Im Vorfeld haben wir uns mit den Verantwortlichen der Veranstaltung zu Thema und Format unterhalten:

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  • Dr. Bernd Werner, stellvertretender Leiter des Metabalance Instituts für ganzheitliches Gesundheitsmanagement
  • Claudia Schmidt, Gesundheitswissenschaftlerin bei den Gesundheitsforen Leipzig, verantwortlich für den Bereich Betriebliches Gesundheitsmanagement

Versicherungsbote: Können Sie uns kurz erläutern, was sich hinter dem Format World Café verbirgt und welche Erfahrungen Sie bisher mit diesem Veranstaltungsformat gemacht haben? Wieso passt das Format so gut zum Thema BGM?

Dr. Bernd Werner. Quelle: Metabalance Leipzig Herr Dr. Werner: Wir führen bereits seit einigen Jahren regelmäßig Fachtagungen zum Thema durch und bilden betriebliche Gesundheitsmanager aus. Unsere Erfahrungen und die Rückmeldungen der Teilnehmer zeigen uns, dass das „klassische Veranstaltungsformat“ mit informativen Vorträgen und Best-Practice-Beispielen seine Grenzen hat. Es lässt zu wenig Raum für Individuelles. Die BGM-Theorie ist mittlerweile klar, aber der lange Weg hin zu einem erfolgreichen BGM will besprochen werden. Genau dazu möchten wir unseren World Café-Teilnehmern die Möglichkeit geben.

Die Idee des World Cafés ist der intensive fachliche Austausch in kleinen Runden. Es wird jedoch nicht „Open Space“ gearbeitet, denn die Kleingruppen werden beim Problemlösungsprozess von erfahrenen Moderatoren unterstützt. Dabei orientieren wir uns immer am Tempo und den Themenwünschen der Teilnehmer. Unser Ziel ist es, dass die Teilnehmer mit konkreten Lösungswegen für ihre individuellen Fragen in ihr Unternehmen zurück gehen.

Versicherungsbote: Ihr Unternehmen, die Gesundheitsforen Leipzig, verfügt über ein umfangreiches Netzwerk in der Gesundheitswirtschaft und entwickelt gemeinsam mit den Akteuren der Branche zukunftsweisende Lösungsansätze. Aus Ihrer Erfahrung heraus: Kann man mit einem BGM-Konzept in Unternehmen tatsächlich etwas verändern oder bewirken? Und welche Rolle spielen Führungskräfte für die psychische Gesundheit der Mitarbeiter?

Claudia Schmidt. Quelle: Gesundheitsforen Leipzig Frau Schmidt: Früher oder später müssen sich auch die Unternehmen mit dem Thema BGM auseinandersetzen, die sich aktuell noch davon distanzieren. Fachkräftemangel und eine alternde Belegschaft sind heute schon in vielen Branchen ein großes Thema, das in naher Zukunft auch viele andere betreffen wird. Um nachhaltig die Arbeitsfähigkeit und Gesundheit der Mitarbeiter zu erhalten, ist ein ganzheitliches BGM-Konzept unerlässlich. Die Umsetzung einzelner und kurzfristiger Maßnahmen (z. B. Gesundheitstag, mobile Massage) sind ein guter Anfang, werden langfristig aber nicht zum Erfolg führen. BGM kann man nicht mal eben „nebenbei“ machen.

Führungskräfte sind meines Erachtens nach der Schlüssel zum Erfolg von BGM. Ohne sie und ihre Überzeugung kann es nicht funktionieren. Da Führungskräfte jedoch ein sehr breites Aufgabenspektrum abdecken müssen, ist es wichtig, sie in ihrer Verantwortung zu stärken und zu unterstützen.

Versicherungsbote: Das Metabalance Institut engagiert sich für eine nachhaltige Entwicklung von Mensch und Unternehmen u. a. mit Führungskräftetrainings und der „StressAmbulanz“ (EAP). Wie animiert man Mitarbeiter dazu, dass sie BGM annehmen?

