Krankenkasse - Gesundheitsökonom erwartet deutlich steigende Beiträge
GKV: Auf welche Kostensteigerungen müssen sich 2016 und 2017 die Kassenpatienten einstellen? Während bisher von durchschnittlich 0,2 Prozentpunkten Steigerung die Rede ist, rechnet ein Gesundheitsexperte mit einer weit höheren Kostenexplosion. Demnach könnten die Zusatzbeiträge um 0,6 Prozentpunkte vom Bruttogehalt steigen.
Schlechte Nachrichten für Kassenpatienten: Die Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung werden ab 2016 steigen müssen, denn steigende Gesundheitskosten und sinkende Reserven fordern ihren Tribut. Doch wie stark werden die Prämien im Schnitt voraussichtlich angehoben? Darüber sind die Gesundheitsexperten verschiedener Meinung.
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Der Schätzerkreis der Krankenkassen, ein Gremium aus Mitgliedern des Gesundheitsministeriums, Bundesversicherungsamtes und der Krankenkassen, geht von einer Kostensteigerung von 0,2 Prozentpunkten aus. Weit pessimistischer äußert sich jedoch Prof. Dr. Jürgen Wasem, Versicherungsexperte an der Universität Duisburg-Essen, gegenüber der BILD-Zeitung. Er hält sogar ein Plus von 0,6 Prozentpunkten in den kommenden zwei Jahren für wahrscheinlich. Im Klartext: Der Durchschnittsbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung könnte bis 2017 um bis zu 305 Euro im Jahr anwachsen.
Mehrausgaben „in allen Kostenblöcken“ erwartet
Ein deutlicher Anstieg der Ausgaben sei „in allen Kostenblöcken“ zu erwarten, erklärt Gesundheitsökonom Wasem. „Ich rechne 2017 mit Mehrausgaben von 5,5 Prozent für die Krankenhäuser und mindestens 3,5 Prozent für die Arzneimittel.“ Bitter für die Versicherten: Preissteigerungen im Gesundheitssystem müssen sie fortan allein tragen. Denn die schwarz-rote Koalition hat den Kostenanteil der Arbeitgeber bei 7,3 Prozent eingefroren.
Ähnlich äußert sich auch die AOK Rheinland-Pfalz gegenüber der Wormser Zeitung. Eine „politisch gewollte Kostendämpfung“ sei nicht zu erkennen, stattdessen habe der Bund die Krankenkassen mit zusätzlichen Mehrausgaben belastet. Als Beispiel nannte eine Sprecherin die Gesetze zur Prävention und zur Krankenhausstruktur, die milliardenschwere Mehrausgaben bedeuten würden. Auch die Ausgaben für Arzneien seien seit 2010 um 5,8 Milliarden Euro gestiegen.
Krankenkassen dürfen individuelle Zusatzbeiträge erheben
Die Bundesregierung hatte den festen Beitragssatz zum Januar diesen Jahres um 0,9 Prozent auf 14,6 Prozent des Bruttoeinkommens abgesenkt. Seitdem können die Kassen einen individuellen Zusatzbeitrag von ihren Versicherten erheben, um finanzielle Engpässe auszugleichen. Damit will der Gesetzgeber erreichen, dass unter den Versicherern mehr Wettbewerb herrscht. Bereits im nächsten Jahr sollen den Kassen laut Schätzerkreis rund 2,5 Milliarden Euro fehlen, so dass es fast unabdingbar ist, dass die Kassen ihre Prämien anheben.
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Doch auch in der privaten Krankenversicherung werden zum Jahreswechsel steigende Prämien erwartet. Neben den anwachsenden Gesundheitskosten belastet der Niedrigzins die Privatversicherer: er lässt die Kapitalerträge in der PKV schrumpfen (Versicherungsbote berichtete).