu verkaufen, sondern beitragsfrei stellen zu lassen. Denn: diese Verträge wurden noch zu hohen Zinsen abgeschlossen.“

Woher sollen heute sichere Zinsen auf LV-Niveau kommen?

Diese Aussage ist irrig, unlogisch: Wenn zum Beispiel vier Prozent Garantiezins, je nach Vertragskohorte, als hoch im Sinne von Autor Opitz zu bezeichnen sind, dann lohnte das weitersparen mit weiter hoch verzinsten Sparanteilen der Beiträge. Und nicht das beitragsfrei stellen der LV! Denn: Welche sichere zur LV alternative Anlageform bietet heute sichere vier Prozent Zins? Zudem: Abgesehen davon, dass Kreditvergleich den technischen Mechanismus dem Leser nicht erklärt: Möglicherweise kennt sich der Autor mit Beitragsfreistellung auch nicht aus.

Auswirkung der Kündigung

Sonst wüsste er, auch zu berichten, dass Kündigung und Beitragsstopp dasselbe sind. In beiden Fällen wird das Deckungskapital um einen Stornoabzug gekürzt. Das Ergebnis nennt sich Rückkaufswert. Kündiger bekommen diesen Betrag ausgezahlt; plus Überschüsse. Und müssen dann zusehen, wie sie woanders sichere, im Beispiel vier Prozent Zins bekommen. Zurzeit ist das unmöglich und damit der Rat der zur beitragsfrei fortgeführten LV dilettantisch, also laienhaft.

Auswirkung der Beitragsfreistellung

Bei einer beitragsfrei gestellten LV dient der Rückkaufwert, also die gleiche materielle Basis wie beim kündigen, für die Kalkulation der beitragsfreien Versicherungssumme. Nur für Aktuare und Fachinteressierte: Die beitragsfreie Versicherungssumme wird ermittelt, indem der Rückkaufswert rückwirkend zum Vertragsbeginn als Einmaleinlage bis zum ursprünglichen Endalter des Versicherten behandelt wird; bei ansonsten identischen Rechnungsgrundlagen.

Das Kapital im LV-„Konto“ wird weiter verzinst. Mit dem Nachteil, dass künftig fehlende Beiträge eben auch keine vier Prozent Zinsen mehr bekommen. Im Anschluss erklärt Kreditvergleich in seinem Text zwar doch noch den Vorteil hoher Zinsen von Altverträgen, „die derzeit mit anderen Spareinlagen nicht erreicht werden können“. Aber an dieser Stelle des Textes kommt die richtige Aussage zu spät, weil vorher schon der, sagen wir es nett, widersprüchliche Rat zur Beitragsfreistellung kam.

Nein, nein: die Steuerfreiheit bleibt

Als weiteren Vorteil führt Kreditvergleich die „Steuerfreiheit, welche zugleich mit den alten Verträgen einhergeht“ an. Richtig. Und weiter: „Bei einer Kündigung der Lebensversicherung geht der Anspruch der Steuerbefreiung verloren“, schreiben die Kreditvergleicher weiter. Falsch! Das muss man für den Leser sortieren. Auf die Vergangenheit bis zur Kündigung bezogen: Bisher per Ablauf steuerfreie LV (Altpolicen vor 2005) sind bei Kündigung nach 12 Jahren oder mehr steuerfrei! Nur für die Zukunft gilt: Grundsätzlich, wir kennen das Produkt nicht, kapitalertragssteuerpflichtig würde erst die Neuanlage. Hinweis: Wir betrachten hier wie Kreditvergleich auch nur Renditen; einen eventuellen Versicherungsbedarf vernachlässigen wir hier ausnahmsweise.

„Wann lohnt sich eine Beitragsbefreiung nicht?“ – wird falsch beantwortet

Eine alte LV beitragsfrei zu stellen, lohne meist nicht bei Policen aus Zeiten niedriger Zinsen. Übrigens auch hier kann nur der wissende Leser spekulieren, ob oder dass der Autor Garantie-(Rechnungs-)Zinsen meint. Vermutlich. Gut, dann fragt einmal jetzt und hier der Fachmann: Was sind den „niedrige“ Zinsen. Mehr als 12 Jahre alte LV-Verträge etwa aus dem Jahr 2003 haben mindestens 2,75 Prozent Garantiezins; nach Kosten um die 2,00 Prozent. Wieder: Für sichere Anlagen! Welche sicheren Wertpapiere bringen, zumal falls ein rentennaher Kunde mit kurzen Restlaufzeiten rechnet, noch 2,00 Prozent?

Der Rat von Kreditvergleich ist mindestens fahrlässig. Fachlich begründet ist er jedenfalls anhand vergleichbarer Zinsniveaus sicherer Anlagen nicht. Wieder nicht. Dies schon deshalb nicht, weil es im Augenblick am Markt keine höheren sicheren Zinsen im Vergleich zu „alten“ LV-Verträgen gibt. Also; für geringe verzinste Policen oder „für die es keine Steuerbefreiung auf die Kapitalerträge mehr gibt“, rät Kreditvergleich von einer Beitragsfreistellung ab. Und fährt fort: „Das heißt: wer eine solche Lebensversicherung hat, aber keine Beiträge mehr zahlen kann oder möchte, für den lohnt sich die Beitragsbefreiung eher nicht.“

Der Kunde müsste Geld drucken

Hier stellt sich eine logische Frage, auf die auch der Verbraucher kommen kann: Wer keine Beiträge mehr zahlen kann, sagt Kreditvergleich, für den lohnt sich eine Beitragsfreistellung also nicht. Hier kann man nur zynisch fragen: Was soll der Kunde mangels Masse, knapp bei Kasse denn sonst tun: Geld drucken?! Neben zweifelhaftem un-/fachlichem Rat enthält der Ratgebertext einen Sinnfehler; früher war das die Höchststrafe im Deutschaufsatz. Aber dieser Text von Kreditvergleich ist keine Schreibübung, sondern richtet sich an Verbraucher.

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Ein Finanzberater würde sich mit Aussagen wie den geschilderten dem Anfangsverdacht einer vollendeten, zumal schriftlichen Falschberatung aussetzen. Kreditvergleich schreibt dann auch noch etwas über den Zweitmarkt für LV-Policen. Aber der Autor dieser Zeilen hat sich noch ein weiteres Mal einmal in den normal willigen Leser des hier besprochenen Textes versetzt. Und aufgehört zu lesen. Lebensnah. Bei aller Kritik bekennt der Autor aufrichtig: Er kann keine Kredite vergleichen.

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