Herr Dr. Werner: Das betriebliche Gesundheitsmanagement und auch die Gesundheitspolitik müssen in erster Linie glaubwürdig sein. BGM darf kein Alibi sein, das für Imagezwecke missbraucht wird und einfach nur in der „Gesundheitsecke“ steht. Dazu gehört auch, dass BGM kein Mittel ist, um dynamisierte Leistungsziele besser durchsetzen zu können. Generell gilt, dass Betroffene zu Beteiligten gemacht werden müssen: Welche Art von Unterstützung wird gewünscht, damit die wirtschaftlichen Ziele des Unternehmens leistungsverträglich erreicht werden können? Zudem braucht es eine gute BGM-Kommunikation und modernes Gesundheitswissen als Basis für kompetente Lösungsansätze, die an der Lebenswirklichkeit der Mitarbeiter andocken.

Versicherungsbote: Können Sie uns kurz skizzieren, welchen Mehrwert BGM leisten kann, wenn man es „richtig“ umsetzt?

Frau Schmidt: Eines muss man sich bewusst machen: BGM bedeutet zunächst einmal zu investieren. Wer denkt, ein BGM-Konzept erfolgreich umsetzen zu können, ohne Geld, Zeit und Personal aufzuwenden, liegt falsch. Es gibt viele Studien und Praxisbeispiele, die jedoch beweisen, dass es sich lohnt. Die Veränderungen und Erfolge gilt es allerdings festzuhalten und zu messen. Dazu eignet sich z. B. eine Balanced Scorecard, mit der man die Zielwerte und Maßnahmen einer Gesundheitsstrategie erfassen und den Return on Investment (ROI) aufzeigen kann. Neben dem monetären Nutzen gibt es jedoch auch nicht zu unterschätzende immaterielle Nutzen, wie z.B. die Motivation der Mitarbeiter, die Senkung von Präsentismus, die Verringerung der Fluktuation sowie die Steigerung der Attraktivität als Arbeitgeber.

Versicherungsbote: Warum haben sich Metabalance und die Gesundheitsforen das Thema BGM auf die Fahnen geschrieben?

Herr Dr. Werner: Unsere Gesellschaft, die Märkte, die Unternehmen und auch jeder Einzelne unterliegen einem ständigen, an Tempo und Radikalität zunehmenden Wandel. Veränderungen, die uns aufgezwungen werden, sind jedoch neuronal angstbesetzt. Das setzt die Gesellschaft, die Unternehmen und die Mitglieder einer Organisation gleichermaßen unter Stress. Wir möchten als Institut gern einen Beitrag dazu leisten, dass Wandel als Entwicklungschance gefühlt werden kann – das ist ein höherer Anspruch, als es einfach nur rational zu verstehen. Zukunftstaugliche Lösungen brauchen unser furchtloses Selbstvertrauen. Dann wachsen wir am und mit dem Wandel. Unternehmen sind geeignete Orte, damit Menschen solche Erfahrungen machen können. Gern begleiten wir dabei mit einer Auffassung von BGM, die mehr bezwecken möchte als der Gesundheitsbegriff im Allgemeinverständnis abzudecken vermag.

Frau Schmidt: Zu unseren Kernkompetenzen als Beratungs- und Strategieunternehmen gehört u.a. die Analyse und Auswertung von Daten. Deshalb plädieren wir dafür, praktikable Steuerungssysteme zu etablieren, die eine gezielte Evaluierung und Maßnahmenausrichtung im BGM ermöglichen. Wir stellen immer wieder fest, dass in einigen Fällen die betriebliche „Gesundheitsstrategie“ lediglich der positiven Außendarstellung des Unternehmens dient. Oftmals scheitert ein strategisches Vorgehen daran, dass es nicht ausreichend operationalisiert wurde. Hier fehlen gegenwärtig noch praxistaugliche Steuerungsinstrumente und Beurteilungsmaßstäbe.

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Versicherungsbote: Vielen Dank für das Interview!